Lidl deklariert Textilien, die in der Militärdiktatur Myanmar produziert werden, als besonders nachhaltig und fair und nutzt dafür das staatliche Textilsiegel der Bundesregierung „Grüner Knopf“. Panorama und Flip konnten mit Hilfe von Exil-Gewerkschaftern und in Gesprächen mit Arbeitern die Situation in einigen der Lidl-Fabriken in Myanmar beleuchten. Die Arbeiter erheben schwere Vorwürfe wie einbehaltene Löhne, Drohungen und gewaltsamen Übergriffe. Zudem würden Fabrikmanager dem Militär bei der Unterdrückung von Gewerkschaften helfen. Eine Arbeiterin berichtete Panorama und Flip: „Es kommt zu körperlicher Gewalt gegen Gewerkschaftsführer am Arbeitsplatz, aber häufiger sind Drohungen, wenn jemand Gewerkschaftsführer ist.“ Arbeiter erzählten auch, vor Kontrollen genötigt zu werden, nicht die Wahrheit über die Arbeitsbedingungen zu sagen.
Auch Sonderermittler der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) haben kürzlich in einem Bericht die systematische Verfolgung von Gewerkschaftern in Myanmar festgestellt. Aufgrund dieser katastrophalen Menschenrechtslage haben Unternehmen wie der Zara-Mutterkonzern Inditex, C&A, Tchibo und zuletzt auch H&M ihre Lieferbeziehungen zu Myanmar beendet oder dies angekündigt. Lidl hat dies bisher nicht getan. In einem im November veröffentlichten Fortschrittsbericht zum Bündnis für nachhaltige Textilien erklärte der Discounter: „Wir haben uns und unsere Lieferanten verpflichtet, auch weiterhin keine Aufträge aus Myanmar zurückzuziehen.“ Lidl verwies dabei häufiger auf die Initiative ACT– ein Zusammenschluss großer Textilmarken und Gewerkschaften, der sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzt. ACT ist allerdings seit Dezember 2021 nicht mehr in Myanmar aktiv.
Nach der Konfrontation mit den Rechercheergebnissen von Panorama und Flip, hat der Discounter nun angekündigt bis 2025 aus dem Verkauf von in Myanmar hergestellten Textilien auszusteigen. Die aufgedeckten Zustände in einer Fabrik würden untersucht werden. „Bis zum Abschluss der Untersuchung werden keine neuen Aufträge für die Produktion von Lidl-Ware an die Produktionsstätte vergeben.“ Man werde die Situation in Myanmar auch nach der Entscheidung zum stufenweisen Rückzug bis 2025 weiterhin sorgfältig beobachten und „verstärkte Maßnahmen zur Erfüllung unserer unternehmerischen Sorgfaltspflicht in Myanmar durchführen“, heißt es.