Obst und Gemüse Vom Hof ins Regal

Immer mehr Menschen setzen auf regionale Lebensmittel von Produzenten direkt aus der Umgebung. Diesem Trend nimmt sich der Lebensmittelhandel an und kooperiert mit örtlichen Landwirten.

Freitag, 09. Oktober 2020, 09:43 Uhr
Wibke Niemeyer
Artikelbild Vom Hof ins Regal
Bildquelle: Hof Fockenbrock

Herbstzeit ist Pflaumenzeit. Und so ist nun auch die Stromberger Pflaume wieder in der Obst- und Gemüseabteilung des Edeka-Marktes Kemper zu finden. „Der Vater meines Geschäftspartners kommt gebürtig aus Beckum. Da ist es bei uns Tradition, echte Stromberger zu verkaufen“, erzählt Markus Scholz, geschäftsführender Gesellschafter vom Kempermarkt. Die Qualität der Pflaumen sei etwa wegen der Nähe wesentlich besser als von vielen anderen Sorten am Markt. Der Verkaufspreis für lose Ware liegt aktuell bei 2,95 Euro pro Kilogramm.

Die Stromberger Pflaume ist eine alte mittelspäte Sorte der Hauszwetschge und wächst in Stromberg, einem Ortsteil der Gemeide Oelde südlich des Kreises Warendorf. „Da sie aber immer schon Pflaume genannt wurde, haben wir das als Namen mitschützen lassen“, erklärt Landwirt Gerhard Stemich.

Frucht mit Ursprungsschutz
Seit November 2013 trägt die Frucht ein besonderes EU-Siegel: geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.). Dieses Siegel besagt, dass Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Produkts in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren erfolgen. Der Schutz bezieht sich auf alle Arbeitsvorgänge im Zusammenhang mit der Pflaume im Ort und in einem Umkreis von 500 Metern. Nach Angaben des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen in Berlin haben zwölf Produkte aus Deutschland das g.U.-Siegel. „In NRW ist die Stromberger Pflaume die einzige, die das Logo trägt“, berichtet Stemich, der Vorsitzender der seit 2007 bestehenden Schutzgemeinschaft ist.

Der Pflaumenhof Stemich steht stellvertretend für alle anderen Höfe, die sich um den Erhalt und Anbau verdient machen. „Neben unserer Hauptsorte, der Stromberger Pflaume, bauen wir weitere zehn verschiedene Pflaumensorten an. So können wir von Ende Juli bis Mitte September viele frische Pflaumen anbieten“, sagt Stemich. Der Saisonverkauf beginne Ende Juli mit den frühen Pflaumensorten. Die Stromberger Pflaume sei mittelfrüh.

Die Tradition des Pflaumenanbaus in Stromberg reicht bis ins Jahr 1790 zurück. Amtsschreiber Ludwig Niedieck brachte die Sorte von einer Reise nach Frankreich und Spanien mit ins Münsterland. „Der Mergelboden und die besonderen Klimaverhältnisse, der Ort liegt vor Nord- und Ostwinden geschützt im leicht hügeligen Winkel der Westfälischen Bucht, haben die Anpassung der Stromberger Pflaume begünstigt“, erklärt Stemich. Neben dem Frischverzehr wurde die „Stromberger Pflaume g.U.“ hauptsächlich für die Herstellung von Dauerwaren wie Pflaumenmus eingesetzt.

Trockenheit setzt Ernte zu
Von etwa 15.000 Pflaumenbäumen werden jährlich etwa 650 Tonnen Pflaumen geerntet. Das ist fast ein Viertel der nordrhein-westfälischen Pflaumen- und Zwetschgenernte. Der weitaus größte Teil der Ernte ist Handelsware. „In diesem Jahr müssen wir mit einem Minderertrag rechnen“, so Stemich, „die Trockenheit hat unseren Bäumen sehr zugesetzt“. Trotzdem können genügend Pflaumen angeboten werden. Die Pflaumen von Gerhard Stemich sind in Oelde im Marktkauf und bei Edeka Junkerkalefeld erhältlich. Die Belieferung erfolgt in Eigenregie.

Direkt vom Bauern aus Telgte
Der Hof Fockenbrock im westfälischen Telgte setzt ebenfalls auf Direktverkauf im Handel. Der Milchviehbetrieb befindet sich aktuell in der Umstellung auf Bioland. Die Produkte gehören zum Standardangebot in vielen ausgewählten Supermärkten der Region. „Direkt vom Bauern aus Telgte“, steht auf der Giebelverpackung mit dem rot-weißen beziehungsweise grün-weißen Karomuster und dem Bild vom Fachwerkhof.

„Wir betreuen etwa 80 Lebensmittelgeschäfte, wie Edeka, Rewe, Marktkauf, Hit, K&K, Combi, daneben Cafes, Schulen und Kindergärten, Hofläden und Wiederverkäufer sowie Bäckereien“, zählt Milchbäuerin Ursula Fockenbrock ihre Kunden auf.

2011 haben Manfred und Ursula Fockenbrock mit der Selbstvermarktung begonnen. Der Hof Fockenbrock ist ein Familienbetrieb. Sohn Henning verantwortet mit Vater Manfred die Landwirtschaft. Am Stallgebäude angeschlossen befindet sich die eigene Hofmolkerei, die Sohn Stefan verantwortet. Dort laufen die Maschinen auf Hochtouren. Die von den 85 Kühen erzeugte Milch wird auf traditionelle Weise verarbeitet. „Das heißt, sie wird 15 Sekunden bei 72–74 Grad Celsius erhitzt und ist eine Woche haltbar“, erklärt Manfred Fockenbrock.

Belieferung in Eigenregie
Die Belieferung an Händler in Münster und im Kreis Warendorf erfolgt dreimal pro Woche sowohl in Eigenregie im Verkaufsanhänger als auch über das Edeka-Zentrallager der Firma Stroetmann in Münster. „Pro Jahr vertreiben wir inzwischen 1,3 Millionen Tonnen Milch“, erzählt Manfred Fockenbrock. Das Betriebskonzept ist erfolgreich: „Wir vermarkten die Milch direkt und regional und erzielen dadurch einen höheren Preis als bei der Großmolkerei“, sagt Ursula Fockenbrock. Die Produktpalette umfasst Frischmilch mit 3,8 Prozent Fett und 1,6 Prozent Fett sowie Kakao, Natur- und Fruchtjoghurt und Schlagsahne. „Neben Magerquark, Butter und Eiskaffee soll auch unser Joghurt mit Stromberger Pflaume das Sortiment erweitern“, erzählt Ursula Fockenbrock. Milch, die im Handel nicht verkauft wurde, werde zurückgenommen und für die Fütterung der Kälber verwendet, spielt Manfred Fockenbrock auf die Nachhaltigkeit an.

Die Produkte stehen beispielsweise im Kühlregal bei Edeka Wiewel in und um Münster, im Hit-Markt in Münster, bei Edeka Buller in Warendorf sowie bei Rewe am Kreuztor in Münster. „Für den Kunden ist es ein persönliches Produkt. Vor Ort kann er bei einer Hofführung sehen, wie die Milch produziert und abgefüllt wird“, erzählt Rewe-Kaufmann Erwin Decker.