Kuchenmeister Hidden Champion aus Soest

Einst eine kleine Stadtbäckerei, ist Kuchenmeister heute einer der großen Player im Geschäft mit Kuchen und Brot. Das Unternehmen aus Soest setzt auf Automatisierung und Nachhaltigkeit.

Montag, 27. März 2023 -
Manuel Glasfort
Artikelbild Hidden Champion aus Soest
Bildquelle: Kuchenmeister

Der Kontrast könnte größer kaum sein: Auf der grünen Wiese neben dem neuen Werk von Kuchenmeister grasen ein paar Schafe auf der Weide, während in der riesigen neuen Halle Roboterarme die Produktion von Kuchen und Brot am Laufen halten. Hightech und Landleben existieren dicht an dicht bei dem Soester Kuchen- und Brotbäcker. Die Schafweide gehört selbstredend zum Unternehmen, auch ein Bienenvolk gibt es auf dem Gelände. Der Honig wird im Werksladen verkauft, berichtet Fabian Meiberg. Der 40-Jährige ist bei Kuchenmeister für die Unternehmensentwicklung und das Marketing zuständig.

Bei dem Familienunternehmen sind sie erkennbar stolz auf ihren neuen Standort, der vor zwei Jahren in Betrieb ging. Nachdem am ersten Soester Standort kein weiteres Wachstum mehr möglich war, entschloss sich das Unternehmen, auf dem Gelände einer ehemaligen Zuckerfabrik eine neue Produktionshalle mitsamt Gebäude für die Verwaltung zu errichten. Wichtig: Für den Neubau sollte kein Ackerland versiegelt werden, und so fiel die Wahl auf die Industriebrache. Kuchenmeister hat sich schon seit Längerem Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. Im Gespräch mit den Verantwortlichen wird schnell klar: Es geht hier nicht um Greenwashing, das Thema ist Kuchenmeister ernst. Das Unternehmen betreibt beispielsweise eine eigene Lkw-Flotte von 32 Fahrzeugen, die inzwischen fast komplett von Diesel auf Flüssiggas-Betrieb umgestellt wurden – das schont die Umwelt und das Gehör der Anwohner. Für den Bau der neuen Halle wurden Steine der alten Zuckerfabrik verwertet, wie Meiberg berichtet.

Spannend ist auch, was sich im Inneren der neuen Halle verbirgt. Wer sie betritt, wähnt sich nicht unbedingt in einer Großbäckerei. Es sind nur wenige Mitarbeiter zu sehen, stattdessen orange Roboterarme, wie man sie aus der Automobilindustrie kennt. Nur dass diese Arme keine Karosserien schweißen, sondern Kuchenbleche bewegen. Der Arm greift sich ein Blech, dreht es um und stürzt die Kleinkuchen Puk’s aus der Form. Dann legt er das benutzte Blech auf einem Förderband ab, das es Richtung Spülanlage abtransportiert.

Der Einsatz von Hightech ist für den Kuchenbäcker ein Balanceakt, wie Fabian Meiberg erklärt. So können die Roboter zwar helfen, einfache oder körperlich anstrengende Arbeiten zu übernehmen, für die sich mitunter auch keine menschlichen Mitarbeiter finden lassen. Allerdings kostet die Technik Geld und erfordert ihrerseits Personalressourcen. Kuchenmeister unterhält eine stattliche Konstruktions- und Technikabteilung. Sie stellt nicht nur sicher, dass die Fertigungslinien reibungslos laufen, sondern entwickelt auch im Zusammenspiel mit Zulieferern neue Maschinen.

Genug Platz für Wachstum
In der neuen Halle stehen bisher zwei Produktionsstraßen, an einer wird der Dessertkuchen Puk’s produziert, an der anderen Brot für die Bäckerei Haverland. Dazwischen gibt es in der Halle noch reichlich Platz für Wachstum. Der kleine runde Puk’s trägt seinen Namen aus gutem Grund, ähnelt er doch dem Sportgerät beim Eishockey. Mit sehr wenig Personal fertigt Kuchenmeister am neuen Standort eine hohe Zahl dieser Dessertkuchen. So sieht man am Beginn der Produktionsstraßen noch einige Bäcker Zutaten abwiegen und hinzugeben. Dabei handelt es sich um Kleinstkomponenten wie Backtriebmittel. Schokolade und andere Zutaten werden maschinell zugefügt. Auch am anderen Ende der Fertigungsstraße sind Mitarbeiter zu beobachten. Nachdem die Kuchen schon per Metalldetektor und Röntgengerät auf Fremdkörper gecheckt wurden, sind bei der Endkontrolle menschliche Augen und Hände gefragt. Danach wartet auf die einzeln in Folie verpackten Puk’s der Transport. Der Kleinkuchen ist ein Produkt, das einem in Supermärkten eher nicht begegnen wird, eher in Verkaufsautomaten oder in Krankenhäusern.

Brot, Kuchen, Tortenböden und Gebäck hat Kuchenmeister im Programm. Es ist einer dieser Hersteller, mit deren Produkten wahrscheinlich jeder schon einmal in Berührung gekommen ist, ohne es aber unbedingt zu wissen. Denn Kuchenmeister vertreibt seine Lebensmittel nicht nur unter der eigenen Marke, sondern produziert auch für Handelsmarken sowie für Marken wie Mövenpick oder Nestlé. Im B2B-Geschäft beliefert das Unternehmen andere Hersteller mit Vorprodukten, etwa Tortenböden. Somit ist Kuchenmeister breit aufgestellt – und größer, als mancher vermutet. Rund tausend Mitarbeiter beschäftigt der Hersteller an seinen Standorten in Soest, Thüle und im niedersächsischen Duingen, ein echter Hidden Champion. Aber mit einem Umsatz von 244 Millionen Euro im Jahr 2020 ist Kuchenmeister etwa halb so groß wie Bahlsen. Im selben Jahr blieb ein Überschuss von rund 13 Millionen Euro übrig. 2022 kam das Unternehmen nach vorläufigen Berechnungen auf einen Umsatz von rund 275 Millionen Euro. „Wir sind gewachsen, nicht zuletzt auch durch den Export“, erzählt Meiberg. „Wir haben eine Exportquote von etwa 30 Prozent. Deutsche Backwaren sind in vielen Ländern gefragt.“ Haltbare Produkte wie Stollen gehen sogar nach Übersee.

Das Unternehmen befindet sich im Besitz der Familie Trockels. Die drei Brüder Hans-Günter, Thomas und Uwe führen den Betrieb – ein Vorteil in turbulenten Zeiten. „Es waren schon sehr wilde Zeiten im letzten Jahr“, erzählt Meiberg. „Dadurch, dass die Familie Trockels operativ tätig ist, haben wir schnell gesehen, was da los ist. Wir haben früh gesagt: Wir müssen unsere Warenversorgung sicherstellen und Preise anpassen.“ Das sei nicht einfach gewesen. Dennoch sei man da jetzt durchgekommen und hoffe darauf, 2023 wieder normale Geschäfte machen zu können. Kann Kuchenmeister aktuell profitabel arbeiten? „Im Moment sind wir ganz gut aufgestellt, aber wer weiß, was da kommt.“

Die Turbulenzen an den Rohstoffmärkten haben ihre Spuren im Unternehmen hinterlassen. Der Einkauf spielt heute eine noch zentralere Rolle als früher. Die Einkaufsabteilung ist deutlich gewachsen. „Wir haben unseren Einkauf umstrukturiert und getrennt nach Operativen, die die Produktion am Laufen halten, und Strategen, die weiter in die Zukunft schauen“, sagt Meiberg.

Auch das Thema Mitarbeitergewinnung treibt die Verantwortlichen um, wie Justin Trockels erzählt, Sohn von Thomas Trockels und Leiter der Personal- und Organisationsentwicklung: „Mitarbeiter zu finden, ist schwierig geworden.“ Ein Unternehmen müsse sich da auch verändern. Früher habe die Personalabteilung sich auf die Arbeitsverträge und andere Basics konzentriert. „Jetzt haben wir das Ganze erweitert und legen einen stärkeren Fokus auf Personal- und Organisationsentwicklung. Weiterbildung, Onboarding, Recruiting und Mitarbeiterbindung sind heute für uns wichtige Themen.“

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