Dallmayr „Kaffee wird in der Menge wieder wachsen“

Erst schwächt die Pandemie das Außer-Haus-Geschäft, jetzt kaufen die Konsumenten weniger Kaffee im Handel – doch Besserung für 
Dallmayr ist in Sicht. Dr. Johannes Dengler (Foto), Mitglied der Geschäftsleitung Dallmayr Kaffee, über Effekte ohne Präzedens.

Dienstag, 07. November 2023 - Getränke
Elena Kuss
Artikelbild „Kaffee wird in der Menge wieder wachsen“
Bildquelle: Alexander Münch

Der Handel verkauft seit Jahresbeginn deutlich weniger Kaffee. Vor allem Marken in der mittleren Preiskategorie verlieren Marktanteile. Wie geht es Dallmayr?
Johannes Dengler: Dallmayr hat sich in der ersten Jahreshälfte 2023 beim Absatz in etwa auf Marktniveau entwickelt. Dieses Jahr hat sich aber in mehreren Dimensionen anders entwickelt, als wir es uns vorgestellt haben. Wir hatten damit gerechnet, dass es zu einer Preisspreizung unter den Marken kommen würde, weil sich Arabica- und Robusta-Rohkaffees 2022 preislich so stark unterschiedlich entwickelt hatten. Auch mit einer vorübergehenden Kaufzurückhaltung hatten wir gerechnet, aber in beiden Fällen fiel es viel heftiger aus als gedacht.

Warum haben Verbraucher ihren Kaffeekonsum eingeschränkt?
Verbraucher haben – und das war noch nie da – über einen längeren Zeitraum als drei Monate ihren Einkauf und möglicherweise auch ihren Konsum eingeschränkt. Früher sind wir davon ausgegangen, dass Verbraucher möglicherweise ihren Einkauf verringern, aber niemals ihren Konsum. Kaffee ist ja auch sehr gut lagerfähig. Doch das taugt aktuell als Erklärung nicht mehr, dafür hält der Effekt schon zu lange an.

Lässt der Kaffeedurst der Deutschen nach?
Nein, ich glaube, dass die Kauf- und Konsumzurückhaltung nach wie vor ein vorüberge­hendes Phänomen ist. Es dauert nur länger, als ich das aus meiner über 20-jährigen Er­fahrung im Kaffeemarkt kenne. Insgesamt ist Kaffee eine fantastische Kategorie. Im Moment schränken Verbraucher bei vielen Dingen ihren Einkauf ein. Das wird sich wieder umdrehen, und unsere Kategorie wird auch in der Menge wieder wachsen. Davon bin ich fest überzeugt.

Ein weiterer ungewöhnlicher Effekt: Marken und Handelsmarken haben gleichermaßen verloren. Wie erklären Sie das?
Das ist erstaunlich, oder? Wir hatten gedacht, dass Handelsmarken mehr profitieren würden. Das ist aber nicht der Fall. Verbraucher haben weniger eingekauft, sie haben aber ihren Mix aus Handelsmarken und Marken nicht verändert, zumindest im ersten Halbjahr. Allerdings konnten innerhalb der Marken die günstigsten vorübergehend zulegen.

Das gilt auch konkret für Dallmayr?
Ja, auch in unserem Sortiment haben die günstigen Alternativen dazugewonnen. Dallmayr prodomo bleibt die meistverkaufte Kaffeemarke Deutschlands. Deutlichere Zuwächse hat 2022 jedoch der preiswertere Filterkaffee Dallmayr Classic verzeichnet.

Im Handel wurden günstige Alternativen stark beworben und prominent im Markt platziert. Hat das den Effekt begünstigt?
Ja, das ist die Erklärung. Der Anteil von Aktionen bei Kaffee ist traditionell hoch und 2023 weiter gestiegen.

„Home Barista“ ist ein vergleichsweise günstiges Angebot im Bereich Ganze Bohne. Kam die Einführung 2022 genau zum richtigen Zeitpunkt?
Die Einführung von Home Barista war eine Punktlandung und ein Riesenerfolg. In den ersten fünf Monaten 2023 hat Dallmayr in der Kategorie Espresso/Ganze Bohne 10,6 Prozent mehr Menge im Handel verkauft, während die Kategorie nur um 0,2 Prozent gewachsen ist. Wir profitieren mit der Marke Home Barista auch so stark, weil wir uns als Dallmayr im Bereich Ganze Bohne so überhaupt erst für eine Zielgruppe mit engerem Budget, aber dennoch hohem Qualitätsbewusstsein engagieren.

Der Preis für Robusta-Bohnen hat nun stark angezogen. Welchen Einfluss hat das auf die Preisspreizung im Regal?
Wir haben heute eine völlig andere Situation als im vergangenen Jahr. 2022 mussten Arabica-lastige Röster wie wir die Preise sehr stark erhöhen. Mit mehr Robusta im Mix war man etwas entspannter. Das ist auf Sicht jetzt umgekehrt. Allerdings muss man auch immer alle anderen Kosten im Blick haben wie Frachten, Packmaterial, Energie, Personal und Investitionen in die Marke.

Manche Röster haben ihre Rezepturen geändert. Der Robusta-Anteil wurde ­erhöht. Wie ist Dallmayr vorgegangen?
Rezepturen zu verändern, ist nicht unsere DNA. Das Dallmayr-prodomo-Rezept ist beispielsweise seit 60 Jahren mehr oder weniger unverändert. Wir haben den Anspruch, dass unsere Markenkaffees, auch wenn es Natur­produkte sind, geschmacklich sehr konstant sind. Die Endverkaufspreise von höherwertigen und weniger wertigen Produkten mussten preislich auseinanderlaufen, da die Preise für Arabica-Bohnen, die in hochwertigeren Produkten eingesetzt werden, durch die Decke gingen. Das hat dazu geführt, dass der Preisabstand von Dallmayr prodomo zu den un­mittelbaren Konkurrenzprodukten sehr ausgeprägt war.

Zeigte sich das in den Marktanteilen?
Weniger, als wir gedacht hatten, und das hat uns selbst überrascht.

Nur wenige Lebensmittel waren im August 2023 billiger als im Vorjahresmonat. Kaffee gehört dazu. Wie erklärt sich das?
Da müssen Sie sich nur die Börsenkurse und Währungskurse anschauen: Wenn der Rohstoff günstiger oder teurer wird, wird mit zeitlichem Abstand auch das Endprodukt günstiger oder teurer. Über Jahrzehnte betrachtet, hat Kaffee fast keine Verbraucherpreissteigerung. Das klingt toll, ist es aber nicht. Denn Kaffee wird von Menschen angebaut, für die ihr Lebensunterhalt sehr wohl einer Inflation unterliegt. Das ging nur auf, wenn eine Verbesserung der Flächenproduktivität im Anbau möglich war. Aber auch das ist nicht überall möglich. Ich denke: Kaffee muss über einen langen Zeitraum im Preis mitsteigen, damit die 100 Millionen Menschen, die im Anbau beschäftigt sind, vernünftig leben können.

Eine Stellschraube ist oft, nachhaltigere Produkte anzubieten. Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit gerade aktuell für den Verbraucher?
Marktforscher sagen uns, dass das Thema vorübergehend ein bisschen in den Hintergrund getreten ist. Ich denke auch, dass das eine Momentaufnahme ist. Nachhaltigkeit ist nicht mehr wegzudenken.

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