Tierwohl „Anderen mit gutem Beispiel vorangehen.“

Edekanerin Stefanie Brehm stellt mit dem Bruderkalbprojekt „Rettet Lars“ ein regionales Vorzeigeprojekt auf die Beine.

Freitag, 15. September 2023 - Fleisch
Jens Hertling
Artikelbild „Anderen mit gutem Beispiel vorangehen.“
Bildquelle: Benjamin Jehne

Wer bei Edeka Brehm in Berlin an der Frischetheke einkauft, stößt unweigerlich auf ihn: Eine kleine Kälbchen-Plüschfigur namens „Lars“ ziert die Theke. Dazu gibt es Flyer mit der Aufschrift „Rettet Lars“. Worum geht es und vor allem: Wer ist Lars? „Rettet Lars ist der Werbetitel unseres Bruderkalbprojekts, das wir 2018 mit einigen regionalen Kooperationspartnern gestartet haben“, berichtet Stefanie Brehm, Inhaberin von Edeka Brehm in Berlin. Einer dieser Partner ist das Ökodorf Brodowin. „Hinter ‚Rettet Lars‘ steht ein Problem, das in verschiedenen Bereichen der Tierhaltung auftritt“, sagt Franziska Rutscher, Pressesprecherin in Brodowin. Um den hohen Milchbedarf zu decken, ist nicht nur eine große Anzahl von Milchkühen erforderlich. Die Tiere bekommen zudem jährlich ein Kalb, damit sie weiterhin Milch geben, welches in 50% der Fälle naturgemäß männlich ist, so Rutscher. Aber wie auch bei männlichen Legeküken, sind Bullenkälber von Milchvieh-Rassen für einen Zuchtbetrieb nicht rentabel. Die Gründe dafür sieht Rutscher nicht nur in der Spezialisierung vieler Betriebe auf die Milchproduktion, sondern vor allem darin, dass die Milchrassen im Vergleich zu den Fleischrassen zu wenig Fleisch ansetzen. Viele Biobauern, so Rutscher, seien dann gezwungen, die Bullenkälber ihrer Milchkühe an konventionelle Mastbetriebe abzugeben, wo die Bullenkälber unter qualvollen Bedingungen gemästet würden. Dies sei eine Situation, die emotional nicht zu ertragen sei. „Auch wir mussten lange Zeit unsere Bullenkälber für 28 Euro verkaufen, nachdem wir bereits 150 Euro in Futter und Pflege investiert hatten. „Ein Problem, das nicht nur finanziell, sondern auch ethisch zu lösen ist, ohne dass dafür Fördermittel zur Verfügung stehen“, so Rutscher. Glücklicherweise ist Edeka Brehm auf uns zugekommen, um das Problem zu lösen", sagt sie.

Das Ergebnis war die Gründung des Bruderkalb-Projekts „Rettet Lars“. Es wurde die folgende Vereinbarung getroffen: Jährlich werden 18 Bullenkälber von Edeka Brehm in Brodowin gekauft. Die Kosten für die Kälberaufzucht wie Futter und Personal werden von Edeka Brehm übernommen. „Dies garantiert eine längere, artgerechte Aufzucht. An Tieren verdienen wir zwar nichts, wir haben aber auch keine zusätzlichen Kosten. Das Konzept passt dann auch wieder in unsere Tierschutzstrategie“, sagt Rutscher. Zwölf dieser Kälber werden in Brodowin ein halbes Jahr artgerecht aufgezogen, bevor sie auf dem für seine schonende Schlachtung bekannten Gut Kerkow geschlachtet und zerlegt werden. Der kurze Transportweg vom Aufzuchtbetrieb zum Schlachthof ist ein wichtiger Vorteil der Partnerschaft mit Kerkow. Nur etwa 35 Kilometer trennen die beiden Betriebe“, sagt Rutscher. Die restlichen sechs Tiere werden von einem weiteren Partner, dem Landwirt Mull, aufgezogen. Mull ist ein erfahrener Bio-Landwirt. Er betreibt unter anderem die Fleischerei Herold in Lychen. Die Aufzucht bei Bauer Mull dauert 18 Monate. In beiden Fällen verbringen die Kälber die meiste Zeit ihres Lebens im Freien. Die geschlachteten Tiere werden dann in der hauseigenen Metzgerei Herold zu hochwertigen Wurstspezialitäten verarbeitet und in den Märkten von Edeka Brehm exklusiv im Rahmen der Aktion „Rettet Lars“ verkauft. „Unser Ziel ist es, in Zukunft alle Bruderkälber so zu vermarkten“, sagt Franziska Rutscher. Händlerin Stefanie Brehm ergänzt: „Mit dieser regionalen Kooperation möchten wir gerne eine Vorbildfunktion für andere Händler übernehmen. Ich würde mir wünschen, dass noch viel mehr Händler in Tierwohl investieren. Auch wenn dahinter nicht immer eine schwarze Null steht.“

Zur Person

Inhaberin Stefanie Brehm (Edeka Brehm) möchte mit dem Projekt „Rettet Lars“ gern eine Vorbildfunktion übernehmen. Sie wünscht sich, dass noch mehr Händler in den Tierschutz investieren, „auch wenn dahinter nicht immer eine schwarze Null steht“.

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