MSC Siegel Die Prüfstelle für Fisch

Seit 25 Jahren zertifiziert der Marine Stewardship Council (MSC) nachhaltige Fischereien. Vermehrt richten sich Handel, Hersteller und Verbraucher nach dem MSC-Siegel – es gibt jedoch auch Kritiker.

Freitag, 21. Oktober 2022 - Sortimente
Markus Heine
Artikelbild Die Prüfstelle für Fisch
Bildquelle: MSC

Nachhaltige Fischprodukte stehen bei Verbrauchern hoch im Kurs – und Handel und Hersteller bedienen diese Präferenz. Laut Aldi Nord wollen Kunden mehr und mehr wissen, woher das Essen kommt und wie es hergestellt wird. Dieses gelte besonders für Fisch, weshalb man das Angebot an zertifiziert nachhaltigen Fisch- und Meerestierprodukten ausbaue. Derzeit erfüllten etwa 84 Prozent der Artikel anerkannte Nachhaltigkeitsstandards, bei Aldi Süd stammten sogar bereits über 97 Prozent des Sortiments aus nachhaltigem Fang.

Bei der Zertifizierung von Wildfängen wie Thunfisch, Alaska-Seelachs oder Kabeljau stellt das MSC-Siegel die wichtigste Orientierungshilfe für Verbraucher dar. „Der Marktanteil MSC-zertifizierter Produkte am Gesamtsortiment von Wildfisch ist in keinem Land der Welt so hoch wie in Deutschland, Österreich und der Schweiz“, betont Andrea Harmsen, Pressesprecherin des MSC. „In Deutschland liegt er nach Zahlen des Umweltbundesamtes bei etwa 40 Prozent der Wildfisch-Produkte.“

Kriterien für die Zertifizierung
Derzeit gibt es laut Harmsen weltweit 20.512 Produkte mit MSC-Siegel, in Deutschland sind es 2.712 (Stand April 2022). „Der MSC hat maßgeblich zu einem Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit beigetragen, nicht nur bei Fischereien, sondern auch bei Verbrauchern, Herstellern und dem Handel“, so Harmsen.

Vor allem der jährlich erscheinende MSC-Bericht über den Beitrag zertifizierter Fischereien zum Erhalt der Fischbestände und der Umwelt stellt für viele Hersteller ein wichtiges Entscheidungskriterium dar. So teilt zum Beispiel Followfood mit, dass der MSC-Bericht für die Produktauswahl an Wildfisch essenziell sei.

Eine nachhaltige Fischerei muss laut MSC drei Grundprinzipien erfüllen: Der Fischbestand sollte eine gesunde Größe haben, es werden keine überfischten Bestände befischt und nur so viel Fisch entnommen, wie nachwachsen kann. Weiter sollte der Lebensraum Meer geschont werden und ein wirksames Fischereimanagement bestehen. „Um zertifiziert zu werden, muss eine Fischerei in allen drei Bereichen strenge Kriterien erfüllen“, betont Andrea Harmsen. „Gesunde Bestandsgrößen sind zwar eine wichtige Voraussetzung, machen alleine jedoch noch keinen nachhaltigen Fisch aus.“ Den drei genannten Grundprinzipien einer nachhaltigen Fischerei ordnet der MSC 28 Einzelkriterien mit weiteren Unterpunkten zu, die von den zu zertifizierenden Fischereien erfüllt werden müssen.

Eine aktuelle, im Wissenschaftsmagazin „Frontiers in Marine Science“ veröffentlichte Studie zeigt, dass nachhaltige Fischereipraktiken tatsächlich dabei helfen, die Überfischung der Meere zu bekämpfen. Die Analyse ergab, dass von MSC-zertifizierten Fischereien befischte Bestände deutlich gesündere Bestandsgrößen haben als solche, die von nicht-zertifizierten Fischereien befischt werden. Weiter fallen MSC-Bestände im Vergleich zu konventionell befischten Beständen mit geringerer Wahrscheinlichkeit unter ein Niveau, an dem ihre Nachwuchsproduktion gefährdet ist.

Trotz dieser positiven Effekte gibt es seit Jahren auch Kritik am MSC und seinen Zertifizierungsstandards. So betont Till Seidensticker, Fachkampaigner Meeresschutz bei Greenpeace: „Das MSC-Label ist kein Garant für nachhaltigen Fisch, da es zu leichtfertig vergeben wird und sich durch die Vergabe von Zertifikaten selbst finanziert.“ Weiter kritisiert er, dass die Fangmethoden industrieller Fischereien sehr zerstörerisch seien, zum Beispiel durch hohe Mengen an Beifang.

Kritik am MSC-Siegel
Andrea Harmsen entgegnet der Greenpeace-Kritik, dass über die Zertifizierung von Fischereien nicht der MSC entscheide, sondern Gutachter externer, unabhängiger Zertifizierungsstellen, vergleichbar mit dem TÜV. Zudem erhalte der MSC keinerlei Zahlungen von den zu zertifizierenden Fischereien, nur Händler und Hersteller, die mit dem Siegel werben, zahlten auch Logolizenzgebühren. Diese würden dann zwischen 0,3 und 0,5 Prozent des Nettoverkaufswertes der gesiegelten Produkte liegen.

Aktuell stammen laut Andrea Harmsen erst 15 Prozent der weltweiten Fischanlandungen aus kontrolliert nachhaltiger Fischerei, mehr als ein Drittel aller Fischbestände sind überfischt. „Unser Ziel ist es, dass bis 2030 ein Drittel der weltweiten Fischfänge aus kontrolliert und zertifiziert nachhaltiger Fischerei kommen – oder zumindest aus einer Fischerei, die sich auf einem klaren Weg dorthin befindet.“

Es gibt Zahlen, die zuversichtlich stimmen: So sind 64,6 Prozent aller Fischbestände laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) aktuell in einem guten Zustand. Aus diesen nicht-überfischten Beständen kämen heute 82,5 Prozent aller weltweiten Fischanlandungen. Diese positive Entwicklung schreibt die FAO unter anderem der Tatsache zu, dass einige große, fangmengenstarke Fischereien ihre Fangaktivitäten heute nachhaltig gestalten – vor allem unter dem MSC-Siegel.

25 Jahre MSC-Siegel

Der Marine Stewardship Council (MSC) wurde im Februar 1997 von Unilever und dem WWF in London als gemeinnütziger Verein mit dem Ziel gegründet, die globale Fischerei durch ein Zertifizierungsprogramm mit strengen ökologischen Anforderungen in nachhaltigere Bahnen zu lenken und Überfischungen zu ‧verhindern. Seit 1999 agiert der MSC unabhängig und finanziert sich vor allem aus Spenden und Lizenzgebühren. 515 Fischereien sind aktuell zertifiziert;
89 befinden sich im Bewertungsprozess.

Neue Produkte

Viel gelesen in Hersteller

HIT Produkte 2023

Im Gespräch - Hersteller