Kleine Snacks statt traditioneller Drei-Mahlzeiten-Alltag: Für 89 Prozent der deutschen Konsumenten gehört der Verzehr „Für zwischendurch“ zur täglichen Ernährung. Das bestätigt eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts The Harris Poll im Auftrag von Mondelez International. 65 Prozent der in Deutschland Befragten haben in letzter Zeit bei der Wahl ihrer Snacks auf gesundheitliche Aspekte Wert gelegt.
„Snacking ist einer der größten Trends der letzten Jahre, der jedoch noch nicht zu Ende erzählt ist“, meint Jochen Matzer, Mitgründer des Food Harbour Hamburg. Das Interesse der Verbraucher zu personalisierter und gesünderer Ernährung eröffne im Snack-Bereich Wachstums- und Profilierungspotenziale, denn: „Es gibt noch zu wenig gesündere Alternativen zu Schokoriegeln und Co.“ Gesündere Snacks, vor allem in herzhafter Form, und Angebote speziell für ältere Kinder und deren Eltern sieht er als Marktlücke.
Genau hier setzt Foodloose, Hersteller für Bio-Nussriegel, mit seiner Range Cool Kids an. „Wir wollen die Lücke zwischen Babysnacks und ungesunden Kindersnacks schließen“, sagt Co-Gründerin und CEO Katharina Staudacher. Zum Angebot gehören etwa knusprige Apfelchips, bestehend aus getrockneten und dann im Vakuum aufgepoppten Apfelspalten. Ein Tütchen entspricht einem Apfel, so das Versprechen. Auch Fruchtgummis aus 98 Prozent Frucht oder Nuss- und Fruchtcreme-Riegel mit der Süße aus Datteln sollen Kinder und Eltern gleichermaßen ansprechen. Die Produkte sind bio-vegan, laktosefrei und kommen ohne raffinierten Zucker aus. Am Marketing habe das Unternehmen länger feilen müssen, erzählt Staudacher. Die mit einer Agentur entwickelten Figuren in Form von Monsterchen kamen bei den Kindern nicht an, machten gar Angst. Das Unternehmen investierte noch einmal in Marktforschung, entwickelte neue Figuren in Form von lustigen Früchten und den Slogan „Von Müttern entwickelt“. Damit gewinnt die Marke das Vertrauen von Eltern und die Akzeptanz bei Kindern.
Platzierungsfrage ungelöst
Mit verstecktem Gemüse will das Start-up Malunt der Ernährungswissenschaftlerin Marie Janknecht das Snacking-Angebot gesünder machen. „Die Idee ist: Pro Riegel liefern wir eine Portion Gemüse“, erklärt sie. Je nach Sorte stecken bis zu 27 Prozent getrocknete Tomaten, Paprika oder Kürbis in den Snacks, dazu Proteinquellen wie Kürbis- oder Sonnenblumenkerne, Hanfsamen oder Erbsenprotein. Dattelpaste rundet den Geschmack der herzhaften Riegel ab, sorgt für die richtige Konsistenz, die nötige Bindung und Konservierung der Produkte.
Die Produkte richten sich vor allem an Menschen, die sich besser ernähren möchten, ohne zu tief in Ernährungswissenschaften und Nachhaltigkeitsthemen eintauchen zu müssen. Auch junge Eltern will sie ansprechen. Kommunikation und Markenauftritt sollen vermitteln: „Wir machen es euch leicht, euch gut zu ernähren“, erklärt Janknecht. So wirbt sie mit Informationen wie „Eine ganze Paprika ist hier drin versteckt“ oder „sättigt zwei bis drei Stunden“. Die drei bisherigen Riegel sind vegan, bio, glutenfrei und frei von raffiniertem Zucker, Geschmacksverstärkern und Aromen. Aktuell arbeitet sie an weiteren Sorten. Grüne Riegel würden nachgefragt, gibt sie ein Beispiel. Auch über eine Linie speziell für Kinder denkt sie nach. Eine Hürde: die richtige Platzierung und der optimale Zeitpunkt für den großen Launch im Lebensmittel- und Drogeriehandel. „Erste Tests bei selbstständigen Kaufleuten und in Filialen der Drogeriemarktkette Budni waren positiv, doch zeigen auch, dass es eine ganz neue Produktkategorie schwer hat“, berichtet sie. Zwischen süßen Riegeln sind ihre convenienten Gemüse-Portionen erklärungsbedürftig, die Frage, wo diese vom Kunden künftig gesucht werden, noch ungelöst. Ob sie in der Gemüse-Abteilung Anklang finden, gilt es noch zu testen.
Ähnlich geht es Karl Karlo. Die Snack-Marke hat mit Veggie Jerky fleischfreie Pendants zu Beet Jerky kreiert. Die Bio-Gemüse-Snacks sind gedörrt und herzhaft gewürzt. Zuerst wurden die Produkte in Papiertüten angeboten. „Das sah Verbrauchern aber zu gesund aus“, sagt Denis Rauschenberg, Commercial Manager beim Hersteller 10X Innovation. In der Plastikverpackung kommen die Produkte besser an. Doch auch für die Veggie Jerkys gilt es jedoch noch den optimalen Platz im Regal zu finden.
4 Fragen an
Jochen Matzer Geschäftsführer Food Harbour Hamburg
Wo sehen Sie große Potenziale für gesündere Snacks?
Jochen Matzer: Es gibt eine riesige Marktlücke für Snacks für Kinder vom Kita-Alter bis zur Mittelstufe, solche mit guten Inhaltsstoffen und hoher Nährstoffdichte, die Energie liefern für Schule und Nachmittagsaktivitäten. Auch für herzhafte gesunde Snacks gibt es zu wenig Angebote.
Wo sind die größten Hürden für gesündere Snacking-Angebote?
Viele Konsumenten verbinden das Ungesunde mit Genuss und sehen im Snacking einen eskapistischen Moment, nachdem sie tagsüber gesünder und nachhaltiger gelebt haben. Die Nachfrage nach Healthy Snacking ist daher noch geringer. Und viele Hersteller tun alles dafür, dass dies so bleibt.
Müssen erst Gesetze Hersteller motivieren?
Der Bedarf zur Veränderung kommt bei Herstellern aktuell über den Kostendruck, es geht also um günstigere Rezepturen, nicht bessere. Der Gesetzgeber müsste tätig werden, um Veränderungen durchzusetzen.
Welche Rolle übernimmt der Food Harbour in der Weiterentwicklung des Snacking-Segments?
Als Plattform wollen wir Enabler sein und bringen Akteure aus Wissenschaft, Marktforschung, Produktentwicklung zusammen und unsere Fachexpertise zusätzlich ein.