Interview mit Bert Kriewolt Kekse mit Ritual

Gebäck, das sind für Mondelez International die drei Sortimente Kekse, Kleinkuchen und Cracker. Dahinter stecken die Marken Oreo, Mikado, Milka, Bel-Vita, Tuc und Ritz.  Marketing Manager Bert Kriewolt über die Pläne für diese Produktlinien, die Diskussion um Fett und Zucker – und das Nasch-Ritual für Oreo-Kekse.

Dienstag, 26. März 2019 - Süßwaren
Andrea Kurtz
Artikelbild Kekse mit Ritual
Bildquelle: David Farcas

Gibt es den Trend bei Gebäck?
Bert Kriewolt: Den Trend schlechthin gibt es sicher nicht, aber zwei Bereiche treten derzeit sehr nach vorn. Es gibt im Keksregal zwar eine große Vielfalt, aber einige Segmente fehlen dennoch – das wissen wir aus den Konsumentenbefragungen. So gibt es keine Riegel: In diese Lücke, gerade für unterwegs, konnten wir mit Milka Crunchy Break stoßen. Und auch der Bereich Knabbern war im Keksregal nicht besetzt. Knabbern ist in Deutschland aber ein riesiger Markt, und so kommen unsere Oreo und Milka Joyfills da gut zupass.

43 Prozent weniger gesättigte Fettsäuren und 17 Prozent weniger Salz sind seit 2018 in 100 Gramm Oreo.

Sind das eher Produkttrends oder Verpackungstrends?
Packungsgrößen sind in der Tat ein großes Thema, auch wenn ich derzeit im Lebensmittelmarkt keine spektakulären Neuerungen sehe. Die Wunsch-Range der Kunden reicht von einer kleinen Packung über die Großpackung bis hin zu einer Single-Packung an der Tankstelle. Wir wollen unseren Kunden den richtigen Snack zum richtigen Moment in der richtigen Größe anbieten.

30 Prozent weniger Zucker wird demnächst in einem Cadbury-Riegel zu finden sein.

Dominieren die Kleinpackungen?
Ich würde sagen ja, aber in Deutschland darf ein Produkt bestimmte Preisschwellen nicht überschreiten. Wir sind also nach oben etwas limitiert. Großpackungen sind daher eher selten. Deswegen spielt bei den Kleinpackungen auch die Musik.

Gibt es spezielle Kinderprodukte?
Hier haben wir klare interne Richtlinien. Wir richten keine Werbung an Kinder unter 12 Jahren. Familienprodukte stehen bei uns im Fokus.

Sind Saisonprodukte in Planung oder bereits am Markt?
Ja, das begann schon im vergangenen Jahr; der Konsument zeigt Offenheit dafür, und Weihnachten ist ein sehr spannender Bereich. Denn Schokolade ist dabei natürlich stark, Kekse auch, aber mehr die klassischen Herbstgebäcke. Da sehen wir uns nicht, sondern wollen eher über die Verpackungs- und Produktkonzepte einen Mehrwert bieten, die der ganzen Familien Spaß machen.

Vegan, laktosefrei und Co. – wie gehen Sie mit diesen Zielgruppen um?
Noch stehen diese nicht im Fokus, doch wir haben sie im Blick. Well-Being ist ja ein Trend, der in ganz Deutschland wichtiger wird, und wir werden ihn sicher auch ausbauen. Bel-Vita war bereits ein Ansatz dazu, den wir weiterverfolgen und verfeinern – mit dem wir aber vielleicht ein bisschen zu früh waren. Dazu kommt: Die Oreo Original Kekse und auch die Oreo Double Kekse sind für eine vegane Ernährung geeignet, was aber für uns nicht im Fokus steht. Wir loben das speziell nicht aus, und kommunizieren das aktuell nur über Facebook oder Social Media auf Nachfrage.

Wie stehen Sie zur Zuckerdiskussion und der Reduktionsstrategie der Bundesregierung?
Wir produzieren Süßwaren und Gebäck; diese wird es nie ohne Zucker oder Fett geben können. Wir bemühen uns seit rund zehn Jahren, diese Produkte nachhaltig zu verbessern, haben aber immer im Blick, dass sie dem Konsumenten auch schmecken müssen. Anfang 2018 haben wir bei 100 Gramm Oreo Original beispielweise die gesättigten Fettsäuren
um 43 Prozent und den Salzgehalt um 17 Prozent reduziert. In Großbritannien wird es demnächst einen Cadbury-Riegel mit 30 Prozent
weniger Zucker geben; das werden wir uns natürlich genau ansehen. Bei Oreo beziehen wir den Kakao von Cocoa Life, bei verschiedenen Produkten den nachhaltig produzierten Weizen aus dem Programm Harmony. Das sind Hebel, mit denen wir auf breiter Front ansetzen. Die Politik will natürlich mehr konkrete Zahlen sehen; dazu stehen wir im Dialog mit den Branchenverbänden und werden schauen, wie wir hier weiter vorgehen.

Was passiert in Sachen Nachhaltigkeit, gerade in Bezug auf die einzelnen Inhaltsstoffe?
Am wichtigsten sind für uns Kakao und Weizen; andere Inhaltsstoffe werden wie alle Ingredienzien unserer Zulieferer kritisch und mit hohem Maßstab geprüft. Ich will nicht ausschließen, dass wir hier irgendwann auch spezielle Programme aufsetzen, aber der Fokus liegt nicht darauf. Die größte Wirkung erzielen wir mit Weizen und Kakao.

Wie stehen Sie zu einer Ampel?
Mit Nestlé, Coca-Cola und anderen arbeiten wir an einem farblichen Labelling und stehen damit mitten in der aktuellen Diskussion um die richtige Verbraucheraufklärung.

Was steht im Mittelpunkt des Marketings derzeit?
Unsere Maßgabe ist: immer auf den Konsumenten schauen und den Wettbewerb beobachten. Wir wollen immer anbieten, was es im Markt noch nicht gibt und damit Mehrwert für den Konsumenten und unsere Kategorien im Handel schaffen. Das funktioniert über das Testen von Konzepten, nicht über die bloße Erweiterung des Portfolio zum Beispiel in Form unterschiedlicher Geschmackssorten. Unser Ziel ist eher, mehr Übersichtlichkeit im Regal zu schaffen – durch neue Segmente.

Wie gehen Sie dabei vor?
Dabei müssen wir natürlich auch die zum Beispiel ganz unterschiedlichen Markenhistorien von Milka beziehungsweise Oreo beachten. Oreo haben wir 2009 in Deutschland eingeführt und lange Zeit war das „der Keks aus Amerika“. Wir haben diesen erst einmal in Deutschland bekannt gemacht und zeigen immer noch, welche Produkte eigentlich dazu gehören – wie etwa kürzlich in unserem Container-Pop-up-Dorf in Hamburg mit einigen Erlebniswelten zu dem, was alles zu Oreo gehört. Diese Marke will spielerisch sein.

... und was steht bei Milka an?
Im Gegensatz dazu steht Milka als die gelernte Schokoladenmarke, bei der der Konsument auf das Kekssortiment aufmerksam gemacht werden soll. Dafür positionieren wir die Keksdosen-Kampagne mit eigens dafür geschaffenen Figuren. Das haben wir über TV, Social Media und am PoS, aber auch über eine Roadshow in Deutschland und Österreich populär gemacht. Das Geheimnis liegt in der Schokolade: Diesen Gedanken wollen wir mit der Kampagne zeigen.

Wie spielen Sie das Thema salzig?
Seit zwei Jahren etwa positionieren wir uns deutlicher bei Tuc und werden noch deutlich aktiver werden. 2018 ist eine Werbekampagne gestartet, die auch eher auf den Bereich Knabbern abzielt, das Produkt als Alternative zu Chips positioniert. Dazu passt auch, dass wir kleine Cracker, die Baked Bites, als Innovation eingeführt haben. Diese kleine Range werden wir 2019 mit weiteren Sorten ausbauen. Wir wollen die Marke Schritt für Schritt modernisieren. Das ist unser Ziel für alle Marken: auch jüngere Konsumenten anzusprechen und zusätzliche Käuferreichweite für die Kategorien zu erzielen.

Welche Aktion war denn weniger erfolgreich?
Da würde ich auf Bel-Vita zurückkommen. Nicht nur, dass wir da unserer Zeit etwas voraus waren, wir haben uns zu sehr auf den Grundgedanken „Frühstücks-Alternative“ fokussiert und dabei unterschätzt, wie kontrovers das Thema Frühstück diskutiert wird. Dabei hat der Keks durchaus weniger Zucker und Fett als der durchschnittliche Keks im Regal und wäre daher schon ein guter Schritt in Richtung Well-Being. Das haben wir aber nicht so glaubhaft rüber bringen können. Wir haben unsere Lehren daraus gezogen und werden mit neuen Konzepten nachhaltig wiederkommen.

Wie werben Sie hauptsächlich?
Wir verknüpfen die klassische Werbung, beispielsweise über TV und Print mit Social Media, weil wir damit alle Zielgruppen gut bedienen können.

Zahlt sich Social Media denn am Regal aus?
Wir finden, ja. Gerade unsere gemeinsamen Aktionen mit Rewe Digital wie Test- oder Coupon-Aktivitäten verbinden on- und offline perfekt. Natürlich zeigt ein Massenmedium wie TV den schnellsten Ausschlag, aber die Digitalkampagne mit den Lochis für Oreo Double war einer der erfolgreichsten, die Mondelez je hatte. Das hat uns auch der Handel bestätigt. Junge Leute erreicht man ja kaum noch mit TV.

Welche Aktionen stehen 2019 an?
Wir waren seit Beginn des Jahres sehr aktiv, zum Beispiel mit der neuen Milka-Kampagne. Mikado soll im Laufe des Jahres eine größere Rolle spielen. Im Mittelpunkt wird auch Oreo stehen. Diese Marke soll eine Ikone in Deutschland werden, schließlich ist das der weltweit meistverkaufte Keks. Eine Maßnahme dazu war der Oreo Golden, den wir Anfang Januar präsentierten. Dieser zielt auf die Konsumenten ab, die vielleicht die „schwarz-weiße“ Anmutung des Klassikers nicht so schätzen. Eine weitere war der dünne Oreo-Keks „Crispy & thin“, der ein anderes, knusprigeres Geschmackserlebnis bietet. Bei den Kids zieht ja mit Double eher der Keks mit der größeren Füllung.

Wie isst man den klassischen Oreo?
Man dreht die Hälften auseinander, leckt die Creme ab und tunkt den Keks in Milch. „Twist, lick and dunk“ oder „drehen, lecken, eintauchen“: So nennen wir dieses Ritual.

Haben Sie eigentlich ein paar Platzierungstipps für den Handel?
Wir versuchen die bestehenden Ansätze via Category Management zu erweitern: Derzeit wird sehr stark nach Marken segmentiert, und das macht auch absolut Sinn. Dies wird ergänzt durch eine Segmentsicht. Wie man diese Produkte dann sortiert, hängt sehr von der Nutzung einer Marke durch die unterschiedlichen Zielgruppen ab. Marke, Segment und Zielgruppe ist der entscheidende Dreiklang. Der Austausch über solche Ideen ist wichtig mit dem Handel. Und das muss auch so sein, wenn wir die führende Marke im Keksbereich werden wollen. Da sind wir derzeit die Nummer drei im Markt; bei Cracker und Küchlein sind wir schon die Nummer eins. Wir wollen weiter angreifen und die Regale entstauben; dazu brauchen wir die Partnerschaft mit dem Handel.

19.545 Aufrufe hatten die Lochis bei Youtube mit ihrem Oreo-Test.

Sind Marken-Shops denkbar?
Wir sind kein Händler und überlassen diese Expertise gern unseren Partnern. Natürlich sind wir immer offen für Ideen zur Warenpräsentation, das kann dann auch eine Art Shopformat sein. Aber es gibt keine Pläne derzeit, selbst tätig zu werden. Pop-up-Stores, die Markenwelten zeigen, haben einen ganz anderen Zweck. Hier werden wir sicher weiter denken. Das Gleiche gilt übrigens auch für den E-Commerce: Wir unterstützen alle Handelspartner beim Aufbau dieser Kanäle. Der digitale Kunde sucht ja neben dem klassischen Warenkorb auch nach anderen Produkten, nach dem Besonderen, gibt vielleicht auch ein bisschen mehr Geld dafür aus. Das ist ein spannendes Feld für uns, aber selbst einsteigen werden wir sicher nicht.

Zur Person Bert Kriewolt

Bert Kriewolt ist seit Juli 2015 Associate Marketing Director Biscuits DACHU bei Mondelez International. Der Diplom-Ökonom begann seine Karriere als Assistant Brand Manager bereits 1999 im Snacking-Unternehmen. In den folgenden 20 Jahren war der heute 45-Jährige in verschiedenen Positionen im Marketing tätig. Dabei übernahm er kontinuierlich immer mehr Verantwortung, zuletzt als Marketing Manager für Bel-Vita in Europa..

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