Delica Silver Surfer

Erst Bösewicht, dann zum Weltretter ernannt: Wie der Superheld aus dem Marvel-Universum wandelt die Alu-Kaffeekapsel gerade ihr Image. Warum Raphael Gugerli (Foto), Geschäftsführer der Delica, auf die silbrige Hülse setzt, erklärt er im LP-Interview.

Sonntag, 12. September 2021 - Sortimente
Elena Kuss
Artikelbild Silver Surfer
Bildquelle: Michael Kunz

Der Kaffeemarkt steht gerade vor vielen Herausforderungen. Werden Sie die Preise nach oben korrigieren müssen?
Raphael Gugerli: Einige Konkurrenten haben das schon gemacht. Zuerst sind die Kaffeepreise gestiegen, dann die Logistikkosten explodiert. Im Juli gab es dann auch noch Frost in Brasilien, der die Preise für Rohkaffee noch stärker hat ansteigen lassen. Die Lieferzeiten für Karton sind brutal lang. Der Kunde ist natürlich nicht bereit, mehr zu bezahlen. Aber es ist unumgänglich.

Was ist der stärkste Umsatztreiber in diesen unruhigen Zeiten im Kaffeemarkt?
Für uns: die Kapseln. Gerade in Deutschland ist für die Aluminium-Kapsel noch Luft nach oben. In Frankreich setzt Leclerc schon seit zwei Jahren darauf. In Deutschland waren viele Händler sich noch nicht sicher genug. Aber ich denke, das kommt jetzt. Denn gerade hier ist der Preisunterschied zwischen Marke und Eigenmarke oft so klein, dass man sich fragt: Warum braucht es immer diese Eigenmarke?

Wie macht es die Delica mit ihren Marken besser?
Man kann auf dem Markt viele Kapseln kaufen. Wir entwickeln unsere Kapseln von A bis Z. Das ist sicher ein großes Differenzierungsmerkmal. Mit Dolce Gusto haben wir die leichteste Kapsel auf dem Markt. Die Kunststoffkapsel wiegt unter einem Gramm. 2012 waren viele Kapseln noch einzeln eingeschweißt. Wir waren die Ersten, die auf diese Extra-Hülle verzichtet haben. Auch haben wir mit Café Royal schon 2019 auf Aluminium-Kapseln gesetzt. Wir wollen immer eine Lösung produzieren, die vielleicht noch nicht perfekt ist, aber die beste auf dem Markt.

Ist die Aluminium-Kapsel die Zukunft?
Es ist das Beste für das Nespresso-System.

Warum gerade für das Nespresso-System?
Die Maschine ist ja gegeben. Sie haben also nur eingeschränkte Optionen. Und Aluminium bietet durch die Fähigkeit, recycelt zu werden eine potenziell nachhaltige Möglichkeit. Das Sammelsystem für Alu-Kapseln existiert und funktioniert weltweit. Anders ist es bei industriell kompostierbaren Kapseln. Diese Art der Entsorgung ist nicht überall in der Welt verfügbar. Auch in Deutschland wird die Kapsel letztendlich oft verbrannt, weil die Anlagen gar nicht in der Lage sind, die Kapseln entsprechend zu sortieren. In Spanien wurden gerade viele industriell kompostierbare Kapseln lanciert. Ohne Erfolg! Warum? Weil der Geschmack entscheidend ist. Und bei vielen kompostierbaren Varianten kommt zu oft ein Beigeschmack dazu. Aluminium ist luft- und lichtundurchlässig, also optimal für den Geschmack. Am Ende ist es der Kunde, der entscheidet, aus welchem Material Kapseln in Zukunft sind.

Viele Hersteller stellen auf Alu um.
Ja, Dallmayr hat schon auf Aluminium umgestellt, Lavazza will umstellen. Der Trend ist eindeutig. Aber welches Material das Beste für die Welt ist? Vielleicht gibt es da bald noch ganz andere Ideen.

Wie sieht es in den anderen Bereichen aus?
Der gemahlene Kaffee hat stark verloren. Unser Hauptkunde und Eigentümer ist die Migros. Unser Hauptmarkt bleibt also die Schweiz. Und hier sind ganze Bohnen und Kapseln stabil. Die Leute trinken nicht unbedingt mehr Kaffee.

Der Bohnenkaffee hatte in Deutschland im letzten Jahr ein deutliches Wachstum zu verzeichnen.
Ja, die Wachstumszahlen sind interessant. Aber die Kilopreise sind hier eben doch andere.

Die Kapseln haben jedoch an Marktanteilen eingebüßt.
Das sind Corona-Zahlen. Die Bewegung vom Café nach Hause war so groß, dass wir uns die Marktanteile sinnvollerweise erst wieder in zwei Jahren anschauen sollten.

Zeichnen sich trotzdem Trends ab?
Der Heimkonsum wächst ganz klar. Wir sind auch bei den Private Labels gewachsen, weil die Leute in so einer Zeit vielleicht nicht so viel Geld ausgeben wollen.

Wie sieht es mit großen Packungen aus?
Deutschland ist ein Ein-Kilogramm-Markt. In Frankreich sind es eher 250 Gramm, in der Schweiz 500 Gramm. Unsere Experimente mit 1,2 oder 1,3 Kilo liefen nicht so erfolgreich. Vor allem, weil der Vollautomat ein Limit hat, wie viele Bohnen im Bohnenfach aufbewahrt werden können.

Jeder dritte Deutsche besitzt einen Vollautomaten. Gibt das der Marke Schwiizer Schüümli, die ja für den Automaten konzipiert ist, Auftrieb?
Ja, wir haben mit dem Schwiizer Schüümli 2005 etwas lanciert, das von Anfang an Anklang gefunden hat. Auch andere Hersteller hatten ein Schüümli im Angebot. Was fast schon komisch ist, da es ja wirklich ein Schweizer Wort ist. Aber es spricht für unseren Erfolg! Und es ist nicht so Mainstream wie die zahlreichen Barista-Editionen, die gerade den Markt fluten.

In diesem Zusammenhang setzen einige auf Papieroptik. Café Royal, die zweite große Delica-Marke, fällt hier bei der ganzen Bohne durch Papierhaptik auf.
Ja, wir haben das Aluminium in den Verpackungen der ganzen Bohne stark reduziert. Es ist ein Verbundmaterial mit hohem Papieranteil. Um die Sauerstoffbarriere aufrechtzuerhalten, reicht es, das Material nur noch mit Aluminium zu bedampfen. Das Ziel ist aber klar: Wir arbeiten an einer 100-prozentigen Papierverpackung mit Sauerstoffbarriere. Nachhaltigkeit ist in der DNA der Marke tief verankert. Der Bohnenkaffee von Café Royal ist aus einem Nachhaltigkeitsengagement in Honduras entstanden. Seitdem haben wir viel in die Zusammenarbeit mit der Kaffee-Kooperative investiert: unter anderem in den Bau von Verarbeitungsanlagen und Schulungen. Viele arbeiten mit NGOs zusammen. Uns war es wichtig, selbst vor Ort aktiv zu werden.

Die Zusammenarbeit mit Fairtrade bleibt trotzdem bestehen?
Ja, absolut. Wir waren die ersten, die damals zu 100 Prozent auf UTZ, heute Rainforest Alliance, umgestellt haben. Und auch diese Zusammenarbeit bleibt weiter gesetzt. Uns geht es eher darum, immer einen Schritt weiter zu gehen.

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