Tiernahrung Für’s Tier

Klicken und liefern lassen: Tierhalter zieht es stärker in den Internethandel. Stationäre Händler setzen regionale Angebote dagegen und bieten zudem Frei-von-Produkte, um die wachsende Zielgruppe an sich zu binden.

Sonntag, 05. Juni 2016 - Sortimente
Bettina Röttig
Artikelbild Für’s Tier

Inhaltsübersicht

Warum selber schleppen , wenn man sich den 15-kg-Sack Hundefutter oder den Vorratspack Katzenstreu auch an die Tür liefern lassen kann? Sind deutsche Verbraucher beim Online-Kauf von Lebensmitteln noch immer zurückhaltend, fällt ihnen der Klick für die Bestellung von Tiernahrung und -bedarf um ein Vielfaches leichter. Die Zahlen belegen: Der Druck auf den stationären Handel verstärkt sich in der Warengruppe. Von 420 auf 450 Mio. Euro kletterten nach Informationen des Industrieverbands Heimtierbedarf (IVH) die Online-Umsätze 2015 im Vergleich zum Vorjahr. Damit kommt dem E-Commerce ein Anteil von knapp 10 Prozent an den Gesamtausgaben für die pelzigen Mitbewohner zu. Branchenexperten sind sich sicher, dass sich die dynamische Entwicklung weiter fortsetzen wird.

So wächst der E-Commerce-Kanal innerhalb von Mars Petcare überdurchschnittlich, seine Bedeutung für die eigenen Marken sei enorm, betont Ines Alvarez, Leiterin der Konsumenten- und Marktforschung bei Mars Petcare Deutschland. „In fünf Jahren wird ca. jeder fünfte Euro für Heimtierbedarf im elektronischen Versandhandel ausgegeben“, schätzt Vitakraft-Mann Meyer. Der Heimtierbesitzer wolle heute an jedem Punkt abgeholt werden, daher müssten Marken „multichannel präsent sein, wenn die Erfüllung des Verbraucherwunsches im Fokus ihres Marketing steht“. Das Sortiment von Vitakraft wird heute bereits selektiv auch über Online-Vermarkter angeboten.

Erste Tests mit regionalen Produkten
Mehr denn je gilt es für den stationären Handel, die wachsende Zahl an Tierhaltern (2015 lebten in 43 Prozent der Haushalte Heimtiere – 5 Prozent mehr als 2014) an sich zu binden. Auf der Suche nach neuen Profilierungsfeldern greift der stationäre Lebensmittelhandel z. B. auf den großen Trend zu heimischen Produkten zurück. Mehr Nähe, mehr Vertrauen, mehr Nachhaltigkeit und der Wunsch, die lokale Wirtschaft zu unterstützen – diese Argumente lassen Verbraucher immer häufiger zu regionalem Fleisch, Obst oder Gemüse greifen. Nun überträgt sich der Trend wie so viele Themen aus der Humanernährung auf Produkte für Bello, Mieze und Co. Kunden interessierten sich auch bei Tiernahrung dafür, wo bestimmte Produkte herkämen und fragten gezielt nach nachhaltig hergestellter Ware, weiß Claudia Holzer, Leitung Sortimentsmanagement im Bereich Food-Drogerie bei der saarländischen SB-Warenhauskette Globus. „Wir bei Globus bieten bisher ein überschaubares Sor timent an regionalen Produkten an, erkennen aber ein wachsendes Interesse unserer Kunden für dieses Sortiment.“

Regionale Tiernahrungsprodukte der Marke Unser Land offeriert der selbstständige Rewe-Händler Alexander Kersten in seinem Anfang des Jahres eröffneten Markt. Die Regionalmarke aus dem Raum Augsburg/München ist im Süden Deutschlands vor allem bei Rewe und Kaiser’s Tengelmann erhältlich und bietet neben Lebensmitteln auch Heu, Stroh und Nagerfutter. Die Kunden-Resonanz hat Kersten überrascht. „Die Marke Unser Land ist in unserer Region sehr stark. Unsere Kunden fragen explizit auch nach den Tiernahrungsprodukten der Regionalmarke. Das Heu ist ein Renner in unserem Sortiment.“ Präsentiert werden die Produkte nicht im Regal, sondern prominent in der Obst und Gemüseabteilung. „Das passt. Hier erhalten die Produkte mehr Aufmerksamkeit als ins Regal ,gestopft‘“, meint der Kaufmann.

Edekaner Dieter Hieber profiliert sich in seinen Märkten im Dreiländer-Eck seit einem guten halben Jahr mit frischem Hundefutter eines regionalen Anbieters. Sechs Produkte werden in einem extra TK-Möbel in der Tiernahrungsabteilung angeboten. Die Nachfrage ist gut. „Der Faktor Regionalität ist aktuell in allen Bereichen wichtig. Bei Elis Fress-Sack kommt der wichtige Aspekt der Ganztierverwertung hinzu“, erklärt Hieber. Das Frischfleischfutter wird aus Innereien und Schlachtresten vom Rind und Pferd hergestellt. Die Rohware von Schlachtern rund um Lörrach wird innerhalb eines Tages verarbeitet. Auf Farbstoffe und Geschmacksverstärker wird verzichtet.

Katzen auf Platz Eins

In 43 Prozent der Haushalte hierzulande leben Heimtiere. Von 2014 auf 2015 kletterte die Zahl der tierischen Mitbewohner (ohne Zierfische und Terrarientiere) um 1,5 Mio. auf 30 Mio. Besonders groß ist die Liebe zu Katzen. Knapp 13 Mio. Samtpfoten verteilten sich 2015 auf 22 Prozent der deutschen Haushalte. Hunde kommen mit 7,9 Mio. auf Ranz zwei, Kleintiere mit 5,1 Mio. auf Rang drei.


Die Tests des Handels mit heimischen Tiernahrungsprodukten beobachten die großen nationalen und internationalen Markenhersteller genau. Die Nachfrage zu bedienen fällt ihnen aber schwer. „Regionalität ist ein Trend in der Verbrauchernachfrage, der einen bestimmten Aspekt der Nachhaltigkeit bedient“, sagt Dieter Meyer, Leiter Werbung & Öffentlichkeitsarbeit Vitakraft. „Markenprodukte können diesen Teilentwicklungen nur bedingt begegnen, da diese Sortimente derzeit nur Nischen bedienen und Angebote im größeren Maßstab ökonomisch nicht vertretbar sind. Wir sehen diesen Wettbewerb eher als Ansporn zur Weiterentwicklung unserer Kompetenzen als Markenartikler.“

Bei Spectrum Brands, in Deutschland u. a. mit den internationalen Tierfuttermarken Tetra, 8in1 und Iams vertreten, sieht man regionale Anbieter nicht als direkte Konkurrenz. Man spreche andere Zielgruppen an und gehe in der Produktkonzeption und Vermarktung unterschiedliche Wege. „Als internationaler Hersteller von Tiernahrung sehen wir unsere Stärken zum einen in der sehr hohen Kompetenz, die unser internationales Forschungs- und Entwicklungsteam aufweist“, sagt Christian Borghs, Marketing Manager Spectrum Brands Pet Central Europe. „Zum anderen haben wir den Vorteil der globalen Beschaffung unserer Rohstoffe. Hier können wir mit den besten Produzenten zusammenarbeiten, eine sehr hohe Qualität bei den Rohwaren gewährleisten und diese dank der schonenden Verarbeitung bestmöglich erhalten.“

Auch Mars Petcare betrachtet das Thema Regionalität als Nische. Das Wohl der Tiere stehe an erster Stelle. „Daher ist Regionalität für uns nicht der ausschlaggebende Punkt. Vielmehr setzen wir auf hochwertige Zutaten, die eine gleichbleibende Produktqualität ermöglichen und den Tieren in Kombination alles bieten, was sie brauchen“, sagt Alvarez.

Diese Trends versprechen Umsatzzuwächse
Nicht das Thema Regionalität sondern der anhaltende Trend zur Premiumisierung sowie das Snack-Segment bei Hunde- und Katzennahrung versprechen vollere Kassen für den Handel, ist sich Alain Virieux, Director Grocery Channel Germany & Central Region Nestlé Purina Petcare Deutschland, sicher.

Auch Mars Petcare setzt weiterhin auf Snacks sowie Premium- und Super-Premium-Nahrung. Zudem erwarten die Verdener eine insgesamt steigende Nachfrage nach Feuchtnahrung in Einzelportionsgrößen. Verbraucher setzten auf zwei (beim Hund) oder mehrere (bei der Katze) Mahlzeiten am Tag sowie Mischfütterung mit Feucht- und Trockennahrung. „Darüber hinaus stellen wir fest, dass kleinportionierte, hochwertige Feuchtnahrungsprodukte auch zunehmend verwendet werden, um eine Mahlzeit für das Tier zu ,veredeln’ bzw. die Lieblinge zu besonderen Anlässen zu verwöhnen“, beschreibt Alvarez.

Bereits im vergangenen Jahr waren es Snacks sowie Feuchtfutter in den Segmenten Hunde- und Katzenfutter, die sich als Wachstumstreiber erwiesen (siehe Grafik S. 64). Nach Einschätzungen des IVH wird diese Entwicklung auch 2016 anhalten.

Das Bremer Unternehmen Vitakraft sieht Individualisierung, Single-Serve, Nachhaltigkeit und mehr Convenience im Bereich der Verpackung als Bestimmungsfaktoren für zukünftiges Wachstum. Auch der Trend zu „Frei von“ berge nach wie vor großes Potenzial, betont Dieter Meyer.

Besonders im Fokus ist aktuell der Verzicht auf Getreide und Zucker. Die Bremer haben mit Vitakraft Poesie gerade eine neue Marke für das Segment der Katzennassnahrung auf den Markt gebracht. Mit zuckerfreien Rezepturen und attraktiven Menüs in Gelée-, Terrine- oder Mousse-Varianten biete man den Katzenbesitzern neue, abwechslungsreiche Mahlzeiten mit einer sehr hohen Akzeptanz.

Auch bei Spectrum Brands sieht man, dass das Thema Allergien verstärkt aus der Humanernährung auf die Tiernahrung übertragen wird. Mit Leckerlis wie den 8in1-Minis oder Training Treats hat das Unternehmen Produkte im Programm, die ohne Gluten oder Zucker hergestellt werden. „Auch verzichten wir bei unseren Hauptfuttern, Snacks und Leckerlis weitgehend auf den Einsatz von künstlichen Farb- oder Aromastoffen, ebenfalls ein wichtiger Punkt bei Haustierbesitzern“, sagt Borghs.

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