Consorzio del Prosciutto di Parma Schutz ist wichtig

Das Consorzio del Prosciutto di Parma hat die Aufgabe, den Parmaschinken vor allem rechtlich zu schützen. Das zeigen auch neuere Urteile, wie Alessandro Utini (Foto) im LP-Interview versichert.

Donnerstag, 11. April 2024, 16:29 Uhr
Jens Hertling
Artikelbild Schutz ist wichtig

Warum wurde vor 60 Jahren das Consorzio del Prosciutto di Parma gegründet?
Alessandro Utini
: Den Gründern unseres Verbandes war schon 1963 bewusst, dass sie ihre Schinkenspezialität nur dann in ihrer Ursprünglichkeit für zukünftige Generationen bewahren können, wenn sie geschützt wird. Dabei ging es ihnen insbesondere um den Erhalt der traditionellen Herstellung, die über viele Generationen hinweg entstanden ist und die untrennbar mit unserem kleinen Herstellungsgebiet in der Region Parma und dessen Klima verbunden ist. Dieser Schutz wurde in Form einer Produktspezifikation festgeschrieben und durch die Einführung eines Markenzeichens, der fünfzackigen Parma Krone, manifestiert.

Wie wird der Schutz kontrolliert?
Das Consorzio schützt die Verwendung der Bezeichnung Parmaschinken sowie aller damit einhergehenden Markenzeichen, Markierungen und Identifizierungssiegel. Es ist unsere Pflicht, deren illegale Verwendung zu ahnden und unlauteren Wettbewerb zu unterbinden. Hierfür sind wir berechtigt, die notwendigen Maßnahmen wie beispielsweise rechtliche Schritte über unsere eigene Rechtsabteilung in allen Ländern einzuleiten. Die Produktionskontrollen werden von der externen Kontrollstelle CSQA durchgeführt. Unsere Inspektoren sind beauftragt, Geschäfte und Einzelhändler zu kontrollieren, die Parmaschinken verkaufen. Diese sind in Italien und im Ausland tätig, um die Verwendung des Namens Parmaschinken und dessen Missbrauch zu kontrollieren, z. B. durch Anfechtungsklagen. Abweichungen werden mit administrativen, zivil- oder strafrechtlichen Maßnahmen geahndet.

Welche Rolle spielt der europäische Herkunftsschutz bzw. die geschützte Ursprungsbezeichnung?
Seit der Auszeichnung als „geschützte Ursprungsbezeichnung“ im Jahr 1996 ist die Bezeichnung Parmaschinken in der gesamten EU rechtlich geschützt und ebenfalls in den Ländern, die das europäische System der geografischen Angaben anerkannt haben. Von der EU werden Produkte als „geschützte Ursprungsbezeichnung“ anerkannt, die traditionell hergestellt werden und die darüber hinaus für das geografische Gebiet, in dem sie ihren Ursprung haben, eine besondere soziale und wirtschaftliche Bedeutung haben. Der EU-Schutz ist existenziell für die Marke Parmaschinken, die sonst in dieser Ursprünglichkeit nicht überlebensfähig wäre. Für die Verbraucher bedeutet der EU-Schutz, dass sie die Sicherheit haben, ein traditionelles Lebensmittel zu kaufen, das untrennbar mit dem Erzeugungsgebiet verbunden ist. Dies garantiert auch, dass unsere Spezifikationen in allen EU-Ländern als Vorschriften eingehalten werden und auch von den zuständigen lokalen Behörden direkt geschützt werden.

Welche Aufgabe hat denn das Consorzio darüber hinaus?
Das Consorzio organisiert weltweit Imagekampagnen. In Deutschland z. B. erfolgt dies durch Print- und Online-Kommunikation, über Social-Media-Kanäle wie Facebook, Instagram, YouTube und im Rahmen einer bundesweiten PoS-Marketing-Kampagne mit führenden Ketten des Lebensmittelhandels, Feinkostanbietern und Metzgereien. Im Fachhandel wird das Siegel über die Auszeichnung "Parmaschinken-Spezialist" kommuniziert.

Was ist das Besondere am Parmaschinken?
Seine Naturbelassenheit, die sich aus der Herstellung aus lediglich einer Schweinekeule und Meersalz ergibt. Seine Mindestreifezeit von 14 Monaten. Sein milder Geschmack. Die Auszeichnung mit dem höchsten Schutzsiegel der EU für Lebensmittel, der „geschützten Ursprungsbezeichnung“, die damit verbundenen Anforderungen an die traditionelle Herstellung.

In Deutschland gab es einen juristischen Streit, der bis zum BGH ging. Was hat es mit der Bezeichnung „Culatello di Parma“ auf sich?
Das Consorzio hat in diesem Jahr in einem Gerichtsverfahren in Deutschland einen wichtigen Erfolg erzielt, der in unmittelbarem Zusammenhang mit der geschützten Ursprungsbezeichnung für Parmaschinken steht. Dieser Fall betraf die Verwendung der Bezeichnung „Culatello di Parma“, ein vorgeschnittenes gepökeltes Schweinefleischerzeugnis, das von einem Unternehmen aus der Provinz Parma in einigen EU-Ländern, insbesondere in Deutschland, vermarktet wird. Der Streit, der bis zum Bundesgerichtshof ging, wurde in allen Instanzen zugunsten des Consorzio del Prosciutto di Parma entschieden. Die deutschen Richter folgten damit der Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union, gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012, dass „Culatello di Parma“ mit dem Toponym „Parma“ die Reputation des EU-geschützten Parmaschinkens auf ungesetzliche Weise ausnutze, um damit wirtschaftliche Vorteile zu erlangen.

Können Sie ein paar wirtschaftliche Kennzahlen zum Parmaschinken nennen?
Die europäischen und internationalen Märkte sind turbulent. Der italienische Markt ist hiervon nicht ausgenommen. Die Dynamik, die sich auf den europäischen Märkten abspielt, ist allgemein bekannt. Hinzu kommt die schwierige Lage bei den Rohstoffen, die mit schwankenden Preisen und Verfügbarkeiten unsere Erzeuger in Schwierigkeiten bringt, für die der Kauf von Schweinekeulen eine langfristige Investition ist, die sich auf Handel und Verbraucher auswirkt. Wir haben mit einem Anstieg der Verkaufspreise zu tun bei gleichzeitigem Rückgang der Produktionsmenge. Die Gesamtproduktion lag 2022 bei 7,85 Millionen ganzen Schinken, von denen 33 Prozent, also 2,6 Millionen Stück, in den Export gingen. Größtes Exportland sind dabei die USA mit ca. 759.000 Stück Schinken. In Europa liegt Deutschland mit 363.000 importierten Parmaschinken an zweiter Stelle hinter Frankreich mit 440.000 Stück.

Wie wird der Parmaschinken in Deutschland vermarktet?
Parmaschinken wird in Deutschland über den Einzelhandel inkl. Discount, den Großhandel, den Fachhandel, die Gastronomie und Online abgesetzt.

Woran forscht das Consorzio aktuell?
Das Thema Nachhaltigkeit ist ein großes Thema unserer Zeit, sei es in wirtschaftlicher, sozialer oder ökologischer Hinsicht. Die hohe Sensibilität der modernen Verbraucher für ökologische Nachhaltigkeit hat uns schon vor Jahren dazu veranlasst, ein Forschungsprojekt in Auftrag zu geben, um umweltfreundliche und nachhaltige Verpackungsformen für vorgeschnittenen Parmaschinken und Parmaschinken zur Selbstbedienung zu testen. Sie müssen sich vorstellen: Wir haben im Jahr 2022 91 Millionen Packungen Parmaschinken verkauft. Dies stellt uns vor eine ökologische Verantwortung, der wir uns nicht entziehen können. Das mehrjährige Forschungsprojekt, das wir in Zusammenarbeit mit SSICA, der Stazione Sperimentale per l'Industria delle Conserve Alimentari di Parma - Versuchsanstalt für die Lebensmittelindustrie in Parma, umgesetzt haben, wurde vor kurzem abgeschlossen. Die durchgeführte Analyse bewertete die Leistung von drei alternativen Materialien: Papier, recycelbares PET und kompostierbarer Biokunststoff. Die Ergebnisse waren durchweg positiv, wobei sich Papier in Bezug auf die Haltbarkeit als noch besser erwies als herkömmliche Materialien. Es gibt also wertvolle Alternativen und geeignete Materialien für umweltschonende Verpackungen. Die Umsetzung wird dennoch Zeit und Engagement erfordern.

Wie wird das Problem der Qualifikation der Bewerber gelöst?
Neben der ökologischen Nachhaltigkeit legen wir auch großen Wert auf soziale Nachhaltigkeit. In diesem Zusammenhang wird derzeit ein Projekt für junge Menschen initiiert, die Parmaschinken-Akademie. Sie hat ihren Sitz in Langhirano und soll Schulen, Berufsausbildung und Wirtschaft zusammenbringen. Ziel ist es, dass in unserer Region tief verwurzelte Know-how der Parmaschinken-Herstellung weiterzugeben und somit Fachpersonal für die gesamte Lieferkette des Parmaschinkens auszubilden. Wir möchten damit einerseits jungen Menschen Beschäftigungsmöglichkeiten bieten und andererseits die ländlichen Gebiete der Provinz Parma stärken.

Was hat es mit der Reform der Produktspezifikation auf sich?
Vor vier Jahren hat das Consorzio dem italienischen Ministerium für Landwirtschaft, Ernährungssouveränität und Forstwirtschaft eine Änderung der Produktionsspezifikation für Parmaschinken vorgeschlagen. 30 Jahre nach der ersten Ausarbeitung war es an der Zeit, diese den aktuellen Anforderungen anzupassen. Dabei wurden drei Hauptziele verfolgt: die Qualität weiter zu verbessern, die Identität und Einzigartigkeit im Vergleich zu seinen Konkurrenten zu stärken und seine Kohärenz mit den Bedürfnissen der Verbraucher zu festigen. Dies alles bei gleichzeitiger Stärkung der Transparenz und der Garantie gegenüber dem Kunden. Die wichtigsten Aspekte dieser Änderung sind die Erhöhung der Mindestreifezeit von 12 auf 14 Monate und die Senkung des höchstzulässigen Salzgehalts von 6,2 auf 6 Prozent. Dies entspricht den Empfehlungen der WHO zur Reduzierung des Natriumgehalts in der täglichen Ernährung. Darüber hinaus wurde das Mindestgewicht der frischen Keule von 10 auf 11,8 kg angehoben, während die Höchstgrenze auf 18 kg festgelegt wurde. Beim fertig gereiften Parmaschinken wurde das Mindestgewicht von 7 auf 8,2 kg und das Höchstgewicht auf 12,5 kg angehoben. Erwähnen möchte ich auch, dass die positiven Ergebnisse, die sich im Rahmen wissenschaftlicher Tests zur Haltbarkeit von Parmaschinken in der SB-Packung gezeigt haben, eine Verlängerung des Mindesthaltbarkeitsdauer ermöglichen.

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