Schwarzwälder, Katen-, Westfälischer oder Coburger Schinken sind die bekanntesten Namen beliebter Schinkenspezialitäten in Deutschland. Die Absatzgebiete sind zum Teil fest definiert. Dies gilt insbesondere für den Katenschinken aus dem Norden und den Schwarzwälder Schinken aus dem Süden Deutschlands. Was das in der Praxis bedeutet, erläutert Stephan Holst, Leiter Marketing bei Bell Deutschland: „Der am Knochen gereifte norddeutsche Katenschinken wird in Süddeutschland kaum verkauft.“ Er muss es wissen, denn die Marke Abraham von Bell ist deutscher Marktführer bei Rohschinken. In einem leicht rückläufigen Gesamtmarkt verzeichnet Bell sowohl für 2022 als auch für das laufende Jahr eine positive Absatzentwicklung. Die Marktposition von Bell auf dem deutschen Markt für Rohschinken soll laut Holst weiter ausgebaut werden.
Einen Trend, der in Deutschland schon länger anhält, hat Bell mit dem spanischen Serrano-Schinken für sich entdeckt. „Die Nachfrage nach spanischem Serrano-Schinken ist sehr hoch. Angesichts des Umstandes, dass Spanien das Reiseziel Nummer eins der Deutschen ist, ist dies letztendlich jedoch wenig überraschend. Die Urlaubsrückkehrer wollen das spanische Lebensgefühl zu Hause wiederentdecken“, sagt Holst. Insofern war es eine kluge Entscheidung, bereits 2005 mit einer eigenen Produktionsstätte in Spanien die Produktion für den deutschen Markt selbst in die Hand zu nehmen. Mittlerweile gibt es in Spanien drei Werke für spanische Schinken- und Wurstwaren. Diese gehören organisatorisch ebenfalls zu Bell Deutschland. „Die Deutschen stehen dem Thema Rohschinken viel aufgeschlossener gegenüber als ihre Nachbarn in anderen Ländern“, sagt Holst. Marktforscher schätzen, dass der Verkauf von Serrano-Schinken in Selbstbedienungsläden hierzulande einen Wert von rund 80 Millionen Euro pro Jahr hat. „Bei diesen Zahlen ist zu bedenken, dass es sich nur um SB-Umsätze im Retail handelt. Die Thekenverkäufe und der AHV-Konsum sind nicht inkludiert, sodass ich den Endverbraucherumsatz mit Serrano in Deutschland auf über 100 Millionen Euro pro Jahr schätze.“
Marktführer bei Serrano-Schinken
Auch in diesem Bereich spielt der Schinkenhersteller Bell eine wichtige Rolle. Die stärkste Marke für Serrano in Deutschland ist laut führenden Marktforschungsinstituten Abraham von Bell. Ein Grund dafür ist, dass Bell frühzeitig erkannt hat, welche Formen des Rohschinkenangebots für die deutschen Konsumenten attraktiv sind. Für kleinere Verbrauchsmengen entwickelte das Unternehmen moderne Verpackungskonzepte. Die praktisch geformte Faltpackung, die sich leicht öffnen und wieder verschließen lässt, ist laut Holst eine der erfolgreichsten Verpackungen im SB-Wurst-/-Schinkenmarkt. So konnte Abraham Serrano in der 80-Gramm-Faltschachtel im Vergleich zum Vorjahr um 10 Prozent zulegen, wie der Marketingleiter mitteilt. Insgesamt entfallen rund 10 Prozent der Ausgaben deutscher Haushalte für Serrano auf Abraham Serrano in der 80-Gramm-Faltschachtel.
Einen wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hat die Produktkommunikation von Abraham am PoS, wo die Markenbotschaften gezielt an die Konsumenten herangetragen werden. Zur weiteren Ansprache der Verbraucher wird nach Angaben von Holst eine 360-Grad-Kampagne durchgeführt, die von Juli bis September läuft und aus Radiowerbung, Plakatkampagnen, Online-Werbung, Social Media und einem Video auf Online-Plattformen besteht. Neben dem Kerngebiet im Norden (Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein) wird auch Nordrhein-Westfalen einbezogen, um die Markenbekanntheit im bevölkerungsreichsten Bundesland zu steigern. Eine Zweitplatzierungsoffensive für Abraham Rohschinken wird von Holst ebenfalls für dieses Jahr angekündigt. Da Rohschinken durch die starke Trocknung gut haltbar ist, kann er im Gegensatz zu anderen Produkten dieser Kategorie auch ungekühlt angeboten werden. Neben Rohschinken bietet Bell hierzulande Frischfleisch unter der Marke Gourmet naturel sowie internationale Wurstspezialitäten von Produzenten wie Bell Polska an. Eine große Rolle spielt bei dem Schinkenhersteller auch das Thema Nachhaltigkeit: Seit März 2021 setzt Bell deshalb bei Faltpackungen auf eine recycelbare Folienlösung. Das neue Monomaterial kann in den Recyclingkreislauf zurückgeführt werden. Es ist zu 93 Prozent wiederverwertbar.
3 Fragen an
Stephan Holst, Bereichsleitung Marketing, Bell Deutschland
Wie sieht der Absatz bei höheren Stufen der Tierhaltung aus?
Stephan Holst: Bis 2022 konnten wir bei den Produkten mit Rohstoffen aus höheren Haltungsformen nur bei Bio-Rohschinken Zuwächse verzeichnen. Deshalb setzen wir bei Bell Deutschland auch auf Bio-Produkte. Ab sofort haben wir einen Bio-Serrano in Reserva-Qualität im Sortiment. Damit setzen wir auf Qualität für eine anspruchsvolle Kundschaft im Lebensmitteleinzelhandel.
Wer liefert die Rohmaterialien?
Das Fleisch wird von spanischen Lieferanten aus ökologischem Landbau bezogen. Die Verarbeitung erfolgt in unserem Werk im spanischen Fuensalida, das auch biozertifiziert ist.
Wie hoch ist der Bio-Anteil bei Rohschinken bei Bell?
Bio hat derzeit einen Anteil von etwas mehr als 2 Prozent am Gesamtabsatz von Rohschinken in Deutschland. Wir haben in den letzten Jahren zweistellige Wachstumsraten bei Bio erzielt. Das gilt sowohl für die Marke Abraham als auch für die Handelsmarken. In den letzten Jahren ist in diesem Bereich ein deutlicher Trend nach oben zu verzeichnen. Der Rohstoff für Bio-Schinken für die deutschen Werke ist durch die Partnerschaft mit dem niederländischen Marktführer für Bio-Fleisch „Der Grüne Weg“ langfristig gesichert.
