Veganuary Bewusster Start ins Jahr

Weltweit gewinnt die Idee des veganen Januars an Bedeutung für 
Verbraucher und Food-Branche. Handel und Hersteller planen zum Veganuary 2024 mehr Innovationen und Aktionen.

Montag, 11. Dezember 2023 - Sortimente
Bettina Röttig und Hedda Thielking
Artikelbild Bewusster Start ins Jahr
Bildquelle: Mirco Moskopp

Passend zum Jahresbeginn, wenn viele Verbraucher wieder gute Vorsätze fassen, möchte die weltweite Veganuary-Kampagne weitere Menschen für eine vegane Ernährung sensibilisieren und gewinnen. Das Konzept geht auf, denn es beteiligen sich von Jahr zu Jahr auch immer mehr Hersteller und Händler. So sind auch die meisten Handelszentralen wie die von Edeka, Netto, Rewe, Penny, Globus und Hit mit von der Partie. Da sie während des Aktionsmonats eine größere Nachfrage nach veganen Produkten feststellten, sind sie im nächsten Jahr wieder dabei.

Seit dem ersten Veganuary in Deutschland 2020 hat sich die Zahl der teilnehmenden Unternehmen hierzulande nach Angaben von Christopher Hollmann, Leitung Veganuary Deutschland, mit jedem Jahr mindestens verdoppelt – auf mehr als 870 teilnehmende Unternehmen im Januar 2023. „Mit jedem neuen Jahr stärken und bedienen wir das wachsende Bewusstsein der Menschen für die Vorteile einer pflanzlichen Ernährung für Klima und Umwelt, Gesundheit und Tiere. Für die deutsche Lebensmittelbranche ist der Veganuary ein gewinnbringender Ansprechpartner und riesiges Aktionsmomentum geworden, wenn es darum geht, der verstärkten Nachfrage nach pflanzlichen Produkten gerecht zu werden“, so Hollmann. In Großbritanni­en sei der Veganuary bereits Tradition, in Deutschland, den USA, Brasilien, Chile, Argentinien oder Indien steige das Interesse mit jedem Jahr, und neue Länder kommen hinzu. Beispielsweise startet der Veganuary 2024 erstmals im fleischaffinen Spanien.

Welche Kampagnen-Bausteine und Kriterien zum Erfolg einer Veganuary-Aktion führen? Für Hollmann ganz klar: Die größten Erfolge erzielen nach wie vor pflanzliche Varianten von stark nachgefragten Produkten. Im letzten Veganuary wurde zum Beispiel die vegane Currywurst in den Bord­bistros der Deutschen Bahn gut angenommen: „Solche ,veganisierten‘ Klassiker motivieren Menschen quer durch die Gesellschaft zum Ausprobieren.“ Der Einstieg in die pflanzliche Ernährung gelinge am besten unkompliziert und mit Spaß, rät er. Eine große Rolle spiele dabei die Sichtbarkeit pflanzlicher Optionen: „Wer am PoS seine Angebote stark und preislich konkurrenzfähig macht, erreicht eine wachsende Zielgruppe. Denn die Mehrheit der Deutschen, nämlich 56 Prozent, bezeichnet sich schon heute als flexitarisch, vegetarisch oder vegan – greift also verstärkt zu pflanzlichen 
Lebensmitteln.“

Der Veganuary in Zahlen

870

Mehr als 870 Unternehmen beteiligten sich am Veganuary
2023 in Deutschland

500

Über 500 neue vegane Produkte kamen hierzulande auf den Markt.

2,3

Millionen Menschen besuchten
die internationale Veganuary-
Website.

700

Millionen Menschen weltweit meldeten sich 2023
offiziell als Teilnehmer des Veganuary auf der Website an.

3

Millionen Deutsche haben vor 2023 bereits bewusst am Veganuary teilgenommen.

Und tatsächlich haben Handel und Hersteller auch für den nächsten Jahresanfang einige Ideen und Konzepte im Köcher. Penny beispielsweise wird zu Beginn des Jahres eine große In-and-out-Aktion mit bekannten und 32 neuen Artikeln durchführen. Influencer werden die Aktionsartikel auf ihren Kanälen vorstellen und bewerben, teilt ein Sprecher von Penny mit. Außerdem sei eine weitere Handzettel-Präsenz sowie ein Koch­event geplant. Hier werden Influencer vegane Gerichte mit Food-for-Future-Artikeln kochen. Und in dem Content-Format „Durch den Veganuary mit …“ stellen bekannte Persönlichkeiten ihre Lieblingsrezepte vor. Penny bewirbt die Aktion auf Social Media und im Instore-Radio.

Selbstständige planen eigene Aktionen

„Die Hit-Handelsgruppe greift das Thema in der zweiten Januarwoche im Handzettel auf. Rund 20 Artikel sollen beworben werden“, teilt Herbert Sütterlin, Inhaber von Hit Sütterlin in Aachen, mit. Andere Handelszentralen wie Edeka, Netto, Rewe, Aldi und Globus wollen aus Wettbewerbsgründen noch keine Details verraten. Sie kündigen aber an: Unabhängig von dieser Kampagne wollen sie ihr veganes Sortiment weiter ausbauen, sei es im Marken- oder Eigenmarkenbereich.

Anders als die meisten Zentralen wagen sich befragte selbstständige Händler aus der Deckung: Herbert Sütterlin wird hausintern rund zehn Artikel promoten, sei es mit Sonderplatzierungen oder Aktionspreisen. Der Kaufmann hat dafür Produkte aus dem Trockensegment im Visier, die sich besonders gut entwickelt haben, zum Beispiel Artikel von Greenforce, Lotao, Alnatura, Valess und anderen Marken.

Was Promotion für den veganen Januar betrifft, wünscht sich Herbert Sütterlin mehr Unterstützung seitens der Promoter von Veganuary: „Hilfreich wäre beispielsweise Dekomaterial, um auch optisch auf diese Produkte in Zweitplatzierungen mehr hinzuweisen. Wir haben nur eingeschränkten Zugriff auf Dekomaterial. Bei uns vor Ort passiert bisher nichts. Mir fällt auch kein Außendienstmitarbeiter ein, der das vegane Sortiment betreut.“ Globus dagegen findet die Unterstützung seitens der Organisation Veganuary gut. „Sie stellt ein Toolkit zur Verfügung. Außerdem wird die Kampagne des vergangenen Januars inklusive Zahlen und Fakten rekapituliert und über die Reichweite der Initiative und das Interesse der Bevölkerung berichtet“, sagt Tina Schording, Bereichsleitung/Sortimentsmanagerin Gutfühlmarkt/Einfach wertvoll. Auf diese Weise gebe die Organisation allen Teilnehmenden Inspiration und Umsetzungsbeispiele mit.

Verkostungen statt Rabatte

Rewe Familie Engel in Biberach an der Riß wird sich aufgrund der großen Nachfrage nach veganen Produkten 2024 erstmals an den Aktionen der Rewe-Zentrale zum Veganuary beteiligen. Zusätzlich überlegt Inhaber Elmar Engel, vegane Produkte von lokalen Start-ups zu promoten, die ihn direkt beliefern. Als Beispiel nennt er den Bio-Sojaghurt von Volkerei, den er erst vor Kurzem gelistet hat. Das Produkt wird derzeit im 500-Gramm-Mehrwegglas zum Verkaufspreis von 2,49 Euro angeboten. Über den Preis wird der Kaufmann solche Artikel aber nicht hervorheben, sondern er setzt auf Verkostungen. Elmar Engel ist überzeugt: „Die Kunden, die vegane Produkte in Bio-Qualität quasi aus der Nachbarschaft kaufen, tun dies aus Überzeugung und nicht, weil sie ein paar Cent preiswerter sind.“

Dieser Meinung ist auch Marc Zierles, Inhaber des E-Centers Zierles in Oer-Erkenschwick. Er sagt: „Das Schöne an diesem Sortiment ist, dass es nicht über Preisaktionen läuft. Wichtig ist, dass geschulte Mitarbeiter die Kunden das ganze Jahr über aufklären können, dass man eine große Auswahl vorhält und immer wieder Verkostungen anbietet.“ Erst kürzlich führte die Bedford Manufaktur – eine Fleischmanufaktur in Osnabrück, die jetzt auch vegane Produkte herstellt – eine Verkostung in seinem Markt durch. Was auch gut ankommt: Zweimal im Jahr veranstaltet der Edekaner einen „Naschmarkt“ und bindet auch Hersteller von veganen Produkten ein. Auf diese Weise hat Edeka Zierles viele Kunden auch aus entfernteren Regionen gewonnen. „Da wir das vegetarische und vegane Sortiment das ganze Jahr über schon sehr groß bespielen, haben wir zum Veganuary momentan keine zusätzlichen Aktionen geplant“, berichtet der Edekaner. Er geht davon aus, dass die Edeka-Zentrale das Thema im Handzettel aufnehmen wird. Somit gebe es automatisch Zweitplatzierungen im Markt.

Das ganze Jahr über promoten

„Für uns bei Oatly ist jeden Monat Veganuary“, sagt Svenja Fritz, Head of Communications & Public Affairs beim Haferdrink-Spezialisten Oatly. Der vegane Januar trage insgesamt sehr zur Sichtbarkeit des veganen Sortiments und der Branche und somit auch zu mehr Umwelt- und Klimaschutz bei. Verbraucher seien Anfang des Jahres, auch dank der Veganuary-Aktionen, geneigter, pflanzliche Produkte auszuprobieren, und vielfach könnten Preisaktionen die Hürde zusätzlich senken. Doch: „Eine explizite Veganuary-Kampagne haben wir bisher nicht geplant. Wir setzen stattdessen das ganze Jahr hinweg auf Aktionen und Aktivierungen“, so Fritz. Bei Kooperationswünschen versuche man jedoch, alles möglich zu machen. Im Januar sind beispielsweise Projekte mit größeren Handelspartnern zu mehr Aufmerksamkeit in Bezug auf die ungleiche Mehrwertbesteuerung von Pflanzendrinks und Kuhmilch geplant.

Auch Huel, Anbieter von pflanzlichen Trinkmahlzeiten, will sich nicht nur auf einen einzelnen Monat konzentrieren. „Natürlich schätzen wir die Aufmerksamkeit, die der Veganuary den Plant-based-Alternativen bringt – aber wir wollen ganzjährig einen einladenden Raum für alle Konsumenten schaffen, unabhängig davon, ob sie sich omnivor, flexitarisch oder vegetarisch ernähren“, sagt Tobias Goj, Commercial Director Europe bei Huel.

Anders sieht es Greenforce, Hersteller von Fleischalternativen. „Der Veganuary ist DER Monat für Aktivierungen und Promotions von veganen Artikeln. Das Interesse steigt seit Jahren, und es ist definitiv die stärkste Saison im Jahr“, beobachtet Chief Retail Officer Nick Helleberg. Die Kampagne #probierspflanzlich zum Veganuary 2023 sei gut angenommen worden. Zum nächsten Jahresstart dreht sich bei Greenforce alles um den „Wunsch nach einer besseren Welt“. Im Rahmen einer integrierten Kampagne werden Konsumenten so im Onlineshop und insbesondere im LEH zum Kauf pflanzlicher Alternativen von Greenforce angeregt. „Das Fokusprodukt ist unser Bio-Hack, das erst im November 2023 exklusiv bei Rewe gelauncht wurde. Das Produkt mit Sonnenblumenprotein enthält 64 Prozent weniger Fett als Rinderhack und kommt dabei ganz ohne Soja, Tropenfette sowie ohne gehärtete Fette aus“, erklärt Helleberg. Neben einem TV-Spot im Januar wird es bei Rewe Verkostungs- und Promotionaktionen geben.

Innovations- und Marketingfeuerwerk

Wie Greenforce investieren auch viele andere Hersteller in Innovationen und umfangreiche Marketingaktionen. So bringt Popp Feinkost eine vegane Salat-Mayonnaise in einer Kopfstand-­Tube auf den Markt und startet erneut mit einer Kampagne im Fernsehen sowie auf verschiedenen Social-Media-Kanälen ins neue Jahr. „Mit der Kernbotschaft, dass vegan hochwertig sein kann und gleichzeitig gut schmeckt, werden wir auf privaten sowie öffentlich-rechtlichen Sendern vertreten sein“, so Marketingleiter Alexander Schmolling. Die Kampagne richte sich vorrangig an Verbraucher im Alter zwischen 20 und 39 Jahren, da Umfragen zeigten, dass sie das stärkste Interesse an veganer Ernährung haben.

Neue Impulse will auch die Rügenwalder Mühle setzen. Zum Veganuary plant die Marke eine reichweitenstarke Kampagne mit über 100 Millionen Bruttokontakten und hohem Bewegtbildanteil. Auf Social Media werde der Veganuary außerdem durch den Markenbotschafter Paul Ripke begleitet. Einen Clou zum Jahresstart kündigt das Unternehmen der LP an: eine Kooperation mit Koro. Vier neue Trockenmixprodukte kommen im Co-Branding auf den Markt. Dabei handelt es sich um die veganen Klassiker der Rügenwalder Mühle: Frikadellen, Hack, Filet, sowie die Neuheit Bacon Bites jeweils zum Anrühren und für den Vorratsschrank. Steffen Zeller, CMO bei der Rügenwalder Mühle: „Mit unserer Kooperation legen wir den ersten Stein für einen längeren Weg, den wir gemeinsam gehen wollen. Dabei wollen wir gemeinsam gestalten, aber auch voneinander lernen.“

Die Rügenwalder Mühle bringe die Kompe­tenz im Bereich Geschmack für Fleischalterna­tiven mit und Koro die Expertise im Bereich Trockenprodukte. Koro-CEO Piran Asci ergänzt: „Koro bringt eine große Reichweite auf Social Media sowie breites Wissen über haltbare Lebensmittel mit. Gemeinsam wollen wir als einflussreiche Marken Verbrauchern zeigen, dass vegane Ernährung auch einfach und praktisch sein kann.“ Koro bietet so erstmals ein Kooperationsprodukt mit einer anderen Marke im Onlineshop an. Ab Januar 2024 werden die Produkte auch im LEH erhältlich sein. Dabei übernimmt Koro den Vertrieb an die Handelspartner. Zweitplatzierungen zum Veganuary und zu weiteren saisonalen Anlässen seien zudem geplant, kündigt Benedikt Pestel, Director Sales & Offline Koro, an.

Wichtiger Kooperationspartner

Für Sven Wieken, Geschäftsführer The Plantly Butchers (TPB, In Family Foods), ist der Veganuary ein fester Bestandteil der Marketingplanung. Mittlerweile sei die Veganuary-Initiative sogar ganzjährig sichtbar und aktiv und somit für das Unternehmen ein wichtiger Kooperationspartner. Die Marke Billie Green habe sich unter Veganern, Vegetariern und Flexitariern bereits einen Namen gemacht. Um die Verbraucher anzusprechen, die sich noch nicht an die alternative pflanzliche Ernährung herantrauen, obwohl sie vielleicht bereits mit einer Ernährungsumstellung liebäugeln, habe sich das Unternehmen der Veganuary-Initiative angeschlossen. „Neben verschiedenen Aktivierungsmaßnahmen, die zum Probieren unserer Billie-Green-Produkte dienen und somit bestmöglich neue Kunden für die Marke gewinnen, möchten wir im Veganuary vor allem zeigen: ,So lecker geht rein pflanzlich!‘ Unter diesem Motto zeigen wir als Veganuary Silver Sponsor, wie einfach und lecker eine vegane Ernährung sein kann, und regen dazu an, unsere Billie-Green-Produkte und Rezepte auszuprobieren“, erklärt Wieken. Über eine verstärkte Social-Media-Präsenz soll eine große Reichweite für die Marke geschaffen werden. Auch eine „Gratis probieren“-­Aktion im Handel mit den Billie-Green-Produkten werde es geben. Diese Aktion wird durch einen TV-Spot verlängert.

4 Fragen an

Timo Recker, Vorstandsvorsitzender und Mitgründer von Tindle Foods (ehem. Next Gen Foods)

Welche Rolle spielt der Veganuary 2024, um die junge Marke Tindle zu etablieren?
Timo Recker: Der Veganuary spricht Menschen aus unterschiedlichen Gründen an, beispielsweise jene, die sich für das neue Jahr vornehmen, sich gesünder zu ernähren, oder klimagerechter konsumieren möchten. Er führt neue Menschen zur Kategorie der veganen Alternativen. Mit Tindle sind wir vor neun Monaten im deutschen Markt gestartet, somit werden wir erstmals dabei sein.

Welche Maßnahmen planen Sie?
Wir planen Promotionaktionen mit unserem Startsortiment aus Alternativen zu Hähnchen-Klassikern. Dieses Kernsortiment wird über verschiedene Media-Kanäle beworben, über Influencer-Marketing, Verkostungen in der Gastronomie und im Handel.

Worin unterscheidet sich Tindle von den Wettbewerbsprodukten?
Gemeinsam mit Köchen haben wir Tindle unserer Meinung nach zur Speerspitze des Geschmacks im veganen Segment entwickelt und bieten authentische Hähnchen-Experience. Dazu trägt das von uns entwickelte pflanzliche Hühnerfett, Lipi, bei. Zudem achten wir auf Clean-Label-Rezepturen.

Sie verfolgen mit Tindle eine Multikategorie-Strategie. Starten Sie zum Januar mit neuen Produkten in zusätzlichen Segmenten?
Nach Erwerb der Marke Mwah! haben wir Alternativen zu Milchprodukten, Eis etc. entwickelt, die nicht zum Januar, aber in der ersten Jahreshälfte 2024 das Tindle-Sortiment ergänzen werden. Wir möchten mehr Menschen an das pflanzliche Sortiment heranführen und dazu beitragen, den Umsatzanteil im Handel auf 20 Prozent zu steigern.

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