Die Corona-Pandemie hat Müller Fleisch, als fünftgrößtes Schlachtunternehmen, kaum beeinflusst. „Wir werden sicherlich nicht geschwächt daraus hervorgehen. Unsere Partner – die Erzeuger und der Handel – haben festgestellt, dass Müller Fleisch auch in Pandemiezeiten ein verlässlicher Partner ist“, sagt Martin Müller, der gemeinsam mit seinem Bruder Stefan das Unternehmen seit über 20 Jahren führt. Das Thema Werkvertrag sieht der Geschäftsführer dafür aber endgültig vom Tisch: „Wir leben jetzt seit acht Monaten mit dieser geänderten Situation.“ Die notwendige Flexibilität soll durch Arbeitszeitkonten, Freizeitregelungen etc. weiter ausgeglichen werden, so Martin Müller. Besonderes Augenmerk gilt dem Unternehmen der Ausbau zu seinen landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben: „Wir haben den Regionalpakt für Süddeutsche Schweine (SDS) ins Leben gerufen. Damit verbunden waren Sonderzahlungen für Ferkelerzeuger und Schweinehalter. Zudem hat die Müller-Gruppe die Vertragsschweinemäster auf dem Weg zur Haltungsform 2 der Initiative Tierwohl unterstützt und ihnen seit Jahresbeginn freiwillig einen Übergangsbonus gezahlt. Dieser wird nun von der Müller-Gruppe ab sofort als Regional- und ITW-Zuschlag vergütet.“ Für die Müller-Gruppe spielt die regionale Vermarktung eine große Rolle, da „wir unter den großen Schlacht- und Verarbeitungsbetrieben branchenweit den höchsten Anteil regionaler Vermarktung haben. Dennoch wollen wir in unserer Heimatregion Süddeutschland noch weitere Marktanteile dazugewinnen.“
Fleisch „Made in Germany“ hat einen hohen Stellenwert
Martin Müller begrüßt die Initiative des Discounters Aldi, der ab 2030 nur noch Frischfleisch aus Außenklima- und Bio-Haltung der Haltungsformen 3 und 4 verkaufen will. „Die Initiative zeigt, dass Fleisch „made in Germany“ einen hohen Stellenwert hat und behalten wird. Damit ist auch die Existenz vieler süddeutscher landwirtschaftlicher Familienbetriebe ein Stück weit sicherer geworden und die Empfehlungen der Borchert-Kommission zum Umbau der Nutztierhaltung können nun konkret umgesetzt werden.“ Für Müller Fleisch bedeutet das in der Zukunft, dass es jetzt gelte, den süddeutschen Erzeugern mindestens für die nächsten 15–20 Jahre von staatlicher Seite zu garantieren, dass sich die hohen Investitionen in Stall‧umbau und Neubau auch langfristig tragen. Martin Müller betonte weiter im LP-Interview, dass der Handel neben den Erzeugern ein wichtiger Partner in der Wertschöpfungskette darstelle. „Neben unseren eigenen seit Jahren bestehenden Regionalprogrammen arbeiten wir mit der Edeka Südwest beim Gutfleisch-Programm zusammen, wo Regionalität und Haltung geregelt sind. Dazu kommen weitere Programme mit anderen Partnern des Lebensmittelhandels. Bei Rind forcieren wir zudem das ‚Heimatrind‘.“ Er ergänzt: „Als Bindeglied zwischen Vermarkter und Erzeuger kommt uns deshalb eine besondere Rolle zu. Das ist aber für uns nichts Neues – wir sind in einem sehr guten Austausch mit beiden Partnern der Kette.“ Er betont, dass Müller Fleisch in Zukunft weiter wachsen will: „Die Anforderungen an die Technik und die Mitarbeiter steigen – wir müssen immer weiter ein wenig professioneller werden. Wir haben uns eine wichtige Position in Süddeutschland erarbeitet, die wir weiter ausbauen wollen. Die Erzeuger und der Handel brauchen hier gut funktionierende und leistende Verarbeiter. Um diesen Anforderungen weiter gerecht zu werden, wollen wir immer weiter wachsen.“
Der Schlachthof Bayreuth wird ausgebaut
Martin Müller erwartet, dass die weltweite Corona-Pandemie und der Umbau der Nutztierhaltung zu einem Umbruch in der Schlachthofstruktur führen werden. Trotz der allgemein rückläufigen Tierzahlen will die Müller-Gruppe die Schlachtungen auf dem aktuellen Niveau von rund 2,1 Mio. Schweinen halten: „Es gibt Prognosen, wonach die Zahl der Schlachtschweine in Deutschland zurückgehen wird. Ich erwarte für die Zukunft, dass in Deutschland die Zahl der Schlachtschweine sinkt. Wir sind gut darauf vorbereitet.“ Bei den Rinderschlachtungen ist laut Müller ein Wachstum geplant. Wurden 2019 rund 320.000 Rinder geschlachtet und vermarktet, sollen es künftig 320.000 bis 340.000 Tiere werden. Dafür baut das Familienunternehmen unter anderem den Standort Bayreuth aus. Hier sollen statt 70.000 demnächst 100.000 Rinder im Jahr geschlachtet werden. Deshalb fließen rund 10 Millionen Euro in eine neue Rinderkühlung und -abviertelung, Lagerräume und Versand sowie in Platz für die Vermarktung von bayrischem Schwein. Auch sonst stellt sich das Unternehmen zukunftsorientiert auf: Am Stammsitz Birkenfeld wurde ein neues TK-Hochregallager mit 9.000 Palettenplätzen fertiggestellt. Dazu kommen ein Veredelungsbereich mit Steakzentrum und Reiferäume, in das ein zweistelliger Millionenbetrag investiert werden.
Wie denkt Martin Müller über die Zukunft? „Tendenziell geht der Fleisch- und Wurstkonsum in Deutschland rein von der Menge her leicht zurück. Andere Produkte wie Veggie sind trendy, haben aber geringe Marktanteile in diesem Bereich.“ Er geht davon aus, dass es trotzdem keinen kompletten Sinneswandel bezüglich des Fleischkonsums geben wird. Die Wertigkeit und der Nutzen von Fleisch wird seiner Meinung nach weiter erhalten bleiben. „So wie sich die Landwirtschaft, das Bewusstsein Tierwohl und Gesundheit und weitere Faktoren verändern, so wird sich die Fleischproduktion und der Konsum ein Stück weit anpassen“, sagt Martin Müller. Er ergänzt: „Im Moment konzentrieren wir uns auf das Fleisch. Das heißt aber nicht, dass der vegetarische Markt in Zukunft für uns nicht ein Stück weit interessant sein könnte.“
Die Fakten
Die Müller Fleisch GmbH mit Hauptsitz in Birkenfeld bei Pforzheim wurde 1959 von Horst Müller gegründet. Geschäftsfelder sind die Schlachtung und Zerlegung von Rindern und Schweinen, die SB-Fleischproduktion, der Großhandel mit Frischfleisch, der Im- und Export sowie die Direktvermarktung an Großabnehmer.
Die Müller-Gruppe
Die Müller-Gruppe gehört mit 970 Millionen Euro Jahresumsatz zu den Top 10 der deutschen Fleischindustrie und nach Schlachtzahlen bei Rind (Platz 4) und Schwein zu den Top 5. Ein Viertel des Umsatzes wird im Export erlöst. Zur Gruppe zählen die Standorte Müller Fleisch in Birkenfeld, Ulmer Fleisch Schlacht- und Zerlegebetriebe, Bayreuther Fleisch und Ingolstädter Fleisch.