Weinflaschen Leichter in die Zukunft

Die Weinflasche allein besitzt laut dem Deutschen Weininstitut einen Anteil von etwa 45 Prozent am CO2-Fußabdruck bei der Weinproduktion. Leichtglas verspricht eine bessere Bilanz.

Mittwoch, 25. Oktober 2023, 10:13 Uhr
Elena Kuss
Artikelbild Leichter in die Zukunft
Bildquelle: Langguth Erben

Vor dem Hintergrund, dass die EU die Verpackungsgewichte reduzieren möchte, ist die Branche im Umschwung. Während der Verbraucher oft zur schweren Flasche gegriffen hat, in der Hoffnung, einen hochwertigen Wein zu kaufen, soll nun die leichte Flasche zum Statement werden. Fabian Kerbeck, zuständig für Nachhaltigkeit und Qualitätskontrolle beim Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP), erklärt: „Wir wollen mit unserer bewussten Entscheidung zur leichten Flasche ein Statement setzen, dass es auf den Inhalt und nicht auf das Flaschengewicht ankommt.“ 2022 wurden laut VDP 80 Prozent der Gutsweine in Leichtglasflaschen gefüllt. Ziel des Verbands ist es, diese Zahl auf 100 Prozent zu erhöhen.

Die Großkellerei Peter Mertes stellt nach eigenen Angaben ebenfalls bis auf wenige Flaschentypen das Gros ihrer Abfüllartikel im Glassegment mit den am Markt verfügbaren Leichtglasflaschen dar. Zurückhaltender äußern sich die Kellereien Henkell-Freixenet und Rotkäppchen-Mumm. Weder das Gewicht konkret angefragter Markenprodukte noch wie viel Prozent der Weinartikel in Leichtglasflaschen abgefüllt werden, kommentierten die Unternehmen auf LP-Anfrage hin.

Einen Schritt weitergehen wollen Markenhersteller wie die Privatkellerei Franz Wilhelm Langguth Erben. Das Unternehmen positionierte ihre Marke Sontino 2015 als vegane Bio-Weine neu. 2020 folgte die Abfüllung in die „Eco2Bottle“ der Glashütte Wiegand-Glas. Durch den hohen Einsatz von mindestens 92,5 Prozent Altglas, das verringerte Gewicht der Flasche auf 390 Gramm und die Nutzung von Ökostrom können die Emissionen im Vergleich zu einer Standardweinflasche um 30 Prozent reduziert werden. Auch der Longcap-Verschluss aus Aluminium wurde gegen eine nachhaltigere Variante aus Polypropylen (PP) getauscht. Um aus Aluminium einen Verschluss herzustellen, wird das Metall auf circa 700 Grad Celsius erhitzt. Der Kunststoff PP muss lediglich auf 200 Grad Celsius erhitzt werden. Der sogenannte Twister-Verschluss soll laut Kellerei vier Mal weniger CO2 verbrauchen als ein herkömmlicher Verschluss aus Aluminium.

Das Problem aller nachhaltigeren Verpackungsmöglichkeiten bleibt jedoch der hohe Preis. „Rein kalkulatorisch müssten wir das nachhaltigere Produkt teurer anbieten“, sagt Patrick F. W. Langguth, geschäftsführender Gesellschafter der Weinkellerei Langguth Erben. Das Konsumklima ist dabei schlecht, wie eine Erhebung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zeigt. Die Sparneigung kletterte im September auf den höchsten Stand seit April 2011. Die Bereitschaft, für ein Produkt, das weniger CO2-Emissionen verursacht, mehr zu bezahlen, sinke, beobachtet Langguth. Auch die Glashütten spüren eine rückläufige Nachfrage nach nachhaltigen Glasprodukten.

Alternativen zu Glas sind im Ausland bereits akzeptiert. Bag-in-Box ist in Skandinavien weitverbreitet. Wein aus Alu-Dosen ist in den USA ein wachsender Markt. Auch in Deutschland sind alternative Gebinde nicht mehr nur auf den untersten Regalböden zu finden. Die Peter-Mertes-Marke Falkenburg wird seit Kurzem in Tetra Pak statt Glasflaschen gefüllt und wirbt damit, dass die Verpackung 80 Prozent weniger CO2 verursacht als eine 0,75-Liter-Glasflasche.

Mehrweg in Baden-Württemberg
Auch Mehrweg-Gebinde werden getestet. Die Weinheimat Württemberg stellte im März eine 0,75-Liter-Mehrwegflasche vor. Sie wiegt 543 Gramm und ist damit deutlich schwerer als beispielsweise die Flasche von Sontino. Mit dem Gewicht geht die nötige Stabilität einher. Die Flasche soll bis zu 50 Mal wiederbefüllt werden können. Seit September bieten vier weitere Betriebe Weine im Mehrwegsystem an. Derzeit sind die Flaschen nur in Baden-Württemberg erhältlich. Weitere Teile Deutschlands sollen folgen. Verantwortet wird der Mehrweg-Pool von der Gesellschaft „Wein-Mehrweg“. Die Initiative „Zukunftsfähiges Mehrwegsystem“ arbeitet ebenfalls an einem Konzept für ein Pfandsystem für 0,75-Liter-Weinflaschen.

Neuere Verpackungsmöglichkeiten wie die Papierflasche stoßen in der Branche dagegen eher auf Ablehnung. Die Papierflasche besteht aus mehreren Verpackungsarten, was das Recycling kompliziert macht. Auch der hohe Preis zwischen 70 Cent und 1 Euro schreckt vermutlich eher ab.

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