Süßwaren Protein oder Retro: Was kommt jetzt?

Dr. Enrico Careglio ist Professor an der Hochschule Trier und Mitglied im DLG-Team. Für ihn stehen alle Zeichen auf „gesündere Produkte“ im Süßwaren- und Snackmarkt.

Mittwoch, 26. August 2020 - Süßwaren
Andrea Kurtz
Artikelbild Protein oder Retro: Was kommt jetzt?
Bildquelle: Hochschule Trier

Sind Produkte mit Protein die Zukunft oder ebbt dieser Trend ab?
Dr. Enrico Careglio: Der Süßwarenmarkt wird nicht zuletzt infolge geänderter Ernährungsgewohnheiten und eines höheren Körperbewusstseins weiterhin durch neue und „gesündere“ Produkte beeinflusst. Entsprechend wird die Anzahl neuer Produkte mit Bezeichnungen wie hoher Proteingehalt, insbesondere durch Co-Branding oder Joint Venture (Kooperationen unterschiedlicher Markenprodukte im Bereich Proteinanreicherung wie bei Ehrmann/Zentis) ansteigen. Daneben werden pflanzliche Proteinkonzentrate (Erbsen-, Hafer- oder Kartoffelprotein) mit zunehmendem Interesse an veganen Nahrungsmitteln Einzug in die Branche halten.

Wo bleibt da der Genuss?
Die Schwierigkeit, die sich für die Produktentwicklung darstellt ist, den „eigentlichen Genusswert“ einer Süßware unter Beachtung des gesundheitlichen Trends sensorisch in Einklang zu bringen. Letztendlich sollen die Süßwaren keiner großen Diversität im Geschmack zu herkömmlichen Produkten unterliegen.

Welche Trends halten Sie für die wichtigsten derzeit?
Der Handel wird sich auf ein zunehmendes differenzierteres Sortiment einstellen müssen, um den spezifischen Bedürfnissen der Verbraucher ausreichend nachzukommen. Zum Beispiel mit Trend-Produkten, die den Lifestyle der jungen Generation beziehungsweise der gesundheitsbewussten Verbraucher widerspiegeln. Das Angebot an Produkten mit speziellen Qualitätsanforderungen (clean labeling wie free from, zucker- und fettreduziert, vegan) wird weiterhin stark zunehmen und als Kaufkriterium besonders sensitiv von Verbrauchern wahrgenommen werden. Weiterhin werden die Konsumenten ganz deutlich ein größeres Interesse an umweltfreundlichen Produkten haben. In diesem Kontext werden von Kunden mehr Aktivitäten und Angebote von Industrie und Handel in Bezug auf nachhaltige Produkte und nicht zuletzt auch umweltfreundlichere Verpackungen gewünscht. Die deutlich zunehmende öffentliche Diskussion wird auch beim Kauf von zukünftigen nachhaltig hergestellten Produkten eine Rolle spielen.

Ändern sich auch die Zielgruppen?
Der demografische Wandel wird auch nicht am Süßwarenbereich vorbeigehen. Die Produktentwickler sollten sich durch die Verschiebung der Zielgruppen (Silver Generation/Best Ager 50 plus) künftig auf ein zunehmend differenzierteres Sortiment einstellen müssen, um den spezifischen Bedürfnissen der Verbraucher ausreichend nachzukommen.

Trotz aller Innovationen: Sie sehen auch eine Hinwendung zu Retro-Produkten. Warum?
Die Sortimentsgestaltung ist durch das zunehmende Angebot an Produkten für den Konsumenten oft unübersichtlicher geworden (Line Extensions, In-Out-Aktionen etc.). Die Wiederkennung der einzelnen Marken ist oft nicht gewährleistet. Hinzu kommt, dass aus Kostengründen die Produktentwicklungszeiten relativ kurzgehalten werden, so dass die Differenzierung zu Konkurrenzprodukten bezüglich der sensorischen und qualitativen Charakteristika nicht lang anhaltend als Wiedererkennungswert vom Verbraucher wahrgenommen werden kann. Dies führt zur Rückbesinnung auf alteingesessene (etablierte) Marken, die aufgrund des damaligen reduzierten Sortiments dem Konsumenten sensorisch im Gedächtnis geblieben sind. Ich spreche hier von einer Identifizierung mit der Produktmarke. Wenn die sogenannten Retroprodukte beim Kauf mit bestimmten Emotionen (zum Beispiel der Erinnerung an die Jugend) gekoppelt sind, überwiegt beim Kauf einer Marke das vertraute Produkt vor der Neugier nach einer Variation.

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