Michael Gore (Foto) ist Geschäftsführer des Febev, des Verbands der belgischen Schlachthöfe und Zerlegebetriebe. Dieser hat 130 Mitglieder aus allen drei Regionen Belgiens. Sie repräsentieren mehr als 90 Prozent des nationalen Umsatzes in der Fleischwirtschaft. Im Vorfeld der Anuga 2023 hat Jens Hertling mit ihm über die Fleischwirtschaft gesprochen.
Ist die belgische Fleischwirtschaft gut aufgestellt?
Michael Gore: Die Fleischwirtschaft Belgiens steht vor zahlreichen Herausforderungen. So beschäftigen uns rückläufige Bestandszahlen. Ferner sind die Nachwirkungen der 2019er-Krise in der Schweinebranche und die politische Stickstoffdebatte maßgeblich dafür verantwortlich, ob die Erzeuger weitermachen. Nicht zu unterschätzen sind auch die strengen Nachhaltigkeitsmaßnahmen, die von allen Akteuren in der Lebensmittelproduktionskette ergriffen werden müssen.
Was sind die drängendsten aktuellen Fragen?
Planungssicherheit ist das Nonplusultra. Die Erzeuger brauchen Stabilität, einen robusten Rechtsrahmen und solide Zukunftsperspektiven. Fehlt nur einer dieser Parameter, so führt das zu einer Abwärtsspirale mit schwerwiegenden Folgen für die gesamte Wertschöpfungskette. Die derzeit dringlichste Aufgabe, die Belgien zu bewältigen hat, ist die Verabschiedung eines EU-konformen Stickstoffgesetzes.
Vor welchen Herausforderungen steht der Sektor?
Im globalen Kontext ist Nachhaltigkeit derzeit eines der wichtigsten Themen. Die Fleischwirtschaft ist nachhaltig, aber es fehlt eine Struktur, die das kreislauforientierte, nachhaltige Engagement der Stakeholder untermauert. In der Presse ist Fleisch vielfach mit einem negativen Stigma behaftet. Die gesundheitlichen Aspekte bleiben schlichtweg außen vor, ebenso wie die Kreislaufwirtschaft, in der alle (Neben-)Produkte in den verschiedensten Industriezweigen Verwendung finden. Das gilt es öffentlich wirksam zu kommunizieren.
Was macht Sie optimistisch die Zukunft?
Auf jeden Fall sind wir lösungsorientiert aufgestellt. Bestes Beispiel dafür ist der von Febev initiierte Nachhaltigkeitsmonitor. Damit verfügen unsere Mitglieder über ein Instrument, das ihre Nachhaltigkeitsbemühungen dokumentiert. Anhand eines Bench markings werden Stärken herausgestellt und Schwach stellen behoben. Die Ergebnisse werden von unabhängigen Stellen analysiert. Anschließend erhalten die Betriebe ein Febev-Nachhaltigkeitszertifikat.
Die Febev hat vor Kurzem offiziell den Startschuss für ein nachhaltiges Monitoring gegeben. Warum?
Wir haben den Monitor entwickelt, weil wir festgestellt haben, dass unsere Unternehmen Unterstützung brauchten. Außerdem war es uns wichtig, über ein messbares Instrument zu verfügen. Das geht aber nur, wenn Standardformulare mit Schlüsselparametern bereitgestellt werden. Schließlich können dauerhafte Veränderungen nur dann erzielt werden, wenn sie von innen heraus angestoßen werden. Für Febev-Plus-zertifizierte Mitglieder ist die Teilnahme am Nachhaltigkeitsmonitor seit Anfang Juli obligatorisch.