Interview mit Philipp Wallisch Lehren, wie man fischt

Philipp Wallisch ist Marketingleiter von Milka. Die LP sprach mit dem gebürtigen Österreicher über Kindheitserinnerungen aus Schokolade, das Programm Cocoa-Life und den geplanten Neuauftritt der Marke in diesem Jahr.

Donnerstag, 05. Juli 2018 - Süßwaren
Andrea Kurtz
Artikelbild Lehren, wie man fischt
Bildquelle: Santiago Engelhardt für Lebensmittel Praxis, Mondelez

Sind wir dabei, vor lauter Nachhaltigkeitsgedanken den Genuss an der Schokolade zu verlieren?
Philipp Wallisch: Eine gute Frage. Aber nein, das glauben wir auf keinen Fall. Wir sind ja täglich im Dialog mit dem Kunden und wissen daher, dass ethisch und nachhaltig produzierter Kakao tatsächlich immer mehr und immer stärker nachgefragt wird. Deswegen ist es nur eine logische Konsequenz, dass man als Markenartikler in Nachhaltigkeit investiert.

Zur Person

Philipp Wallisch ist gebürtiger Österreicher und seit April 2017 Marketing Manager für die Marken Milka, Toblerone & Suchard in Deutschland, Österreich, Schweiz sowie Ungarn.

Ohne Nachhaltigkeitsaktivitäten können Sie Konsumentenwünsche nicht bedienen?
Unsere Nachhaltigkeitsaktivitäten werden von den Kunden und vor allem vom Handel sehr positiv aufgenommen. Dies passt übrigens auch eng zu unserer Markenhistorie: Das Wort Milka entstammt ja „Milch“ und „Kakao“, und wir haben seit Jahrzehnten das Commitment, die Milch tatsächlich aus der Alpenregion zu beziehen. Schon deswegen ist die Nutzung von nachhaltigem Kakao jetzt der nächste logische Schritt.

Welche Maßnahmen haben Sie bereits etabliert?
Wir haben das Programm Cocoa-Life ins Leben gerufen, das schon seit 2012 besteht. Dies wurde auch schon mit einigen globalen Marken wie Cadbury oder Marabou ausgerollt. Wir sind sehr stolz, dass jetzt auch Milka dazugehört. Ab August tragen Milka-Tafeln das Cocoa-Life-Logo. 2019 wird das gesamte Milka-Schokoladen-Segment in Europa auf Kakao aus Cocoa-Life umgestellt sein.

Mengenmäßig passt das?
Das muss funktionieren. Wenn wir uns für etwas verpflichten, müssen wir vorher alle Lieferanten et cetera gründlich überprüft haben.

Woher stammt die Hauptmenge?
Aus der Republik Cote d‘Ivoire (Elfenbeinküste) und aus Ghana. Dort liegt auch der Hauptaugenmerk für unsere Aktivitäten.

Erläutern Sie einmal Cocoa-Life?
Wir arbeiten heute schon mit rund 100.000 Kakaobauern zusammen. Das heißt, wenn wir dahinter auch die Familien der Bauern sehen, nehmen wir jetzt bereits positiven Einfluss auf 400.000 bis 500.000 Menschen. Mondelez wird bis 2022 400 Millionen US-Dollar in nachhaltig angebauten Kakao und in die Ausbildung der Kakaobauern investieren. Der Grundgedanke dabei ist: Wir wollen weiterhin Schokolade verkaufen, deswegen müssen wir dafür sorgen, dass die Kakaobauern auch weiterhin vom Anbau leben können.


Was bestimmt das Programm?
Der holistische Ansatz. Wir wollen florierende Gemeinden von Kakaobauern schaffen und begleiten. Da geht es nicht nur um die Umwelt, sondern vor allem um die bessere Ausbildung der Farmer. Mit diesen wollen wir Fragen wie „Wie und was pflanze ich?“, „Wann dünge ich?“ oder „Wie viel Schatten braucht ein Kakaobaum?“ gemeinsam beantworten. Denn solche kleinen Eingriffe können helfen, in relativ kurzer Zeit den Ertrag zu steigern, den ein einziger Baum bringt. Ebenso wichtig ist uns die Messbarkeit des Programms: Wir können mit Zahlen belegen, was wir im Rahmen von Cocoa-Life schon umgesetzt haben. Das Monitoring machen wir nicht allein, dabei helfen uns unabhängige Organisationen.

Wie fördern Sie denn die einzelnen Familien im Kakaofarming?
Einer der Eckpunkte von Cocoa-Life ist es, den Frauen eine Stimme zu geben. Wir initiieren Frauengruppen und helfen diesen – zum Beispiel beim Sparen für Nähmaschinen, mit denen dann Dinge zum Weiterverkauf angefertigt werden können. Wir haben bis 2017 rund 52.000 Frauen Zugang zu finanzieller Ausbildung beziehungsweise zu Krediten gegeben. Frauenförderung ist ein ganz zentrales Thema bei Cocoa-Life.

Unterstützen Sie die Bauern auch finanziell – zum Beispiel beim Kauf neuer Setzlinge?
Wie gesagt, unsere Partner vergeben auch Kredite, aber es geht uns um tätige, gezielte Hilfe – und kein Gießkannenprinzip. Wir geben also auch Setzlinge direkt aus; bis 2017 wurden mehr als 5,8 Millionen neue Pflanzen verteilt. Damit stellen wir auch sicher, dass die nächste Generation von Kakaobäumen gepflanzt wird, dass der alte Baumbestand erfrischt wird. 583 Baumschulen haben wir dazu aufgebaut.

Planen Sie auch eine eigene Plantage wie es Ihr Wettbewerber Ritter Sport in Nicaragua tut?
Das ist nicht der Grundgedanke von Cocoa-Life. Im Rahmen des Programms betreiben wir Kakao-Pilotanlagen; dort testen wir aber lediglich, um das erworbene Wissen dann auch wieder an unsere Cocoa-Life-Bauern weitergeben zu können – und planen keine große Produktion. Wir wollen auf die bestehende Landwirtschaft aufbauen und diese verbessern.

Bei aller Nachhaltigkeit: Welche Aktivitäten stehen bei Milka 2018 darüber hinaus im Fokus?
Wir arbeiten an einem großen Neuauftritt, das geht über die Marken-Renovierung längst hinaus. Die Tafel bekommt ein neues Gesicht, die Verpackung wird von glänzend auf matt umgestellt, das Logo wird modernisiert. Die ganze Haptik wird anders. Wir glauben, dass das besser zu Milka passt und uns vom Mitbewerber deutlicher differenziert. Ab August wird das sichtbar. Außerdem werden wir dann ausloben, das Milka frei von künstlichen Farbstoffe, Aromen und Konservierungsstoffen ist. Es wird eine Art „No-No-No-Logo“ dazu geben.

2017: Erfolg in Zahlen
  • plus 18 Prozent Trainings für Kakaobauern (etwa 90.000 Menschen)
  • 583 Baumschulen gegründet
  • 17.000 Menschen geschult, um zusätzliche Einkünfte zu generieren
  • in 516 Gemeinden wurden Child- Protection-Comittees geschaffen
  • mehr als eine Million Schattenbäume gepflanzt
  • ca. 70.000 Menschen in „Good Environmental Practices“ geschult

Welche Innovationen sind 2018 noch zu erwarten?
Ich freue mich jetzt schon auf die Oreo-Tafel, die auf der Sandwichtechnologie aufsetzt, die wir jetzt schon nutzen. Sie dürfen sich auf ein ganz neues Geschmackserlebnis freuen, in dem die Keksstückchen in der Schokolade zu finden sein werden. Das zweite Thema dabei wird Erdnuss-Crisp in der Kleintafel sein – für mich persönlich ein Geschmacks-Highlight. Geplant ist dies für das 3. Quartal 2018.

Was steht gerade im Mittelpunkt des Marketings?
Unsere neue Geschichte aus Lilaberg, die im Fernsehspot zu sehen ist. Da geht es um gemeinsamen Genuss und den Gedanken, wenn ich jemandem etwas Gutes tue, kommt es auch zu mir zurück.

Wie stehen Sie zur aktuellen Zuckerdiskussion?
Schokolade ist ein Genussmittel, und so soll es auch bleiben. Das sehen die Verbraucher auch so. Wir als Hersteller sind natürlich in der Verantwortung, transparent unsere Zutaten zu nennen. Wir weisen auch auf Portionsgrößen und den täglichen Verzehr hin. Die Konsumenten können sich so immer direkt informieren. Unsere Produkte sind bei den Konsumenten nach wie vor sehr beliebt. Ein Beispiel: Unsere Großtafel mit ihrem speziellen Biss hat im vergangenen Jahr ein doppelt zweistelliges Wachstum erzielt. Die Großtafel bringt ein besonderes multitexturelles Erlebnis, und das kommt beim Konsumenten extrem gut an.

Sie essen also auch gern Milka?
Aber ja. Für mich ist das die Erinnerung an die Großeltern, die uns immer eine Tafel mitgebracht haben, wenn sie zu Besuch kamen

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