Kassenzone Die Kasse schrumpft sich „gesund“

Eine süßwaren- und damit quengelfreie Kasse gehört heute zum Bild des verantwortungsvollen Händlers. Erschwerte Bedingungen für die klassischen Impulssüßwaren und Chancen für alternative Sortimente.

Freitag, 05. September 2014, 18:54 Uhr
Dieter Druck
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Bildquelle: Belz, Euroshop

Die süßwarenfreie Kasse im LEH wird wieder einmal thematisiert. Verschiedene Verbraucherschutzorganisationen machen mobil nach der Installation von „Gesundheitskassen“ bei Lidl in Großbritannien und in der Folge der Umsetzung der süßwarenfreien Hauptkasse in Deutschland und Österreich. Kein neues Thema, aber eins, das auch in den nächsten Jahren noch den Handel beschäftigen wird. „Denn es trifft auf einen inzwischen durch die verschiedenen Medien sensibilisierten Kunden, der insbesondere vom Lebensmittel-Einzelhandel verantwortungsvolles Handeln erwartet“, argumentiert Gerald Lindinger-Pesendorfer, Bereichsleiter Food/FMCG bei der Münchner Unternehmensberatung Dr. Wieselhuber und Partner. Dazu zählt die süßwaren- und damit quengelfreie Kasse, und darauf muss der Handel reagieren, ebenso wie auf veränderte Ernährungs- und Konsumgewohnheiten, die mit Trends wie gesundes Snacken, To-go-Konsum etc. einhergehen. Das sieht auch Timo Gutermuth, Leiter Trademarketing bei CFP Brands in Bonn, so. „Die Diskussion hat eine größere Dimension bekommen, und wir nehmen sie sehr ernst. Unsere Erkenntnis: Die Shopper sind offen für weitere und auch gesunde Snackartikel an der Kasse.“ Grundsätzlich sei aber zu unterscheiden zwischen zuckerfreien Atemerfrischern/Kaugummis und sonstigen Süßwaren. Auf die zuckerfreie Sparte entfielen in der Regel mehr als die Hälfte der an der Kasse platzierten Süßwaren, und sie sollten nicht Bestandteil der Diskussion sein.

Die Kasse ist gleichzeitig der letzte Eindruck, den der Kunde mit nach Hause nimmt, quasi als Visitenkarte des Marktes: „Oft ist das Bild nicht stimmig. Ein Händler, der Frischeorientierung proklamiert, sollte deshalb auch beispielsweise Obst-/Gemüse-Convenience im Kassenbereich platzieren und den Frischeeindruck bis zuletzt vermitteln.“ Tabakwaren und Artikel kurz vor dem MHD täten dies nicht. Von portioniertem Frischobst gingen ebenfalls starke Kaufimpulse aus. Außerdem könnten am Check out, wo der Kunde weniger preissensibel reagiere und der „2,5-kg-Sack mit Äpfeln“ als Vergleichsbasis für den portionierten Apfel fehle, mit guter Wertschöpfung verkauft werden. Eine absolut süßwarenfreie Kassenzone wird es nach Einschätzung von Lindinger-Pesendorfer nicht geben. Sie sei realitätsfern, denn ein gewisser Kundenanteil erwartet hier Süßwaren.

Milos Ryba, Senior Retail Analyst International beim englischen Analysten IGD, sieht eine schwindende Bedeutung der Kassenzone für den Impulsverkauf, weil, zumindest im Vereinigten Königreich, Self Scanning um sich greift, Zwitterkassen, die je nach Kundenfrequenz sowohl das klassische Kassieren als auch den Selbst-Check-out ermöglichen (z. B. Asda) sowie Tunnelscanner das Kassieren beschleunigen. Dies führt dazu, dass Impulsprodukte dort nicht mehr platziert sind oder nicht mehr so wahrgenommen werden.

Kaufland hat bereits Mitte der 90er-Jahre als einer der Pioniere süßwarenfreie Kassen in Deutschland eingeführt. Die finden sich in jeder der mehr als 635 Filialen des Unternehmens. Sie sind mit einem entsprechenden Hinweisschild über der Kasse gekennzeichnet. Es ist sichergestellt, dass die süßwarenfreie Kasse bei Kaufland immer geöffnet hat, sie wird morgens als erste geöffnet und abends als letzte geschlossen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Kunden mit kleinen Kindern diese Serviceleistung sehr gerne annehmen. Rückmeldungen hierzu erhalten wir nicht, da die Kunden dieses Angebot kennen und sich die süßwarenfreien Kassen sich über die Jahre etabliert haben.“

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