Im Rohschinkenkeller der Bedford-Manufaktur duftet es nach Gewürzen und Schmalz, wo die Schinken für die Reifung vorbereitet werden. Routiniert reibt die Mitarbeiterin Eva Chudzik-Wesoly die Schinken mit Gewürzschmalz ein. Mit geübten Handgriffen bereitet sie den Osnabrücker Friedensschinken auf seine monatelange Reifung vor. Über 100.000 Schinken reifen in den Reifekammern und verlieren dabei fast ein Drittel ihres Frischgewichts. Der Osnabrücker Friedensschinken, ein luftgetrockneter Kernschinken, der aus der Ober- und Unterschale geschnitten und mit Ursalz gesalzen wird, gehört zu den Klassikern. Nach einer natürlichen Reifung von sieben Monaten am Knochen entwickelt der Rohschinken seine kräftig rote Farbe und seinen Geschmack. Die Röhrenknochen und die Hüftknochen werden vor dem Verkauf von Hand ausgelöst.
„Als familiengeführte Wurst- und Schinkenmanufaktur haben wir uns auf die handwerkliche Herstellung von Produkten für die Bedientheke spezialisiert“, sagt Thorsten Schäfer, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing. „Obwohl der Verzehr von Wurstwaren aus der Bedientheke über die zurückliegenden Jahre insgesamt rückläufig ist, konnten wir unseren Marktanteil ausbauen“, so Schäfer. Im vergangenen Jahr wurde ein Umsatz von 77 Millionen Euro erwirtschaftet. Für das laufende Jahr rechnet Schäfer mit einer leichten Absatzsteigerung. Der Bedientheken-Spezialist, wie sich Bedford selbst nennt, der ausschließlich Metzgereien und Supermärkte mit Bedientheke beliefert, hat sich damit eine feste Marktnische erobert.
Seit dem Ende der Pandemie stellen die Verantwortlichen bei Bedford aber auch fest, dass das Einkaufsverhalten der Verbraucher preissensibler geworden ist. Aufgrund des Personalmangels, vor allem bei den Thekenkräften, haben viele Supermärkte in den letzten Jahren zusätzliche Cabriotheken mit vorverpackten Produkten aus den Bedientheken in ihre Verkaufsräume integriert. Für diese Theken hat Bedford jetzt ein Prepack-Sortiment neu auf den Markt gebracht. Dabei handelt es sich um Bedientheken-Artikel aus dem klassischen Sortiment – jetzt aber verpackt für die Cabriotheke: Osnabrücker Friedensschinken, Trüffelsalami, Pasteten- und Aspikscheiben, Schmalz im Glas, Saltufo und Salgiano geschnitten im Becher und Hähnchenbrustnuggets in der Schale. Mittlerweile macht dieser Bereich bei Bedford 10 Prozent des Umsatzes aus. Wachstumstreiber Nummer eins ist Saltufo. Die Salami-Kugel ist eine Kombination aus hochwertigem Schweinefleisch, Sommertrüffeln und einem Mantel aus 24 Monate gereiftem Parmigiano Reggiano.
„Gutes Essen ist eine Leidenschaft von Bedford“, sagt Schäfer. Deshalb haben sich die Verantwortlichen des Unternehmens bewusst dafür entschieden, neben dem traditionellen Sortiment auch hochwertige vegetarische Convenience-Produkte ohne Zusatzstoffe anzubieten. Dazu gehören Bohnen-Hafer-Pattys, Quinoa-Karotten-Ecken, Linsen-Süßkartoffel-Sticks und Udon-Edamame-Taler.
Sinkender Konsum sorgt für Druck
Bei der Herkunftskennzeichnung geht Bedford schon lange einen eigenen Weg: Als eines der ersten Unternehmen überhaupt, so Thorsten Schäfer, bietet sie dem Kunden die Möglichkeit, über eine Schinken-Identifikationsnummer die Herkunft des Schinkens online nachzuvollziehen. Mit der Gründung des Vereins zur Offenstallhaltung hat Bedford schon 2016 begonnen, sein Sortiment um Tierwohlprodukte aus der Haltungsstufe 4 zu ergänzen – ein Angebot, das laut Schäfer den zunehmend nachhaltig denkenden Verbraucher anspricht. Dass der sinkende Konsum gleichzeitig den Druck auf die Branche erhöht, sieht Schäfer nicht negativ: „Dieser Druck hat auch etwas Gutes. Er fördert die Kreativität. Wer sich jetzt nicht differenziert, wird austauschbar.“
Für die Bedford-Produkte an der Bedientheke sieht er aber noch Luft nach oben. Schulungen des Bedienthekenpersonals in Warenkunde und Präsentation sollen die Mitarbeiter für die Qualität seiner Produkte sensibilisieren. „Der Bedienthekenmarkt ist seit Jahren unter Druck“, sagt Schäfer. Deshalb brauche der Handel Sortimente an der Theke, die etwas Besonderes sind. Vor allem das Image deutscher Produkte muss noch verbessert werden. „Dabei steht der Osnabrücker Friedensschinken dem italienischen Parmaschinken in nichts nach“, so Schäfer. „Osnabrücker Schinken vermittelt aber kein südländisches Urlaubsgefühl, sondern ist echte deutsche Handwerkskunst.“
3 Fragen an
Thorsten Schäfer, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing Bedford
Warum gibt es Bedford-Produkte nur in der Bedientheke beziehungsweise im Prepack?
Torsten Schäfer: Hersteller, die versucht haben, den klassischen industriellen SB-Markt und die Bedientheke zu beliefern, bedienen heute fast nur noch den SB-Markt. Sie produzieren industriell und nicht mehr handwerklich. Unsere Kompromisslosigkeit ist unsere Daseinsberechtigung.
Welche Rolle spielt gerade die Premiumwurst für die Profilierung der selbstständigen Kaufleute?
Die Bedientheke ermöglicht eine Abgrenzung zum Discount. Eine Profilierung über die Theke gelingt aber nur, wenn sich das Angebot vom SB-Bereich abhebt. Qualitativ hochwertige, optisch ansprechende und geschmacklich einzigartige Wurst- und Schinkenspezialitäten sind daher ein Muss für jede gut geführte Bedientheke – für den Preiseinstieg ist die Theke zu teuer.
Welche Platzierungs- und Verkaufsförderungstipps geben Sie dem Handel, damit er Ihre Produkte besser verkaufen kann?
Der Erfolg an der Bedientheke hängt von zwei Faktoren ab: einem motivierten Personal und einer hochwertigen Warenpräsentation. Unsere Berater bieten verschiedene Verkaufstrainings und Workshops zum Thema „Emotionale Warenpräsentation“ an. Bei der Präsentation in der Theke gilt das Prinzip „Klasse statt Masse“. Viele Theken sind viel zu vollgestellt. Stattdessen sollte der Handel auf ausgewählte Spezialitäten setzen, die einladend präsentiert werden. Die machen viel mehr Lust aufs Einkaufen.