E-Mobilität Automarkt unter Strom

Kaum gestartet, wird die E-Mobilität durch gekürzte Fördermittel, lange Lieferzeiten und steigende Strompreise ausgebremst. Dennoch sind ein wachsendes Angebot und sinkende Preise zu erwarten.

Dienstag, 11. April 2023, 06:53 Uhr
Bernd Liening
Artikelbild Automarkt unter Strom
Bildquelle: Volkswagen AG

Es kam, wie es kommen musste, als der Gesetzgeber eine Kürzung der Fördermittel für E-Autos ab 2023 bekannt gab: Zum Jahresende 2022 schnellten die Zulassungen in die Höhe, um dann genauso schnell wieder einzubrechen. Allein im November und Dezember 2022 gab es rund 207.000 Elektro-Neuzulassungen – 50 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres wurden dann insgesamt nur noch 71.400 E-Pkw abgesetzt. Das sind 20 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2021. Entscheidend für den Rückgang ist der Einbruch bei den Plug-in-Hybriden (PHEV) um 45 Prozent, nachdem die staatliche Förderung für dieses Segment Ende 2022 komplett ausgelaufen ist. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) rechnet nicht damit, dass es in absehbarer Zeit viel besser wird. Er prognostiziert beim Gesamtabsatz von Elektro-Pkw für das Jahr 2023 einen Rückgang um 8 Prozent auf etwa 765.000 Einheiten. Damit dürfte der E-Anteil an den Pkw-Zulassungen gegenüber 2022 um 3 Prozentpunkte auf 28 Prozent sinken.

Der Einbruch hat vor allem finanzielle Gründe. Der Bundesanteil am Umweltbonus für elektrische Neufahrzeuge mit einem Nettolistenpreis unter 40.000 Euro wurde auf 4.500 Euro gesenkt. Beim Leasing mit einer Laufzeit von 12 bis 23 Monaten gibt es 2.250 Euro Zuschuss und bei einer Laufzeit über 23 Monate 4.500 Euro. Neufahrzeuge mit Listenpreisen von mehr als 40.000 Euro erhalten nur noch 3.000 Euro Zuschuss. Während private Halter diese Zuschüsse auch noch 2024 beantragen können, sofern der gedeckelte Fördertopf dann nicht leer ist, ist für Unternehmen am 1. September 2023 Schluss damit. Bis dahin muss die Zulassung für das Fahrzeug vorliegen und beim Antrag mit eingereicht werden. Immerhin kommt das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle den Flottenbetreibern bei der Antragsprozedur entgegen: Die Prämie kann unter www.bafa.de für bis zu 500 modellgleiche Fahrzeuge auf einen Schlag beantragt werden. Auch die Daten lassen sich automatisch per Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) abrufen.

Attraktivität der E-Mobilität sinkt

Der Bundesverband Betriebliche Mobilität (BBM) sieht die Kürzungen kritisch, weil die Kosten bei den E-Autos schneller steigen als bei den Benzinern oder Dieseln im Fuhrpark. Kräftig zu Buche schlagen die teils zweistelligen Preiserhöhungen an den Ladesäulen, während Benzin und Diesel wieder deutlich billiger geworden sind. „Durch die höheren Stromkosten in Verbin‧dung mit der Deckelung der Fördersummen bis hin zum Wegfall der Förderung für Unternehmen sinkt die Attraktivität von Elektrofahrzeugen“, rechnet BBM-Geschäftsführer Axel Schäfer vor. Entscheidend für die Wahl der Elektro‧mobilität seien schließlich am Ende die Gesamtbe‧triebskosten (TCO). „Und da sieht es derzeit nicht mehr so gut aus“, so Schäfer.

Ein anderes großes Problem, das den Fuhrparkmanagern zu schaffen macht, sind die langen Lieferzeiten vieler beliebter Dienstwagen, ob Diesel, Benziner oder E-Antrieb. Allein Volkswagen ist mit einem Auftragsbestand von 1,8 Millionen Fahrzeugen in das Jahr 2023 gestartet. „Wir arbeiten intensiv daran, die Lieferzeiten weiter zu reduzieren und den hohen Auftragsbestand schnellstmöglich abzuarbeiten“, sagt VW-Vertriebsvorständin Imelda Labbé und weist auf stark steigende Produktionszahlen hin. Die gesamte deutsche Autoindustrie holt jetzt auf und hat in den Monaten Januar und Februar 2023 aufgrund einer wieder besseren Versorgung mit Vor- und Zwischenprodukten 26 Prozent mehr Autos hergestellt als im Vorjahreszeitraum.

Skaleneffekte machen sich bemerkbar
Eine Verbesserung bahnt sich vor allem bei den E-Fahrzeugen an, denn praktisch alle Hersteller erhöhen die Stückzahlen und bringen weitere Modelle auf den Markt. Damit könnte das bisherige Preisniveau sinken. Mehrere Marken, darunter VW mit dem ID. 2all, kündigen auch Einstiegsmodelle unterhalb von 30.000 Euro an. „Der deutsche ‧Automarkt bewegt sich Stück für Stück auf einen Normalzustand zurück“, stellte das Duisburger Center Automotive Research (CAR) unlängst fest und sieht bereits einen Umschwung zum Käufermarkt. „Der Trend zu höheren Zugeständnissen für die Käufer wird sich in den nächsten Monaten weiter fortsetzen.“