Interview Simon-Fleisch Konsolidierung in Sicht

Simon-Fleisch, eines der zehn größten Unternehmen der 
deutschen Fleischbranche, behauptet sich in einem schwieriger gewordenen Markt, wie Alexander Simon im Interview berichtet.

Mittwoch, 22. November 2023 - Fleisch
Jens Hertling
Artikelbild Konsolidierung in Sicht

Herr Simon, können Sie wichtige wirtschaftliche Grunddaten Ihres Unternehmens nennen?
Alexander Simon: In der Unternehmensgruppe mit den Unternehmen Simon-Fleisch GmbH, Klaus-Dieter Fuchs GmbH, Eifel-Fleisch GmbH, Eifeler Fleischwaren Ludwig Babendererde GmbH und Volker Hamel GmbH beschäftigen wir 850 Mitarbeiter. Hiervon sind 600 Mitarbeiter bei der Simon-Fleisch GmbH in Wittlich beschäftigt. Die Simon-Fleisch GmbH hat im Geschäftsjahr 2022 mit 1,05 Millionen geschlachteten Schweinen einen Umsatz von 230 Millionen Euro erzielt. Die Schlachtmenge ist in 2022 gegenüber dem Vorjahr um 2,8 Prozent gesunken. Trotzdem konnten wir den unseren Marktanteil leicht ausbauen, da der Gesamtmarkt sogar um über 9 Prozent gesunken ist.

Das ganze Jahr war ein Jahr der Herausforderungen. Rechnen Sie mit einem anhaltenden Kostendruck in einem nach wie vor instabilen Markt?
Der starke Kostendruck aus dem vergangenen Jahr, war hauptsächlich durch die hohen Energiekosten und die Personalkostensteigerungen geprägt. Obwohl bei den Energiekosten eine leichte Entspannung eingetreten ist, verbleiben die Gesamtkosten dennoch auf einem hohen Niveau. Im nächsten Jahr werden in unserer Branche vor allem die nochmals steigenden Lohnkosten, die Erhöhung der LKW-Maut, sowie die Erhöhung der CO2-Abgabe die größten Kostentreiber sein.

Wie geht es weiter?
Nach meiner Meinung müssen sich die Verbraucher auch weiterhin auf höhere Lebensmittelpreise einstellen. Die Rohstoff- und Produktionskosten dürfen nicht zu Lasten der Landwirtschaft oder der Produzenten gehen. Wenn wir die Landwirtschaft noch stärker belasten, werden wir in naher Zukunft in Deutschland zu wenig Rohstoffe für unsere Produkte bekommen. Ein Import von Rohstoffen aus dem Ausland kann und darf nicht die Lösung sein.

Welches ist der politische Rahmen, der Sie konkret betrifft? Was würden Sie sich da wünschen?
Die Tierhaltung in Deutschland muss zukunftssicher gestaltet werden. Sie muss sowohl gesellschaftlichen Erwartungen genügen als auch der ökonomischen Realität entsprechen. Den Umbau der Tierhaltung wird der Markt alleine nicht darstellen können. Wir sehen gerade, dass die Wünsche der Politik vielfältig sind, aber die Bereitschaft zur Finanzierung eines Umbaus eingeschränkt. Deswegen hat sich die Borchert-Kommission auch aufgelöst. Momentan fehlt es an einem politischen vollumfänglichen Konzept, welches insbesondere die langfristige Planungssicherheit und Verlässlichkeit für die Landwirte zurückbringt. Die derzeitige Unsicherheit über den zukünftigen Weg führt zu einem weiteren Rückgang der tierhaltenden Betriebe in Deutschland. Wir benötigen eine sachorientierte Unterstützung der Politik und keine ideologische Politik.

Was kann die Branche tun?
Die Branche muss sich auf die geänderten Marktbedingungen einstellen. Die Zeiten des ständigen Mengenwachstums sind vorüber. Eine Konsolidierung der Branche ist unabdingbar.

Wie lange wird die Branche der Rückgang der Schlachtungen beschäftigen?
Es ist schwer hierzu eine Aussage zu treffen, da der Rückgang sehr stark von den politischen Rahmenbedingungen abhängig sein wird. Auf dem Weltmarkt sehen wir den Rückgang der Schlachtzahlen aktuell vor allem in Europa. Auf anderen Kontinenten steigen die Schlachtzahlen, so dass die weltweite Fleischproduktion zumindest momentan sogar wächst.

Wie beurteilen Sie Auslandsmärkte, insbesondere China?
Der Zugang zu den Auslandmärkten, insbesondere in Asien, ist für die Branche sehr wichtig. Durch die unterschiedlichen Verzehrgewohnheiten in Asien und Europa können fast alle Bestandteile des Tieres einer optimalen Vermarktung zugeführt werden. Dies wirkt sich positiv auf die gesamte Wertschöpfungskette aus.

Die großen Schlachtunternehmen passen sich dem Markt an: Danish Crown schließt eine Schlachtstätte - Müller Fleisch und Vion bauen regionale Lieferketten aus. Wie reagiert Simon-Fleisch?
Die meisten großen Unternehmen werden an einer Konsolidierung nicht vorbeikommen. Wir sind in diesem Markt mit ca. 2 Prozent Marktanteil einer der „kleineren Player“. Unsere Größe kommt uns in dieser Situation natürlich zu Gute. Wir gehen davon aus, das wir in diesem Markumfeld weiterhin unverändert gut bestehen können.

Machen Sie sich Sorgen um die Zukunft der Schweinehaltung?
Ja, in den vergangenen Jahren hat sich der Rückgang der schweinehaltenden Betriebe in Deutschland nochmals verstärkt. In den vergangen 10 Jahren haben über 40 Prozent der Betriebe aufgegeben. Diese Zahl ist schon sehr alarmierend. Es besteht die große Gefahr, dass sich die Produktion weiter ins Ausland verlagert und dort das Fleisch mit geringeren Auflagen und Standards produziert wird. Der Anteil an Fleischprodukten mit 4 x D in den deutschen Regalen wird im Ergebnis abnehmen.

In welcher Weise könnte Ihnen der Staat behilflich sein?
Der Staat könnte uns wesentlich durch den Bürokratieabbau behilflich sein. Seit über 30 Jahren erleben wir diese Diskussion. Im Ergebnis müssen wir konstatieren, dass genau das Gegenteil eingetreten ist und dieser Werdegang anhält.

Wie geht es mit der branchenübergreifenden „Initiative Tierwohl“ (ITW) weiter?
Die Initiative Tierwohl hat sich in kürzester Zeit sehr erfolgreich am Markt etabliert. Mittlerweile sind fast zwei Drittel aller Mastschweine von dem Tierwohllabel erfasst. Trotz der Einführung einer staatlichen Tierwohlkennzeichnung hatten sich Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Handel auf eine Fortführung des Programms verständigt. Ob sich zukünftig privatwirtschaftliche oder staatliche Tierwohlprogramme durchsetzen, oder auch beide, ist momentan schwer einzuschätzen.

Gibt es denn bei Ihnen noch genügend Fachkräfte? Wie lösen Sie das Problem?
Nein, insbesondere in der Produktion können wir die Fachkräfte nicht in ausreichender Zahl auf dem Arbeitsmarkt finden. Um das Problem zu lösen, muss mehr in die Aus- und Weiterbildung des Personals investiert werden. Darüber hinaus müssen die Investitionen in Programme zur Anwerbung und Bindung von Mitarbeitern erhöht werden. Es gilt, weitere Arbeitsprozesse zu vereinfachen/zu teilen. Die Erhöhung des Automatisierungsgrades sollte ein weiterer Schritt sein

Kann Ihnen denn KI helfen?
Das Thema ist gerade noch ziemlich am Anfang, hat aber enormes Potential. Mit Hilfe von KI können im Bereich der Produktion Fachkräfte entlastest werden. Hierdurch lässt sich die Produktivität erhöhen, was wiederum dem Fachkräftemangel entgegenwirkt. Im Bereich der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung  laufen gerade KI-Testprojekte, es ist durchaus denkbar, dass standardisierte Prozesse wie beispielsweise die Organbefundung vorrangig durch KI durchgeführt wird und nur bei Auffälligkeiten das amtliche Personal tätig werden muss.

Werden Sie weiter nur in Deutschland bleiben?
Aktuell haben wir keine Bestrebungen im Ausland tätig zu werden. Sollten sich die Gegebenheiten in Deutschland ändern, werden auch wir uns auf diese einstellen.

Machen Sie sich Sorgen über die Zukunft von Fleisch?
Nein, es wird immer Menschen geben, die auf den Verzehr von Fleisch nicht verzichten möchten. Weltweit steigt der Fleischkonsum ja auch jedes Jahr an. Marktveränderungen hat es zu jeder Zeit gegeben und wir werden auch diese Veränderungen überdauern.

Wie wichtig ist für Sie Fairness in der Kette?
Dies ist für uns von sehr großer Bedeutung, daher pflegen wir unsere Liefer- und Kundenbeziehungen. Wir sind davon überzeugt, dass nur ein fairer Umgang mit allen Beteiligten zu langfristig stabilen und krisensicheren Lieferketten führen kann.

Was gibt es Neues bei Simon-Fleisch?
Zum 01.01.2023 hat die Simon-Fleisch Holding GmbH einen 50 prozentigen Anteil an dem Viehhandelsunternehmen Volker Hamel GmbH übernommen. Im Zuge des Generationswechsels hat sich die Familie Hamel entschlossen, die Familie Simon als weiteren Gesellschafter aufzunehmen. Die Unternehmen arbeiten seit vielen Jahren eng zusammen.

Wie konnten Sie den Schlachthof Gerolstein (Eifelfleisch GmbH) in Ihr Unternehmen integrieren?
Aktuell schlachten wir Rinder an den Standorten Prüm und Gerolstein. Der Betrieb in Prüm ist über 100 Jahre alt und liegt in der Innenstadt, eine Erweiterung war dort nicht mehr möglich. Aus diesem Grund erfolgte der Erwerb des Schlachthofs in Gerolstein im Jahr 2021. Die Rinderschlachtung der Unternehmensgruppe soll mittelfristig an diesem Standort konzentriert werden. Zunächst wurden dort umfangreiche Sanierungsmaßnahmen in sämtlichen Bereichen durchgeführt. Diese sind nun abgeschlossen und die Schlacht- und Zerlegemengen werden nun sukzessive erhöht.

Wie läuft der Ausbau im Werk Wittlich?
In Wittlich investieren wir jährlich in die Modernisierung des Betriebes. In diesem Jahr haben wir eine neue Anlage für die Schweinezerlegung installiert. Durch eine deutliche Erhöhung im Automatisierungsgrad konnten wir die Produktivität bereits nach kurzer Zeit deutlich steigern. Es ist geplant, auch im Bereich der Schlachtung den Automatisierungsgrad durch den Einsatz von Robotertechnik in den nächsten Jahren zu erhöhen.

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