Frischeplattform hat der Logistiker Dachser sein auf Kühlware optimiertes Warehouse in Neuss getauft. Rund 2,5 Millionen Euro hat man nach Unternehmensangaben in den Umbau mit gekühlten Lagerflächen für knapp 26.000 Paletten investiert. 80 Mitarbeiter wurden in Pandemiezeiten eingestellt und eingearbeitet, erklärt Stefan Behrendt, General Manager des Dachser Logistikzentrums Niederrhein in Neuss. Man habe mehr oder weniger zeitgleich von drei großen Lebensmittelherstellern Anfragen „zur Übernahme von temperaturgeführten Lagerdienstleistungen erhalten“. Darunter die Bestandskunden Ornua (Kerrygold) und Saftproduzent Valensina sowie von der schwedisch-dänischen Molkereigenossenschaft Arla (u. a. Buko, Kærgården). „Wir haben diese Anfragen zu einem Großprojekt gebündelt und ein Konzept erstellt, das die drei Firmen unter einem Dach vereint“, erläutert der General Manager. Die dadurch gewonnene Größenordnung versetze die Neusser Niederlassung in die Lage, die dann vorhandenen Mengen der Kunden zu Direkttransporten an den Handel zusammenzu‧fassen. „Etwa 70 Prozent aller Zentrallager der Einzelhandelsketten in Deutschland sowie in den Niederlanden, Belgien und Österreich können über diese neue Frischeplattform ohne weiteren Umschlag täglich direkt mit den Produkten von Arla, Ornua und Valensina beliefert werden“, so Behrendt. Durch den Wegfall eines Umschlages spare man erheblich Zeit und könne die Kosten geringer halten.
Die nächste Ausbaustufe sieht 2021 weitere 8.000 gekühlte Stellplätze vor, teilt Dachser weiter mit. Hierzu befinde man sich bereits in Gesprächen mit weiteren Interessenten aus den Bereichen Molkereiprodukte, Wurstwaren und Convenience. Auf Nachfrage von Lebensmittel Praxis erklärt das Unternehmen, dass man generell in jeder Region, bestenfalls an einem bestehenden Dachser-Standort, eine solche Frischeplattform wie in Neuss aufbauen könne. Dort habe man das bestehende Ware‧house für Waren mit Kühlbedarf von 0 bis 2 sowie von 2 bis 7 Grad Celsius umgebaut. Letztlich komme es darauf an, wie viele Interessenten sich in einer Region bündeln ließen. Tiefkühlware sei dabei nicht Teil des Dachser-Konzepts, ebenso wenig eine direkte Filialbelieferung.
Logistikfläche ist begehrt
Das Beispiel der Dachser-Frischeplattform zeigt, dass in vorhandenen Logistikkonzepten immer noch Optimierungspotenzial steckt. Dies ent‧‧lastet den eh äußerst angespannten Markt der Logistikflächen. Große Immobiliendienstleister wie JLL, CBRE, und Colliers sehen übereinstimmend eine weiterhin hohe Marktdynamik. JLL nennt einen Flächenumsatz von rund 6,9 Millionen Quadratmetern im deutschen Markt für Lager- und Logistikflächen im Jahr 2020. Dies sei das zweithöchste Jahresergebnis nach 2018. CBRE nennt die gleiche Zahl und betont, dass sich die hohe Marktdynamik von 2018 und 2019 auf dem gleichen Niveau fortgesetzt habe. GLP hat nach eigener Aussage sein Geschäft in Deutschland und den Niederlanden seit 2017 verdreifacht. Viele neue Kunden kommen – wen wundert es ‧– aus dem Online-Handel. Im Pandemiejahr 2020 boomten die digitalen Bestellungen und damit der Bedarf an Logistikdienstleistungen und -fläche. So basieren rund 40 Prozent des weltweiten Portfolios von GLP inzwischen auf E-Commerce, vor fünf Jahren waren es noch 20–25 Prozent. Laut CBRE entfiel 2020 mit 52 Prozent mehr als die Hälfte aller Flächenumsätze des Handels auf den Online-Handel, 2019 seien es noch 40 Prozent gewesen.
Kein Liebling der Kommunen
Die Ansiedlung von Logistikzentren wird von den wenigsten Kommunen geschätzt. Die hohe Zahl von ein- und ausfahrenden Lkw-Transporten bei Tag und nicht selten in der Nacht möchte niemand vor der eigenen Haustür haben, bestätigt uns ein Insider. Mancherorts kommen noch Probleme mit „campierenden“ Lkw-Fahrern dazu, deren Fahrzeuge nicht sofort abgefertigt werden können. Dabei verlangt gerade der wachsende E-Commerce-Markt nach mehr Distributions- und Kommissionierfläche. „Vor dem Hintergrund des Flächenmangels müsste vor allem einmal die nachrangige Behandlung von Entwicklern für Logistikimmobilien bei der Zuteilung von Grundstücken und bei Genehmigungsprozessen diskutiert werden“, heißt es von GLP. „Wie sollen Onlinehändler denn Versorgungssicherheit gewährleisten und Verbrauchern einen hochwertigen Service bieten, wenn metropolnahe Logistikimmobilien nur mit Zeitverzögerung errichtet werden können, wenn überhaupt?“
Doch nicht nur deshalb drängen die Entwickler von Logistikimmobilien auf mehr Zugang zu ausbaubaren Flächen, es ist auch finanziell attraktiv. Die „Immobilien-Zeitung“ geht davon aus, dass Ende des Jahres 2021 die Spitzenrenditen für Logistikimmobilien nahezu denen von Geschäftshäusern in Eins-a-Lagen entsprechen dürften. Aus geografischer Sicht sind die sogenannten Top 5 im deutschen Logistikimmobilienmarkt als Hotspots anzusehen. Gemeint sind damit Berlin, Düsseldorf mit der Rhein-Ruhr-Region, Frankfurt und das Rhein-Main-Gebiet, Hamburg sowie München.