WPR Stroh zu Gold

Keine tierischen Inhaltsstoffe: Was für Lebensmittel angesagt ist, ist auch für die Hersteller von Reiniger, und Putzmittel und Co. ein Differenzierungsmerkmal.

Dienstag, 12. April 2016 - Sortimente
Susanne Klopsch
Artikelbild Stroh zu Gold
Bildquelle: Shutterstock

Veganer sind anspruchsvoll. Sie schauen sich die Produkte genau an, die sie verwenden. Und sind bereit, auch mal mehr dafür auszugeben, wenn sie ihren Wertvorstellungen genügen. Eine Studie des IFH Köln, die sich auf Lebensmittel bezog, bewertete jüngst den Trend zur fleischlosen oder komplett tierfreien Kost als gesellschaftsfähig. Immer mehr Konsumenten beschäftigen sich slso auch hierzulande mit den Inhalten der Produkte, die sie kaufen. Diese Sichtweise beschränkt sich nicht mehr nur auf Lebensmittel. Spätestens nach dem Launch der Vegan-Leben-Eigenmarken-Range bei Famila mit insgesamt 150 Produkten, davon acht WPR-Produkte (siehe Interview auf dieser Seite), zeigt sich, dass es einen Markt auch im klassischen Lebensmittel-Einzelhandel gibt – Umsatz, der nicht in die Kassen des Biohandels fließt oder online ausgegeben wird. Sicher, wir reden hier von einer Nische im gut 3 Mrd. Euro schweren Markt für Wassch-, Putz- und Reinigungsmittel (Quelle: Nielsen Deutschland, bezogen auf 2015), doch der Handel kann damit neue, nicht so preissensible Kunden ansprechen.

Im Regal dient dabei nicht immer das V-Siegel zur Differenzierung. Erdal-Rex (Werner & Mertz-Gruppe) hat schon vor Jahren in den sogenannten „9 Punkten“ auf der Verpackung der Frosch-Produkte unter Punkt 6 als Versprechen an Verbraucher deklariert, dass die Produkte keine tierischen Inhaltsstoffe enthalten. Darüber hinaus wird die Vegan-Blume ausgelobt, „jedoch nur auf solchen Produkten, bei denen es nicht Marktstandard ist, dass die Produktgruppe auf tierische Inhaltsstoffe verzichtet“, stellt Marketingleiter Wolfgang Feiter klar. Am PoS weisen Displaysockel und Pappschilder auf vegane Reiniger und und andere Hygienehelfer hin, online wird neben klassischer Werbung auf der Facebookseite und im Froschblog über die Produkte informiert. Beim belgischen Hersteller Ecover (Marke Ecover) gibt es lediglich ein Produkt, das nicht vegan ist (Handspülmittel Kamille & Molke). Der tierproduktfreie Charakter der Reiniger und Waschmittel wird offensiv kommuniz iert, u. a. am PoS.

Doch es gibt genügend kritische Stimmen in der Branche: So befürchtet etwa Markus Jahnke, Marketingleiter bei Fit in Zittau, dass das Ausloben eines schon von Natur aus veganen Produktes wie etwa eines Spezialsalzes für die Spülmaschine als vegan auf der Verpackung „als Werben mit Selbstverständlichkeiten gesehen werden kann, was durch das Wettbewerbsgesetz verboten ist“.

Henkel hat sich gegen eine Ausweisung veganer Produkte entschieden. „Es gibt viele Produkte in unserem Portfolio, deren aktuelle Rezepturen keine Inhaltsstoffe auf Basis von tierischen Rohstoffen enthalten“, sagt Stephan Füsti-Molnár, Geschäftsführer Henkel Wasch- und Reinigungsmittel Deutschland. Rezepturänderungen seien jedoch jederzeit möglich, wenn beispielsweise eine verbesserte Formel eingeführt werden solle, es Lieferengpässe für Inhaltsstoffe gebe oder ein Lieferant gewechselt wird. „Wir haben uns daher gegen eine Nennung entschieden. Denn wenn wir Angaben zu unseren Produkten machen, haben wir den Anspruch, dass diese Aussage länger gültig ist.“ Auch Procter & Gamble verzichtet, wann immer sinnvoll, auf den Einsatz von Inhaltsstoffen tierischen Ursprungs. Gekennzeichnet wird dies allerdings nicht: „Das Merkmal vegan ist nicht klar definiert“, heißt es aus dem Unternehmen.

Bei der Suche nach alternativen und tierfreien Rohstoffen für die Produktion von Wasch- und Reinigungsmitteln. sind Zucker und Stroh sowie pflanzliche Reststoffe schon länger im Fokus der Forscher. „Wir machen Stroh zu Gold“, sagt Reinhard Schneider, Geschäftsführer Erdal & Rex. Die Rede ist vom Zellulose-Alkohol Sunliquid, den Spezialchemiehersteller Clariant aus dem landwirtschaftlichen Abfallprodukt Stroh gewinnt. Dieser hochwertige, reine Bio-Alkohol hat laut Schneider gleich mehrere Vorteile: Es werden regionale Ressourcen genutzt, da die Ackeranbauflächen größtenteils in Deutschland liegen. Produziert werde in Straubing, abgefüllt in Mainz, das reduziere Wege. Und da das Stroh ein für Mensch und Tier nicht verwertbarer Reststoff sei, trete das Verfahren nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittel- oder Futtermittelproduktion. Zum Einsatz kommt Sunliquid beim neuen Frosch Bio-Spiritus Multiflächenreiniger.

Zucker ist die Basis von Tensiden, die beim weiterentwickelten Handspülmittel von Ecover für Sauberkeit sorgen sollen. Mit einem erhöhten Anteil reinigungsaktiver Substanzen sollen nun 40 Prozent mehr Teller bei gleicher Dosierung in einem Spülgang gesäubert werden. Denn: Mögen die Inhaltsstoffe noch so nachhaltig oder innovativ sein – wenn Wäsche, Geschirr oder Waschbecken nicht sauber werden, dann kauft kein Kunde das Produkt ein zweites Mal.

Interview mit Simon Parbs

Zum „vegan leben“-Sortiment bei Famila gehören acht WPR-Produkte. Simon Parbs, in Kiel für Einkauf und Entwicklung der Eigenmarken zuständig, zu den Plänen.

Wie heben Sie Ihre WPR-Produkte am Regal hervor?
Simon Parbs: Durch die einheitliche Markenführung unter „vegan leben“ geben wir unseren Kunden eine eindeutige Orientierung im Sortiment. Das prägnante grüne „vegan leben“-Logo in Kombination mit dem Vegan-Logo des Vegetarierbundes lässt die Artikel im Regal auffallen. Regalstopper mit unserem „vegan leben“-Logo weisen außerdem auf die neuen Artikel hin.

Wie machen Sie die Kunden auf diese Alternative aufmerksam, wie ertens klären Sie ihnen die Vorzüge dieser Produkte?
Durch mehrseitige Handzettelwerbung erklären wir unseren Kunden, dass es sich um zertifizierte Bio-Fachhandelsware handelt, die ohne Tierversuche hergestellt ist und keine tierischen Fette, Molke oder andere tierische Bestandteile enthält. Außerdem ist die Ware atomstromfrei und ohne CO2-Ausstoß hergestellt, für Allergiker geeignet und dabei effektiv und hautfreundlich.

Wie ist die Preisstellung der WPRProdukte?
Die Verkaufspreise liegen leicht unter denen vergleichbarer Artikel im Fachhandel. Innerhalb unserer Sortimente stehen die Artikel im direkten Vergleich mit herkömmlichen oder biologischen Alternativprodukten und müssen bezahlbar sein.

Wie ist bislang die Resonanz der Kunden?
Großartig. Bereits ohne Werbung sind gute Absätze zu verzeichnen. Mit einer speziellen Anzeige für das vegane WPR-Sortiment werden wir die Bekanntheit weiter forcieren. Insgesamt trifft das „vegan leben“-Sortiment offensichtlich den aktuellen Zeitgeist. Die vegane Orientierungsmöglichkeit über das gesamte Sortiment mit dem einheitlichen Markenauftritt wird dankbar von unseren Kunden angenommen. Bei der Verbrauchermesse Veggieworld in Hamburg am 12. und 13. März haben wir eine tolle positive Resonanz erfahren.

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Simon Parbs

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