Eifel-Ei Gemeinsam gegen das Höfesterben

Die Erzeugergemeinschaft (EZG) „Eifel-Ei“ produziert 45 Millionen Eier pro Jahr. Lambert Lehnertz, Chef der EZG, hat durch diese Initiative vielen Landwirten wieder eine Perspektive für ihre Höfe gegeben.

Dienstag, 13. September 2022 - Sortimente
Jens Hertling
Artikelbild Gemeinsam gegen das Höfesterben
Bildquelle: Ingo Hilger

Noch ist die Eifel keine typische Region für Eierproduzenten. Aber auch die anderen großen Nutztierarten sind im Vergleich zu anderen Ländern eher wenig vertreten. Dennoch sucht man in der Region nach Lösungen, wie wieder mehr Lebensmittel vor Ort produziert werden können.

Eine Idee dazu lieferte Lambert Lehnertz, der in Habscheid, rund 70  km nördlich von Trier, 39.000 Legehennen hält. Lehnertz hatte vor sechs Jahren den Einfall, gemeinsam mit neun Kollegen aus der Milchvieh- und Schweinemasthaltung, die Erzeugergemeinschaft Eifel-Ei zu gründen. „Die Idee zur Gründung kam mir während einer Vortragsveranstaltung des Landwirtschaftsministeriums Rheinland-Pfalz (RLP), auf der ich ein Referat zu dem Thema „den Selbstversorgungsgrad der Legehennenhaltung in RLP zu erhöhen, halten durfte“, berichtet er. Dort wurde nach Lösungen gesucht, dem Höfesterben entgegenzuwirken und den Landwirten, die bislang in ihrer Tierhaltung mehr in Milchvieh und Schweinehaltung ausgerichtet waren, eine langfristige Alternative zu bieten. Eifeler Landwirte können laut Lehnertz aufgrund ihrer klein strukturierten landwirtschaftlichen Flächen nicht mit dem Aufrüsten zu mehr Masse mithalten. „Meine große Leidenschaft gilt der Eifel, um sie zu stärken. Der Eifeler Landwirt und seine Region sind nicht geschaffen, um Masse zu erzeugen. Der kleine Bauernhof in traditionell ländlich geprägten Regionen wird zum Auslaufmodell“, sagt Lehnertz. Er ergänzt: „Es gibt viele leidenschaftliche Bauern, die sich der Tradition der Betriebe verpflichtet fühlen, den elterlichen Hof weiterzuführen, die dann aber doch zum Aufgeben gezwungen werden, da die Erzeugerpreise in keinerlei Verhältnis zu dem Aufwand stehen, um davon leben zu können.“

2016 schaltete Lehnertz in der RLP-Bauernzeitung eine Anzeige mit der Überschrift „Einstieg in die Legehennenhaltung – ich berate Sie bei Bau-, Förderantrag und Planung und unterstütze Sie bei der Vermarktung Ihrer Erzeugnisse“. Die Resonanz war laut Lehnertz überaus groß. Der Landwirt führte über 80 Telefonate mit Interessenten, davon besuchten 32 seinen Hof, um vor Ort Eindrücke von der Legehennenhaltung zu gewinnen. „Allein durch mein Such-inserat sind es 15 Betriebe, die zuvor perspektivlos waren und durch meine Unterstützung jetzt als Neueinsteiger über 20 Millionen Euro in die Geflügelhaltung investiert und eine langfristige Alternative zum Erhalt ihres Hofes haben.“

Heimische Landwirte stärken
Aktuell baut Lehnertz in seiner Erzeugergemeinschaft Eifel-Ei auf neun Betriebe aus der Region, die frische Eier produzieren. „Alle Landwirte haben als letzten Ausweg neu in die Legehennenhaltung investiert, sie hätten ansonsten ihren landwirtschaftlichen Betrieb eingestellt.“

Unter den neun Landwirten befindet sich auch Landwirt Marcel Mertens. „Meinen Hof mit 65 Kühen musste ich aufgeben. Die Erzeugergemeinschaft Eifel-Ei hat mir neue Perspektiven aufgezeigt. Im Verbund können wir wettbewerbsfähig produzieren“, berichtet Landwirt Mertens.

Lehnertz führt weiter aus: „Bisher hat noch keiner meiner Landwirte bereut, diesen Weg mit mir gegangen zu sein. Denn ich biete den Landwirten eine faire Handelspartnerschaft, eine gegenüber der Rheinischen Warenbörse für Eier um 1 bis 2 Cent je Ei höhere Vergütung, die bei steigenden Futterkosten angepasst werden kann, sowie zehnjährige Abnahmeverträge. So können sie ihre Betriebe erhalten, getreu dem Motto: Gemeinsam für die heimische Landwirtschaft.“

Mitspracherecht für alle
Insbesondere die faire Vertragsge‧staltung zwischen der EZG und den Produzenten hat auch die Jury des Wettbewerbs „Faire Partner – Bauer, Händler, Hersteller“ überzeugt. So ist ein Mitspracherecht für alle vertraglich geregelt. Die Einkaufspreise von Futter werden in der Gemeinschaft entschieden, die Mehrkosten werden durch die Futterklausel des Abnahmevertrags durch den Abnehmer vergütet.

Durch die geregelten Abnahmeverträge entstehen bei den landwirtschaftlichen Betrieben untereinander keinerlei Konkurrenz-Situationen. „Im Gegenteil, man hilft sich untereinander in Form von Erfahrungsaustausch. Es gibt Hilfestellungen bei Ein- oder Ausstallungen der Legehennen, Krankheits- oder Urlaubsvertretungen“, sagt Lehnertz. Für die Vermarktung bedeutet die EZG Planungssicherheit und Lieferkontinuität bei einer gleichbleibender Produktqualität. „Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Vermarkter und Erzeuger hat sich eine vertrauensvolle Geschäftsbeziehung entwickelt“, sagt Lehnertz. Ziel sei es, dass aus dem Produkt der „Eifel-Eier“ ein bestehender Marketingbegriff mit hohem Bekanntheitsgrad entsteht, wie zum Beispiel „Tiroler Äpfel oder Schwarzwälder Schinken“. Lehnertz ist sich sicher: „Dies sind alles Produkte mit einer regionalen Auslobung, und sie erwecken beim Verbraucher ein positives Einkaufsverhalten. Hierfür streben wir an, unseren Vertriebsradius stetig zu erweitern.“

Die bisherigen Vertriebsgebiete sind die Städteregionen Aachen, Düsseldorf, Köln, Bonn, Duisburg, Moers, Koblenz, Mainz, Bad Kreuznach, Trier und die Eifel.

Die Vermarktung liegt beim Geflügelhof Lehnertz. Hier werden die Eier sortiert, verpackt und auf die Reise in die Läden geschickt. Zu diesem Zweck baut der Vermarkter derzeit auf seinem Geflügelhof eine moderne Eier-Packstelle. Insgesamt investierte die Gruppe 17 Millionen Euro in die Produktion der Eifel-Eier.

90 Prozent der Eier landen im LEH
Heute hat Lehnertz gemeinsam mit den Partner-Erzeugern 165.000 Hühner, die jedes Jahr rund 45 Millionen Eier legen. Etwa 90 Prozent landen in 260 Supermärkten, beispielsweise bei den Handelskonzernen Rewe oder Edeka.

Doch der Handel stellt hohe Anforderungen: Lehnertz investiert deshalb viel Energie, um diese Erwartungen zu erfüllen. Um den Eierabsatz weiter anzukurbeln, rühren Lehnertz und sein Team intensiv die Werbetrommel. Eine Hauswirtschafterin ist zum Beispiel öfter als „Verkostungs-Frau“ in den Lebensmittelmärkten unterwegs, um dort im Namen der EZG frisch zubereitete Eierspeisen anzubieten.

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