Deutsche Eiererzeuger Problemfall Hühnerei

Sehr teure Futtermittel, Vogelgrippe, Kosten der Bruderhahnaufzucht: Deutsche Eiererzeuger kämpfen mit vielen Problemen. Und was ist mit der Kennzeichnung verarbeiteter Produkte?

Mittwoch, 22. Februar 2023 - Sortimente
Susanne Klopsch
Artikelbild Problemfall Hühnerei
Bildquelle: Getty Images

Eine gute Nachricht zu Beginn: Die von der LP befragten Unternehmen gehen ‧davon aus, dass es im Handel zu Ostern keinen Mangel an süßem Backwerk wie Fertig‧kuchen, Osterhasen oder -zöpfen geben wird (siehe S. 60). Die Hersteller haben sich über langjährige Kontrakte mit in- und ausländischen Erzeugern die nötigen Mengen der für die Produktion von Rührteigen benötigten Eier gesichert.

Nun die schlechten Nachrichten: Der Ukraine-Krieg mit in der Folge hohen Preisen für Hühnerfutter, Energie und Verpackung hat die Branche in ganz Europa erheblich getroffen. Eine Bedrohung der Bestände ist zudem die Vogelgrippe. In Deutschland verschärft das seit Januar 2022 geltende Verbot des Tötens der männlichen Küken die Lage für Legehennen-halter zusätzlich. „Eine Entwarnung für die nächste Zeit werde ich in Sachen Eier-Versor-gung angesichts der angespannten Lage nicht geben können. Das betrifft die konventionelle wie auch die Bio-Legehennenhaltung gleichermaßen“, sagt Henner Schönecke, Vorsitzender des Bundesverbands Ei (BVEi) und selbst Legehennenhalter.

Bei einem Selbstversorgungsgrad von etwa 73 Prozent (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, BLE) ist klar, dass die backenden Hersteller auf dem europäischen Markt zukaufen müssen. Henner Schönecke erneuert aus Wettbewerbsgründen daher die Forderung des BVEi nach einer EU-weiten Regelung für das Ende des Kükentötens und „eine verpflichtende Kennzeichnung von verarbeiteten Produkten“. Für Letztere hatte sich die damalige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner im April 2021 ausgesprochen. Auf LP-Nachfrage bestätigt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), dass sich auch Minister Cem Özdemir auf EU-Ebene weiter aktiv für das Thema einsetzt. „Deutschland hat die EU-Kommission aufgefordert, die Möglichkeiten für eine EU-weite, verpflichtende Kennzeichnung der Haltungsform der Legehennen bei verarbeiteten Lebensmitteln mit Ei als Zutat zu prüfen und einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen.“ Einheitliche Regelungen seien für alle Beteiligten im Binnenmarkt am sinnvollsten, so die Sprecherin.

Für einen Paukenschlag in der Branche sorgte im Juni 2022 Ölz der Meisterbäcker (Ölz) aus Österreich: Das Unternehmen verbackt nur noch Freilandeier aus kontrollierter Haltung. Ein eigenes Label auf der Verpackung informiert den Verbraucher, unter anderem auch hierzulande. Die gut 25 Millionen Eier, die jährlich verbacken werden, kommen zum Teil aus Österreich, daneben aus Deutschland, der Schweiz sowie der EU. „Der Nachhaltigkeitsgedanke steht an erster Stelle, daher sind mit Blick auf die Nähe zur Bäckerei in Dornbirn kurze, klimaschonende Transportwege wichtig“, sagt Daniela Kapelari-Langebner, Geschäftsführung Verkauf, Marketing, Human Ressources bei Ölz.

Größter Kostenfaktor für Legehennenhalter hierzulande sind laut BLE („Bericht zur Markt- und Versorgungslage Eier 2022“, Stand April 2022) die Futtermittelpreise. Schon 2021 lagen diese rund 22 Prozent höher als im Vorjahr. Nach dem Beginn des Ukraine-Krieges war laut BLE etwa im April das Legehennenalleinfutter 50 Prozent teurer als im gleichen Monat des Vorjahres. Hinzu kommen gestiegene Preise für Weizen, Energie, Verpackung. Gleichzeitig geht die Zahl der Brütereien stetig zurück. Und damit die Zahl der weiblichen Küken: 2021 waren dies gut 29 Millionen – ein Jahr zuvor noch etwa 40 Millionen. Keine Legehennen, keine Eier.
Ein Teil dieser fehlenden Küken wird durch Schlupf aus dem Ausland ausgeglichen. Die Eier, die diese Tiere legen, nimmt der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) aber nicht ab, er besteht – gesetzeskonform – bei Konsumeiern auf einer Produktion ohne Kükentöten. Schönecke: „Freie Eierpartien sind eine Rarität, für die teilweise hohe Summen aufgerufen werden.“

Das Gesetz gegen das Kükentöten erschwert den deutschen Legehennenhaltern das Geschäft noch aus einem anderen Grund: Sie tragen die Zusatzkosten für die Geschlechtsbestimmung im Ei oder die Kosten für die Aufzucht der männlichen Küken als Bruderhähne. Da die Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei derzeit noch teuer sind, wird ein Großteil der männlichen Küken in der Bruderhahnmast aufgezogen. Henner Schönecke fordert daher neben einem Hilfsprogramm für heimische Eiererzeuger „europarechtlich einheitliche Rahmenbedingungen zur Bruderhahnaufzucht, um die Verbraucher und den Markt weiterhin mit dem wertvollen Lebensmittel Ei zu versorgen“.

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