Ostfriesische Tee-Gesellschaft „Differenzierung nicht um jeden Preis“

Vieles wird sich ähnlicher, weil Produkte auf gleiche Trends aufbauen. Ein Gespräch über die Unterschiede.

Montag, 27. März 2023 - Sortimente
Elena Kuss
Artikelbild  „Differenzierung nicht um jeden Preis“
Bildquelle: Getty Images

Frau Leniger, was tut die Ostfriesische Tee-Gesellschaft (OTG) für die Differenzierung ihrer Marken?
Wir haben kürzlich intern eine Diskussion geführt. Und ein Kollege hat gefragt, was nach der Farbe Blau komme. Wir setzen Blau als Farbe gerade in unserem ganzen Meßmer-Portfolio durch und schaffen dadurch einen Anker im Regal. Differenzierung ist wichtig. Aber es darf nicht Differenzierung um jeden Preis sein. Letztendlich bewegen sich alle Lebensmittelhersteller in einem Dreieck aus Differenzierung, Geschmack und Relevanz. Ich habe deshalb auf die Frage geantwortet: Nach Blau kommt Blau.

Warum kam die Frage auf?
Wir wollen keinen Stillstand. Markenführung ist im Kern wie Tankerfahren. Und der Tanker muss geradeaus fahren. Drum herum gibt es Schnellboote auf Basis von Innovationen, die wendiger sind. Unsere Aufgabe ist es, dass der Verbraucher die Marke immer wiedererkennt. Das klingt nach Lehrsätzen. Aber diese Lehrsätze sind eben auch richtig. Die Frage, die wir uns stellen, ist: Wie kann ich in das Bestehende Neues reinbringen und gleichzeitig differenzieren? Und was kann ich als Innovation danebensetzen?

Ist die OTG in diesem Bild der Tanker und das Schnellboot? Schließlich machen Sie Marken und Handelsmarken.
Ja, wir machen Marken und Handelsmarken. Und genau das ist die Position, in der man Produkte differenzieren muss und kann. Sie haben recht. Vieles wird sich ähnlicher, weil sehr viele ihre Produkte auf ähnliche Trends aufbauen. Das ist der Grund, warum wir unsere Marke Meßmer nicht nur im Kerngeschäft verjüngen wollen. Wir wollen neue Zielgruppen ansprechen. Deshalb haben wir kalte Tees auf den Markt gebracht und starten jetzt im Kühlregal mit Tee-Latte, einer Mischung aus Tee und Milch.

Meßmer ist nicht der erste Anbieter, der sich mit einem gekühlten Milchtee als Fertigdrink auf dem Markt versucht.
Der Gedanke, Tee mit Milch zu mischen, ist nicht neu. Das wird schon seit Jahrhunderten gemacht. Und viele Verbraucher machen das auch bereits zu Hause. Diesen Gedanken in ein Ready-to-Drink-Produkt weiterzuentwickeln, ist jedoch ein neues Format. Unsere Tests zum Produkt sind sehr gut gelaufen. Und auch aktuelle Trendgetränke wie Chai oder Bubble Tea werden mit Milch getrunken. Die Teetrends und die Konsumgewohnheiten haben sich in zehn Jahren stark verändert und wir haben nicht nur die Teekompetenz, sondern auch die Teemarke und die Teequalität, um einen ganz anderen Aufschlag im Markt zu machen.

Wie will die OTG sich im umkämpften Kaffeedrink-Markt behaupten?
Die Geschmacksprofile werden süßer. Tee-Latte ist in Teilen weniger bitter als es Kaffeedrinks sind. Die Milch setzt den Geschmack des Tees noch besser in Szene. Wir haben außerdem eine aufmerksamkeitsstarke Verpackung. Aber auch bezüglich der Endverbraucherkommunikation werden wir einen sehr lauten Weg gehen. Punkt der Kampagne ist: Probiere etwas Neues! Wir wollen mit der Innovation und unserer Tee-Kompetenz überzeugen. Denn Tee ist im To-go-Bereich relativ schwierig zu vermarkten. Ausgenommen: Eistee.
Konkurrenzprodukte wie „Teekanne Fresh“ sind beispielsweise hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Bei Innovationen ist der Atem oft nicht lang genug. Man muss lernen, dranzubleiben. Was uns sehr entgegenkommt, ist, dass wir „Cold Tea“ und „Cold Tea Sparkling“ haben. Beide Produkte unterstützen sich gegenseitig und wir können sie als Kategorie auch gemeinsam bewerben. So kommen wir nicht in die Situation, uns fragen zu müssen, ob das Produkt groß genug ist für eine solche Kampagne.
Warum funktionieren Kampagnen mit heißem Tee im Sommer nicht?
Es ist etwas sehr Deutsches, dass Heißtee mit kalten Temperaturen verbunden wird. Wir wollen Top of Mind bleiben. Und es ist sehr viel sinnvoller, im Sommer mit kalten Teeangeboten zu werben als mit klassischem Heißtee. Einfach weil Heißtee im Sommer in Deutschland kaum Relevanz hat. Ist es unsere Aufgaben, den Verbraucher umzuerziehen? Ich denke nicht. Es geht darum, neue Verzehrgelegenheiten zu schaffen. Das machen wir mit kalten Tees und Tee-Latte.

Wie hat sich „Cold Tea“ entwickelt?
Cold Tea ist ein voller Erfolg und ein Umsatztreiber. Mit dem innovativen To-go-Konzept für die Wasserflasche hat das Produkt seit der Einführung 2021 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 75 Prozent erzielt. Es ist auch nicht nur ein Tee-Kaltaufguss, sondern führt eine neue Verwenderschaft in das Teesegment. Wir spielen hier eher im Bereich Water-Enhancement als im Bereich Tee. Diese Differenzierung wird von den Konsumentinnen und Konsumenten sehr geschätzt. Für 2023 haben wir uns noch mal einiges vorgenommen, zum Beispiel launchen wir im Bereich Cold Tea Sparkling die Geschmacksrichtung Tropical Mango. Der Einstieg in neue Bereiche macht es möglich, die Marke Meßmer zu verjüngen, ohne das Kerngeschäft zu schädigen.

Wie wollen Sie es verhindern, dass die Kernverwender nicht vor den Kopf gestoßen werden?
Wir sprechen mit Tee-Latte beispielsweise eine ganz andere Zielgruppe an. Über soziale Medien können Personen sehr exakt angesprochen werden. Sie können fast sicherstellen, dass Kernverwender von Meßmer Klassikern unsere Tee-Latte-Kampagne gar nicht sehen. Generell versuchen wir aber bei allem Neuen, auch immer Bewährtes und Vertrautes einzubringen, damit es zur Marke passt und nicht lächerlich wirkt.

Das Markengeschäft verzeichnete Rückgänge. Welchen Einfluss haben Innovationen wie Tee-Latte darauf?
Ich bin mir sehr sicher, dass sich das viele Unternehmen sehr genau anschauen werden. Ob andere große Teehersteller einsteigen werden, weiß ich nicht. Bei Molkereien kann ich es mir schon vorstellen. Molkereien reagieren auf Trends oft sehr schnell.

Die entscheidende Frage ist dann: Können die Nachahmerprodukte mithalten?
Was die Molkereien nicht haben, ist die Teekompetenz. Diese Kompetenz haben wir. Und da hilft uns unsere Tradition.

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