Alnavit Reinheitsgebot als Mehrwert

Alnavit, Anbieter für glutenfreie Bio-Produkte, kämpft mit hohen Rohstoffkosten und will mit kurzen Zutatenlisten neue Verwender gewinnen.

Dienstag, 29. November 2022, 21:08 Uhr
Bettina Röttig
Artikelbild Reinheitsgebot als Mehrwert
Bildquelle: Alnavit

Sie hatten die Neuausrichtung von Alnavit gerade auf den Weg gebracht, als erst Corona, dann der Krieg in der Ukraine den Markt veränderten. Wie hat sich dies ausgewirkt?
Stavroula Ekoutsidou (Foto):
Wir sind im September 2019 mit neuem Look und einem konsolidierten Sortiment für Alnavit gestartet und hatten einen großen Medien-Aufschlag für das Frühjahr 2020 vorgesehen. Unter anderem war eine Roadshow im Handel geplant. Diese mussten wir absagen, was uns einen Dämpfer verpasst hat. Zugleich haben wir die Zeit jedoch auch genutzt, um unser Profil zu schärfen und unsere Käuferschaft noch besser zu verstehen.

In Zeiten, da Mehl und andere Grundnahrungsmittel knapp wurden, griffen Konsumenten stärker zu Alternativen wie glutenfreien Produkten. Inwiefern konnten Sie langfristig davon profitieren?
Der Markt für glutenfreie Produkte ist zweistellig gewachsen. Alnavit konnte neue Verwender gewinnen und eine um 2,5 Prozent schnellere Drehung erreichen. Kunden, die uns aufgrund der besonderen Lage zufällig neu entdeckt haben, sind geblieben. So haben wir die Umsätze ausgeglichen, die durch die Straffung des Sortiments von ehemals 120 auf 80 Produkte wegfielen.

Marktforscher sehen das Frei-von-Segment künftig weniger im Fokus der Kunden als neue Trend-Diäten oder die höheren Preise. Braucht es Zusatznutzen, um den Absatz anzukurbeln?
Wir sind davon überzeugt, dass Verbraucher künftig zunehmend auf den Mehrwert „so rein wie möglich“ achten werden. Unsere Produkte haben kurze Zutatenlisten, sind wenig verarbeitet und fair gesourct. Diese Aspekte werden wir stärker kommunizieren, auch unsere Herkunft aus dem Hause Alnatura. Über große Marketingbudgets verfügen wir nicht, daher setzen wir auf Social Media und Aktionen mit Handelspartnern, beispielsweise Verkostungen am Point of Sale.

Wie problematisch ist aktuell die Rohstoff- und Preissituation im glutenfreien Segment?
Auch dieser Nischenmarkt hat zu kämpfen. Die Preise für glutenfreien Bio-Buchweizen waren schon in den Monaten vor dem Krieg 70 Prozent teurer. Glutenfreie Zutaten sind vom Krieg nicht betroffen, wohl aber von den Folgen des Klimawandels. Die diesjährige Dürre in Italien wird sich auf die Verfügbarkeit von Reis und Mais auswirken, die Preise werden deutlich zulegen.

Haben Sie Rezepturen oder Preise angepasst?
Rezepturen haben wir nicht verändert. Dies wäre im Frei-von-Segment sehr viel aufwendiger. Wir verzichten auf einen Teil unserer Spannen. Dies geht aber an die Substanz der eigenen Reserven. So mussten wir Preise im Schnitt um rund 6 Prozent erhöhen.

Zur Person

Stavroula Ekoutsidou leitet seit Herbst 2019 Alnavit, ein Tochterunternehmen des Bio-Pioniers Alnatura. Unter der gleichnamigen Marke bietet Alnavit Bio-Produkte, die frei sind von Gluten und Laktose. Zuvor war Ekoutsidou bei Ikea Deutschland tätig; dort verantwortete sie als Country Managerin Food die strategische Gastro-Ausrichtung.