Das Tor weit geöffnet, die wärmende Frühlingssonne spürbar und die Aussicht… einfach umwerfend. Vom Stall der Braunwiesers in Salzburg aus schweift der Blick unweigerlich auf die mächtige Festungsanlage über der barocken Altstadt. Im Hintergrund sind die momentan noch schneebedeckten Berge des Berchtesgadener Alpen zu sehen. Der Szenerie währt nicht lange. Die in der Abkalbebucht stehenden Kühe wissen, schon nach kurzer Zeit auf sich aufmerksam zu machen. Ein Stupser hier, eine Lautäußerung da. Wer kann dazu schon nein sagen? Gewonnen! Sichtlich zufrieden nehmen die Kühe die eine oder andere Streicheleinheit ihres Besitzers entgegen. Der spürt im Gegenzug die nassen, rauen Rinderzungen auf seiner Hand.
Die Beziehung zwischen Tier und Mensch funktioniert auf diesem Betrieb. Und das mit Brief und Siegel. „Wir sind fast überall im grünen Bereich“, freut sich Josef Braunwieser. Regelmäßig bekommt der Milchkuhhalter unangekündigten Besuch von einem Prüfer, der Checks an und mit seiner Herde durchführt. Und dabei in einer Art Ampelsystem Noten für 16 „Schulfächer“ vergibt. Grün, wenn der Bereich sehr gut unter Kontrolle ist, gelb für Parameter, die im Auge behalten werden müssen und rot, der Alarmbereich, wo dringender Handlungsbedarf besteht.
Bei diesen Überprüfungen geht es um eine objektive Beurteilung von Tiergesundheit und Wohlergehen der Herde. Wie viele Kühe sind wie oft krank? Und vor allem, wie geht es den Tieren? Dafür haben Wissenschaftler der Uni Wien ein Erhebungsprotokoll mit tierbezogenen Indikatoren entwickelt. Sind die Kühe abgemagert und wenn ja wie stark? Wie sieht es mit Verschmutzungen an Euter und Beinen aus? Wie reagieren die Kühe, wenn ein Mensch sich ihnen nähert? Panik, langsamer Rückwärtsgang oder bleiben sie einfach stehen nach dem Motto „den kennen wir, den mögen wir“.
Beauftragt werden diese Checks von der Molkerei, an die Braunwiesers ihre Milch liefern. Konkret: an die SalzburgMilch. „Ja, es sind hohe Auflagen“, gibt der Landwirt zu bedenken. Aber es würde sich für ihn und für seine 40 Fleckviehkühe lohnen. Die monetäre Mehr-Vergütung sei dabei nur ein Aspekt. „Es war die richtige Entscheidung die Tiergesundheitsinitiative ins Leben zu rufen“, meint er. Denn es helfe ihm auch, den eigenen Betrieb weiterzuentwickeln.
Noch vor zehn Jahren standen seine Kühe in Anbindehaltung. „Unter den Landwirten und auch in unserer Familie wurde in der Zeit viel diskutiert“, erklärt der Milcherzeuger. Vor allem, weil hohe Kosten im Raum stehen. Sehr hohe. Umbaulösungen oder Neubaulösungen verschlingen schnell mal eine halbe bis ganze Million Euro für einen Vollerwerbsbetrieb. Doch Braunwiesers haben für sich und ihre Herde in der Tiergesundheitsinitiative eine Chance gesehen: heute bewegen sich die Kühe 24/7/365 frei in einem luftigen Laufstall mit einem Ausblick der Extraklasse. Mehr noch: In Zukunft will der Landwirt ihnen auch Weidegang ermöglichen. „Ich weiß durch die Tiergesundheits-Checks, wo ich stehe, wo ich noch besser werden muss“, beschreibt er was der Blick von außen auf seine Herde und sein Management bringt.