Mineralwasserdose Kein Gebinde von gestern

Im Interview erläutert Rhodius-Geschäftsführer Hannes Tack (Foto), warum er großes Potenzial für die Getränkedose sieht.

Donnerstag, 29. Februar 2024 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Kein Gebinde von gestern
Bildquelle: Rhodius Mineralquellen

Rhodius hat bereits vor 50 Jahren Mineralwasser in Dosen abgefüllt. Heute existiert dieser Markt in Deutschland kaum noch. Warum glauben Sie an ein Revival?
Hannes Tack: Wir beobachten, dass der Verkauf von Getränkedosen seit Einführung des Einwegpfandes 2003, als der Markt völlig einbrach, wieder stetig zunimmt, mit teilweise zweistelligen Wachstumsraten. Wir konzentrieren uns derzeit mehr auf das Ausland, glauben aber fest daran, dass Mineralwasser in der Dose als bequeme Lösung für Verbraucher und Handel auch hierzulande eine Zukunft hat. Wir planen hier konkrete Schritte.

Das ist überraschend. Dreht sich der 
politische Wind in Brüssel und Berlin nicht eher in Richtung Mehrweg?
Wir glauben nicht, dass es beispielsweise durch die Packaging and Packaging Waste Regulation (PPWR) zu einer Diskriminierung einzelner Verpackungslösungen kommen wird. Gerade Deutschland ist mit seinem Verpackungsmix mit Einweg und Mehrweg und den dazugehörigen Pfandsystemen sehr gut aufgestellt. Die Verbraucher wollen die Dose, das zeigt das Wachstum. Der Handel profitiert unter anderem von der guten Logistikperformance.

Die Dose profitiert auch von der starken Nachfrage nach Ready-to-Drink-Produkten, die Sie als Lohnfüller auch herstellen. Ist der Markt nicht irgendwann gesättigt?
Vor Einführung des Dosenpfandes stand der Absatz in Deutschland bei knapp 8 Milliarden Gebinden im Jahr. Aktuell nähern wir uns der 6-Milliarden-Marke wieder an. Alleine hier sieht man das Potenzial. Hinzu kommt, dass die Dose am gesamten Verpackungsmix in Deutschland einen eher kleinen Anteil hat, gerade im Vergleich mit ausländischen Märkten. Wir sind, was das Potenzial angeht, also sehr optimistisch.

Umweltverbände sehen die Dose allerdings kritisch. Die Produktion erfordere viel Energie, einen echten Kreislauf gebe es nicht. Was erwidern Sie den Kritikern?
Aus unserer Sicht gibt es klare Argumente, die für die Dose sprechen, auch im Bezug auf die Nachhaltigkeit. Aluminium ist zu 100 Prozent recyclingfähig, was dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft entspricht. Hinzu kommt, dass wir in Deutschland eine Sammelquote von fast 
100 Prozent haben. Damit sind wir Spitzenreiter in der EU.

Alte Dosen werden fleißig gesammelt, aus ihnen werden aber selten neue Getränke-
gebinde hergestellt. Ist dieses Downcycling nicht ein großes Manko?
Genau das ist ein häufiges Missverständnis. Man kann wegen der Materialeigenschaften von Aluminium eben nicht von einem Downcycling-Prozess sprechen. Der Begriff beschreibt ja, dass eine Verpackung stetig an Wert verliert und nicht mehr beispielsweise in der Lebensmittelindustrie eingesetzt werden kann. Eine zurückgegebene Dose jedoch kann in einem Bauteil für die Automobilindustrie oder einem Regal verwendet und später wieder zu einer Dose werden. Das geschieht heute schon. Das Material verliert eben nicht an Wert.

Trotzdem kann von einem geschlossenen Kreislauf, wie er bei Einweg-PET stark vorangetrieben wird, nicht die Rede sein.
Das ist richtig, und da wollen und müssen wir auch besser werden, denn wenn wir dem Verbraucher erklären können, dass aus einer alten Dose wieder neue gemacht werden, ist das eine klare und einfach zu verstehende Botschaft. Unser Partner, das Aluminiumunternehmen Speira, ist dabei, solche Möglichkeiten zu entwickeln. Wenn es darum geht, das Material in der Getränkebranche zu halten, ähnlich wie es derzeit bei Einweg-PET diskutiert wird, setzen wir uns durchaus auch für regulatorische Maßnahmen des Gesetzgebers ein. Wir sollten ein Erstzugriffsrecht haben, um die Kreislaufwirtschaft bei der Aluminiumdose weiter voranzutreiben. Es macht alleine aus dem Grund der Energieeffizienz Sinn: Eine recycelte Dose benötigt bis zu 95 Prozent weniger Energie als eine Dose aus Neumaterial. All dies sind Schritte, um das Gebinde für die Zukunft aufzustellen.

Können Sie sagen, wie viel Altmaterial in einer neuen Dose heute steckt?
Die letzte Zahl, die ich dazu gehört habe, lag bei mehr als 60 Prozent.

Rhodius bietet nicht nur die Dose, sondern eine breite Palette an Verpackungen an. Was halten Sie in diesem Zusammenhang von Mehrweg-Angebotspflichten?
Eine Produktions- und Angebotspflicht sehen wir kritisch. Sollte das kommen und der Discount verstärkt Mehrweg verkaufen, kommt es lediglich zu einer Verlagerung bei den Vertriebsstätten. Die Verbraucher kaufen dann mehr beim Discounter, worunter der regionale Fachhandel und kleinere Brunnen und Getränkehersteller leiden würden. Ob die Mehrwegquote damit erhöht werden könnte, ist zudem höchst fraglich. Ein zweites Thema, das uns umtreibt, ist der generell erhöhte Regulationsaufwand. Wir haben in Deutschland ein funktionierendes Mehrwegsystem, wir haben die Genossenschaft Deutscher Brunnen, Mehrwegsysteme bei den Händlern, den Fachgroßhandel. Warum sollte man diesen funktionierenden Markt durch neue Kennzeichnungspflichten noch stärker regulieren? Unsere Wirtschaft ist schon heute zu viel Bürokratie ausgesetzt. Gerade kleine und mittelständische Firmen können diesen Aufwand bald nicht mehr leisten. Auch aus Kostengründen.

Apropos Kosten: Rhodius hatte in den 
vergangenen zwei Jahren Preiserhöhungen durchgesetzt. Wie ist die Situation heute?
Die Energiekosten sind glücklicherweise leicht rückläufig. Trotzdem befinden wir uns in einem angespannten Markt mit hoher Inflation, Kaufzurückhaltung und gestiegenen Lohnkosten. Gerade im internationalen Vergleich ist die Produktion in Deutschland teuer. Die Situation entspannt sich, wir sind aber noch weit von den Gegebenheiten entfernt, wie sie vor dem Ukraine-Krieg geherrscht haben. Ich erwarte nicht, dass sich der Markt auf absehbare Zeit entspannen wird.

Zur Person

Hannes Tack, 
leitet mit seiner Schwester Frauke Helf den Mineralbrunnen Rhodius Mineral­quellen bereits in achter 
Generation. Er ist für die 
Bereiche Technik und Lohnabfüllung verantwortlich. Von 2011 bis 2015 leitete er die Vulkan Brauerei.

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