Milch im Kaffee, Sahne im Tee und Joghurt auf dem Müsli: Darauf will kaum einer verzichten. Was aber, wenn – wie das Statistische Bundesamt vor wenigen Tagen bekannt gab – die Reallöhne deutlich sinken? Wer nicht auf das ein oder anderen Schmankerl wie Urlaub, neues Handy oder dergleichen verzichten will, dem bleibt nur, den Gürtel beim täglichen Lebensmitteleinkauf enger zu schnallen. „Viele Verbraucher müssen aufs Geld schauen und entscheiden sich für die günstigste Option zulasten von Marken- und Bioprodukten“, bestätigt auch Monika Wohlfarth von der Zentrale Milchmarkt Berichterstattung gegenüber der Fachzeitschrift „topagrar“. „Es geht darum, seinen Standard zu halten, man will über den Winter kommen, auf etwaige Energienachzahlungen vorbereitet sein – das Ziel ist hier nicht mehr höher, schneller, weiter“, betont Susanne Rusch, Head of Market Research beim Deutschen Milchkontor (DMK), Deutschlands größter Molkerei. Ganz im Gegenteil. Gut geht auch günstig – denken derzeit viele Verbraucher. Und so boomt das Preiseinstiegssortiment bei den Eigenmarken. Je nach Händler „ja“, „gut und günstig“, „Milbano“, „Milsani“ oder „K Classic“ genannt.
Weniger Absatz, höhere Preise
Höher, schneller, weiter geht es dagegen bei den Mopro-Preisen. Wie die Auswertung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zeigt, geht die weiße Linie aus dem Jahr 2022 mit einem Umsatzplus von 8,7 Prozent gegenüber 2021 raus. Treiber dieser Entwicklung, so die Marktexperten, seien ausschließlich die höheren Preise (plus 13,7 Prozent), denn der Absatz habe sich negativ entwickelt.
Fast reflexartig meint man zu wissen, wer an dieser Entwicklung „schuld ist“. Da wollen sich doch wieder einmal die Markenhersteller die Taschen vollmachen – geistert es bei manch Mittagessen durch die Kantinen. Sicher oft richtig. In diesem Fall stimmt es aber nicht. Denn die Preissteigerungen lassen sich in erster Linie bei Handelsmarken beobachten, so die Experten der GfK. Die Preise stiegen vergangenes Jahr in der weißen Linie um 20,5 Prozent, die der Markenprodukte dagegen legten nur um 7,1 Prozent zu und damit unter dem Niveau der allgemeinen Verbraucherpreise.
Gute Noten für die Qualität
Dass häufig zu No-Name-Produkten gegriffen wird, liegt sicher nicht nur am Preis, sondern auch am inzwischen guten Image der Produkte. Erst kürzlich wieder überprüfte Stiftung Warentest die Qualität von insgesamt 1.414 Produkten in einer Metaauswertung der letzten vier Jahre. Markenware versus Handelsmarken. Über alle Produkte bekamen Markenwaren im Schnitt die Note 2,8. Mit 2,7 hatten die Eigenmarken des Handels die Nase sogar einen Tick weiter vorn. Mit Marken-Klassikern erlebt man öfter einen Spitzengeschmack, dafür punkten Handelsmarken eher bei der Deklaration. Beim Thema Schadstoffe gibt es kaum Unterschiede, bei der mikrobiologischen Qualität liegen Marken leicht vor Handelsmarken.
Kein Wunder, dass es oftmals nur um Nuancen geht. Marken und Eigenmarken kommen häufig aus demselben Haus. Fast alle großen Molkereien bedienen beide Schienen. Das lässt sich leicht an den Identitätskennzeichen herausfinden. Händler sind verpflichtet, dieses auf die Verpackung von Milchprodukten zu drucken. Das ovale Zeichen ist in erster Linie für die Überwachungsbehörden gedacht. Nicht nur. Auch Verbraucher können es nutzen, um zu sehen, woher das Milchprodukt stammt. Und da findet man unter anderem Namen wie Müller, Arla, DMK, Zott, Bauer, Danone und viele andere mehr.
Wen wundert’s also, wenn bei solch guten Argumenten pro Eigenmarken in der derzeitigen Situation immer mehr zu No-Name greifen. „Die Discounter haben derzeit nicht nur für ihre Stammklientel das bessere Angebot, sondern auch für zahlreiche Wechsel-Shopper“, bringt es Dr. Robert Kecskes von der GfK auf den Punkt.