Der Weg zu mehr Tierwohl Discounter setzen Zeichen

Große Fortschritte auf dem Weg zur Transformation 2030 haben die Discounter Aldi Süd und Lidl gemacht, wie eine Podiumsdiskussion auf dem 32. Deutschen Fleischkongress zeigte. Darüber diskutierten auf der Bühne (v. l.): Reiner Mihr (LP), Alexander Liedke (Lidl), Dr. Julia Adou (Aldi Süd) und Markus Wöhrmann (LP).

Donnerstag, 11. April 2024 - Fleisch
Jens Hertling
Artikelbild Discounter setzen Zeichen

Eine spannende Podiumsdiskussion mit dem Titel „Der Kunde is(s)t anders, das beschäftigt den Discount“ fand auf dem 32. Deutschen Fleischkongress der Lebensmittel Praxis statt. Dr. Julia Adou, Director Sustainability bei Aldi Süd, stellte in ihrem Impulsvortrag die Nachhaltigkeitsstrategie von Aldi Süd vor. „Wir müssen feststellen, dass sich der Begriff ‚Nachhaltigkeit‘ manifestiert. Und er wird bleiben. Dies wird weiterhin von der deutschen Politik, aber auch weiten Teilen der EU forciert.“

Und sie fügte hinzu: „Und was bedeutet das jetzt für uns? Wir haben uns die Frage gestellt: Was können wir tun, um dem Image des Billigfleischs, das dem Discount generell anhaftet, entgegenzuwirken?“ Wir sind überzeugt, so Adou, dass auch der Discount Qualitätsfleisch anbieten kann und die aktuellen Zahlen bestätigen dies. „Die Umsetzung der Transformation bis 2030 schreite schneller voran als erwartet“, so Dr. Adou. Bezogen auf den Umsatz stamme aktuell die Hälfte des Frischfleischs bei Aldi Süd aus den höheren Haltungsformen 3 und 4 und somit aus tierwohlgerechterer Erzeugung. Bei gekühlten Fleisch- und Wurstwaren stammen bereits mehr als 20 Prozent aus den höheren Haltungsformen.

Die Kunden kaufen höhere Haltungsstufen

„Die Befürchtungen, dass die Kunden diesen Weg nicht mitgehen und wir einen steinigen Weg vor uns haben, hat sich zum Glück nicht bestätigt.“ Bei der Milch - es werden bei Aldi Süd nur noch die Haltungsformen 3 und 4 gehandelt - hat das Unternehmen seine Ziele bereits vorzeitig erreicht. Auch im Frischfleischbereich wurden einige Ziele bereits vor dem geplanten Termin erreicht: So setzt Aldi Süd zum Beispiel bei frischem Putenfleisch ab sofort ausschließlich auf die höhere Haltungsform 3 und zu 100 Prozent auf deutsche Herkunft, mit Ausnahme von internationalen Spezialitäten sowie Tiefkühl- und Aktionsartikeln. „Die steigende Nachfrage nach Tierwohl- und Bio-Produkten zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, so Adou. Sie fügt hinzu: „Wenn wir als Gesellschaft den Wandel in der Landwirtschaft vorantreiben wollen - und der Wille ist da - dann brauchen wir die Unterstützung des gesamten Handels“, so Julia Adou.

„Haltungsänderung heißt für uns auch Ernährungsänderung“, sagt Adou weiter. So ist Aldi Süd nach Angaben von Julia Adou der Bio-Marktführer in seinem Vertriebsgebiet. Sie ergänzt: „Aldi Süd setzt beim Frischfleisch zu über 90 Prozent auf deutsche Herkunft. Daran halten wir fest.

Dass der Händler Lidl beim Thema „Transformation“ große Fortschritte macht, erläuterte Alexander Liedke, Einkaufsleiter CSR, Lidl, in seinem Impulsvortrag: Das Ziel, bis 2026 mindestens 33 Prozent des Frischfleischsortiments der Eigenmarke auf die Haltungsformen 3 und 4 umzustellen, wurde laut Liedke bereits erreicht. Ziel ist eine Erhöhung des Anteils auf 40 Prozent bis Ende des Jahres. Das nächste Ziel ist die 50-Prozent-Marke. Diese will Lidl bis 2025 erreichen. Bei Rindfleisch ist Lidl bereits am Ziel. So will zum Beispiel Lidl in Deutschland in den nächsten Monaten auf frisches Rindfleisch und Trinkmilch verzichten, die aus niedrigen Haltungsstufen stammt. Zwischen Oktober 2023 und Frühjahr 2024 wird das gesamte fest gelistete Sortiment an frischem Rindfleisch mindestens auf Stufe 3 umgestellt. Analog hierzu setzt Lidl auch bei der Umstellung des restlichen Frischfleischsortiments eigenen Angaben zufolge „auf ein flächendeckendes 5xD-Angebot“. Das bedeutet, dass Geburt, Aufzucht, Mast, Schlachtung und Verarbeitung in Deutschland erfolgen.

Er berichtete auch über die „Lidl-Strategie für bewusste Ernährung“. Mit einer bewussten Ernährungsstrategie setzte sich das Unternehmen verbindliche Gesamtziele. Ziel sei es, seinen Kunden bis 2025 ein Angebot für einen bewussten, gesunden und nachhaltigen Lebensstil zu erschwinglichen Preisen zu bieten, so Liedke. Konkret beinhalten diese Maßnahmen unter anderem folgende Bausteine, für die sich Lidl an den wissenschaftlichen Erkenntnissen der Planetary Health Diet orientiert: eine Salz- und Zucker-Redaktion, der bereits erfolgte Verzicht auf ein Kindermarketing, Erhöhung der Produkttransparenz (Stichwort Haltungsform) und die Forderung nach einer übergeordneten Nachhaltigkeitskennzeichnung. Die Erzeugung tierischer Produkte ist mit einem hohen Ressourcenverbrauch verbunden. Deshalb werde Lidl den Anteil pflanzlicher Eiweißquellen im Sortiment bis 2025 kontinuierlich erhöhen, unter anderem durch den Ausbau veganer Produkte wie der Eigenmarke „Vemondo“, so Liedke. Ein wichtiger Schritt in dieser Entwicklung war die kürzlich erfolgte Angleichung der Preise: Nahezu das gesamte Sortiment der veganen Lidl-Eigenmarke „Vemondo“ wurde preislich an vergleichbare Produkte tierischen Ursprungs angepasst. Damit ist ein Großteil der „Vemondo“-Produkte zum gleichen Grundpreis wie die tierischen Vergleichsprodukte erhältlich. „Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil pflanzlicher Eiweißquellen bei Fleisch-, Eier- und Fischprodukten bei Lidl von 11 Prozent auf rund 20 Prozent erhöht werden.“

Warum es keine Direktverträge zwischen den Landwirten und dem Discount gibt, wurde in der anschließenden Diskussion gefragt. „Die Herkunft aus Deutschland ist für uns von großer Bedeutung. Es ist wichtig, die Botschaft zu vermitteln, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird“, sagt Alexander Liedke.

Julia Adou sagte in diesem Zusammenhang: „Verglichen mit früher sind wir jetzt stärker mit der Landwirtschaft verbunden. So können wir ihre Interessen besser verstehen.“ Dieses Verständnis habe sich im Bereich des Handels verändert, so Julia Adou. Der Discounter verstehe sich als Partner der Landwirtschaft mit einem offenen Ohr für die Herausforderungen, vor denen die Landwirte stehen, so Julia Adou. „Wir müssen auch vor Ort auf den Betrieben sein, um die andere Seite besser zu verstehen. Bei unseren Besuchen in den Ställen achten wir zum Beispiel auf die Haltungsbedingungen und den Tierschutz. Oder wir hören einfach nur zu.“

Für mehr Tierwohl müssen alle zahlen

Laut Julia Adou ist die Finanzierung der Transformation der Nutztierhaltung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Auch die Politik ist in der Pflicht, den Umbau der Tierhaltung finanziell zu unterstützen. Dabei muss das Geld einfach und unbürokratisch bei den Landwirten ankommen“, sagt Julia Adou. Derzeit, so Julia Adou, werde von den Vertretern der Landwirtschaft beklagt, dass es viel zu viel Bürokratie gebe, bis finanzielle Unterstützung bei ihnen ankomme.

Auf die Frage, was er vom Tierwohlcent halte, antwortet Alexander Liedke: „Es ist ein großer Fortschritt, dass man sich jetzt mit dem Thema beschäftigt und bestimmte Dinge konkret diskutiert werden. Die Diskussion wird von uns begrüßt.“ Laut Liedke wäre es auch für die Transformation hilfreich, wenn hier schnell Klarheit geschaffen werden könnte.

Zum Abschluss sprach Julia Adou über das Thema der Ernährungsbildung: Es gibt viele Menschen in Deutschland, das bestätigen auch Studien, die nicht wissen, was gesunde Ernährung überhaupt bedeutet. Ein Verständnis dafür zu schaffen, sei eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, so Julia Adou. „Wenn Deutschland immer höhere volkswirtschaftliche Kosten für ein instabiler werdendes Gesundheitssystem hat, weil die Menschen immer kränker werden, dann ist es eine gesellschaftliche Aufgabe, die Menschen gesünder zu ernähren“, so Adou. Auch Aldi Süd sieht sich als Grundversorger hier in der Pflicht und hat sich zum Ziel gesetzt, eine bewusste Ernährung für alle leistbar und somit zugänglich zu machen.

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