Zum 1. Dezember 2023 hat die Bundesregierung die Lkw-Maut mit einem CO2-Aufschlag von 200 Euro pro Tonne CO2 fast verdoppelt. Den entsprechenden Gesetzentwurf nahm das Parlament im Oktober mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen das Votum von Union und AfD bei Enthaltung der Linksfraktion an. Die Regierung erwartet daraus Mehreinnahmen von 26,61 Milliarden Euro für die Jahre 2024 bis 2027. Auch für Transporter ab 3,5 Tonnen ist jetzt Maut fällig, die im besagten Zeitraum weitere vier Milliarden Euro einbringen soll.
Emissionsfreie Lkw sind bis Ende 2025 von der Maut befreit und werden danach mit 25 Prozent des regulären Satzes belastet. Nach der aktuellen Gesetzeslage gilt der ermäßigte Satz nur für elektrische und Wasserstoff-Antriebe, nicht aber für andere CO2-neutrale Antriebe mit E-Fuels oder Bio-LNG. Ab 1. Juli 2024 müssen auch Transporter ab 3,5 Tonnen Maut bezahlen. Davon befreit sind nur Handwerkerfahrzeuge unter 7,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht.
Im nächsten Jahr kommen mit der neuen Maut rund 7,6 Milliarden Euro Mehrbelastung auf den Straßen-güterverkehr zu. Die Wirtschaftsverbände lassen keinen Zweifel daran, dass sie diese Kosten an ihre jeweiligen Abnehmer durchreichen werden. Kein Unternehmen, so der Tenor in Industrie, Transportgewerbe und Handel, könne und werde die Mehrkosten allein schultern. 85 Prozent aller Güter in Deutschland werden laut Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) per Lkw transportiert. Bei den Gütern für den täglichen Bedarf, allen voran Lebensmittel, dürfte der Anteil noch höher sein, da diese nicht per Bahn in den Supermarkt transportiert werden können. Für die deutschen Konsumenten rechnet der BGL mit einer Mehrbelastung von rund 90 Euro pro Kopf und Jahr.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) warnt eindringlich vor einer Addition der Mautkosten im Produktpreis. „Die aktuelle Erhöhung befeuert die Kostenspirale für Lebensmittel und Getränke zusätzlich und das mehrfach, weil sowohl Rohstoffe als auch Produkte mehrmals transportiert werden müssen“, sagt BVE-Geschäftsführer Olivier Kölsch und stellt klar heraus: „Die damit verbundenen Mehrkosten können keinesfalls von den Lebensmittelherstellern allein aufgefangen werden!“
Vom Lebensmittelhandel auch nicht – das betont der Handelsverband Deutschland (HDE): „Den Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als mit den vorhandenen Fahrzeugen die steigenden Kosten durch die Maut in Kauf zu nehmen und weiterzugeben. Am Ende müssen sie in die Endverbraucherpreise eingerechnet werden und wirken preistreibend bei den Verbrauchern.“ Ulrich Binnebößel, HDE-Abteilungsleiter Logistik, kritisiert auch die neue Transporter-Maut: „Hiervon sind vor allem mittelständische Unternehmen des Einzelhandels betroffen, die ihre Waren selbstständig ausliefern.“
LEH beziffert Mehrkosten
Auf Unternehmensebene wird die Maut nicht nur unmittelbar als Kostenfaktor wirksam, sondern betrifft auch langfristige Investitionsentscheidungen für nachhaltige Logistikkonzepte. Die Edeka Minden-Hannover rechnet vor, dass sich die Mautgebühr mit der neuen CO2-Komponente je gefahrenem Kilometer von heute einheitlich 19 Cent um rund 15,9 Cent erhöhen wird. Insgesamt müsste sie für ihre rund 700 Lkw etwa 8 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr aufbringen – und das, obwohl sie Lkw einsetzt, die mit Bio-LNG weitgehend CO2-frei fahren.
Edeka Minden-Hannover hat dafür bereits eigene Tankstellen errichtet und will ab Ende 2025 mit Investitionen von 200 Millionen Euro ihre gesamte Flotte von rund 700 Lkw auf Bio-LNG umgestellt haben und künftig rund 40.000 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen. Schon heute sind ein Drittel der Flotte (rund 250 Fahrzeuge) mit Bio-LNG unterwegs. Der eingesetzte Bio-Treibstoff der niedersächsischen Firma Alternoil wird ausschließlich aus mit Windenergie erzeugtem grünem Wasserstoff und Biomethan aLPus zertifizierten biologischen Abfallprozessen gewonnen und erfüllt die Kriterien der Erneuerbare-Energien-Richtlinie 2 (REDII) der EU. Zu den Konsequenzen des neuen Maut-Gesetzes befragt, sagt eine Unternehmenssprecherin: „Wir prüfen derzeit die neue Gesetzeslage und unser weiteres Vorgehen.“