Coppenrath & Wiese Kritischen Zeiten trotzen

Inflation, Rohstoffkrisen, Produktionskosten: Coppenrath & Wiese-Chef Peter Schmidt zum schwierigen Marktumfeld.

Dienstag, 05. September 2023 - Sortimente
Theresa Kalmer und Andrea Kurtz
Artikelbild Kritischen Zeiten trotzen
Bildquelle: Timo Lutz

Wie schlägt sich die Marke Conditorei Coppenrath & Wiese im aktuellen Markt?
Peter Schmidt: Unsere Marke behauptet sich in diesem problematischen Umfeld weiterhin gut. Daran ist auch unsere Strategie maßgeblich beteiligt: Die Qualität der Produkte ist unantastbar. An den hohen Ansprüchen an unsere Standards verändern wir auch in kritischen Zeiten nichts. Dennoch haben auch wir, wie alle Hersteller, mit Problemen wie Rohstoffknappheit, Lieferkettenengpässen, erhöhten Preisen und der damit einhergehenden geschwächten Kaufkraft der Verbraucher zu kämpfen. Bei leicht rückläufigem Absatz ist der Umsatz nach internen Zahlen im 1. Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 7 Prozent gewachsen, dieses Wachstum basiert primär auf nicht vermeidbaren Preiserhöhungen.

Wie gehen Sie mit den Preisen um?
Im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie arbeiten wir schon länger an Optimierungen, von denen wir jetzt profitieren. Dazu gehört für uns, Energie zu sparen, Verpackungen zu minimieren, Lieferketten zu verbessern und sich, wo möglich, auf regionale Lieferanten zu fokussieren. Das hat es uns bereits in der herausfordernden Zeit der Corona-Pandemie ermöglicht, die meisten Kostenerhöhungen nicht an den Verbraucher weitergeben zu müssen. Jetzt aber waren auch wir gezwungen, unsere Preise anzuheben. Dies haben wir den Endkunden transparent mitgeteilt. Statt auf Tricks wie veränderte Verpackungsgrößen zurückzugreifen, weiten wir unser Angebot dahingehend aus, Produkte für unterschiedliche Haushaltsgrößen anzubieten.

Ist es überhaupt möglich, die hohen Energiekosten aufzufangen?
Wir haben drei verschiedene Ansätze erarbeitet. Die Herausforderung dabei war eher, diese in kürzester Zeit auch umzusetzen. Einer dieser Ansätze besteht in der Umstellung auf regenerative Energien. Mit der Fotovoltaik-Anlage auf unserem Werksgelände in Mettingen wollten wir zusätzlich unabhängiger von den üblichen Energiequellen werden. Sie soll noch 2023 in Betrieb genommen werden und uns ermöglichen, die Grundlast des Standorts Mettingen – allerdings ohne die Produktion – zu decken.

Und woher nehmen Sie die restliche Energie?
Damit beschäftigen sich die anderen beiden Ansätze. Zum einen ist da das Thema Flexibilität. Bisher nutzten wir Thermalöfen, die mit Gas beheizt wurden. Wir haben diese umgerüstet, um sie auch mit Öl betreiben zu können. Mittel- bis langfristig wäre eine weitere Alternative, diese auch mit (grünem) Strom betreiben zu können. Zum anderen haben wir ab 2013 begonnen, mit zahlreichen Einzelmaßnahmen Energie einzusparen und effizienter einzusetzen, indem unsere Ingenieure kontinuierlich die Unternehmensprozesse optimieren. So nutzen wir beispielsweise die Abwärme, die beim Backen entsteht, um damit unsere Bürokomplexe am Standort zu beheizen. Mit dem Know-how, das wir im Haus haben, schöpfen wir die Möglichkeiten bestmöglich aus.

Stichwort Fachkräftemangel: Wie stellen Sie sich darauf ein?
Aus meiner Sicht ist der Fachkräftemangel das anhaltendste Problem der Branche – deshalb sparen wir trotz der aktuell schwierigen Lage in diesem Bereich nicht, sondern investieren – in Mitarbeitende wie auch in die Aus- und Weiterbildung. Wir gehen das Thema Fachkräfte vor allem intern an und haben unser eigenes Aus- und Weiterbildungszentrum fertiggestellt, in dem wir insbesondere für die Produktion zurzeit rund 60 Mitarbeitende in Spezialberufen wie Linienführer oder Schichtleiter ausbilden. Diese sind am Markt einfach nicht mehr zu bekommen. Außerdem bieten wir so auch Ungelernten oder geringer Qualifizierten die Möglichkeit, über eine Art zweiten Bildungsweg anspruchsvollere Tätigkeiten zu übernehmen. Durch die Nähe der Ausbildungsstätte zur Produktion sind die Wege zwischen Lernen und Praxis kurz, was sich auf die Zusammenarbeit positiv auswirkt. Wir sind, trotz inzwischen über 3.000 Beschäftigten, im Kern immer noch ein Familienunternehmen.

Produkttrends: Welche bedienen Sie?
Auch hier ist neben Genuss das Thema Nachhaltigkeit ein großer Trend, den wir als langfristig betrachten und strategisch ausbauen. Wir bedienen diesen unter anderem mit unseren veganen Produkten, mit denen wir 2022 in den Markt eingestiegen sind. Als Erstes haben wir – als eine Art Test – unsere Apfelstrudel auf vegan umgestellt. Zusätzlich lebt das Produkt von regionalen Zutaten, denn die Äpfel stammen aus dem Alten Land nahe Hamburg. Unser eigener Apfelschälbetrieb schält die Äpfel hier vor Ort frisch; daraufhin gelangen sie unmittelbar in die Fertigung – an Qualität und Frische also kaum zu übertreffen. Im Herbst 2022 kam dann die Reihe „Classic meets Vegan“ dazu; diese ist mittlerweile flächendeckend verfügbar, mit dem ProVeg-Logo leicht zu finden, und mit 5,29 Euro pro Kuchen ist auch der Preis sehr attraktiv.

Hatten Sie sich vom Test mit gekühlten Produkten mehr erhofft?
Unsere Markttests mit gekühlten Produkten haben unsere Erwartungen nicht erfüllt. Wir haben gesehen, dass es die richtigen Produkte zur falschen Zeit waren. Eines der Probleme bei der Markteinführung war, dass die Produkte ein nicht zu unterschätzendes Handling verlangten und dies zu Beginn der Corona-Pandemie eher schwierig durchzuführen war. Die tiefgekühlten Kuchenvariationen mussten im Markt ja rechtzeitig aufgetaut werden. Doch der Handel hatte unter anderem mit starkem Personalausfall zu kämpfen. Es gab aber durchaus Supermärkte, in denen die gekühlten Produkte hervorragende Absätze – besser als unsere Tiefkühl-Bestseller – erzielten; andere schnitten dagegen weniger gut ab. Daher haben wir die Markttests eingestellt. Wir schließen jedoch nicht aus, das Projekt noch einmal in Zukunft aufzugreifen.

Grundsätzliches zum Schluss: Bleibt Deutschland ein Kuchenland?
Ja. Kuchen und Torten bleiben durch ihre Verbindung zu Festen und gemeinsamen Feiern einfach immer etwas Besonderes. Und natürlich dürfen wir die Brötchen nicht vergessen, die als Top-Seller „eisern“ Platz 1 bei der Tiefkühlkost behaupten. Durch unser sehr breites Produktportfolio, das für jedes Budget und für jeden Geschmack etwas zu bieten hat, können die Kunden auf günstigere Produkte zurückgreifen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist eine tiefgekühlte Torte eine gute Alternative zu den weitaus teureren Kuchen aus anderen Angebotsformen.

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