Milch, Lab, Salz – und Zeit. Das sind die vier Zutaten eines Parmigiano Reggiano, einer der ältesten Käsesorten der Welt. Im 438-Einwohner-Dorf Tortiado in der Provinz Parma produziert die Käserei San Bernadino als eine von insgesamt 305 Käsereien den italienischen Hartkäse. Eine Tradition, die mit großem Stolz weitergeführt wird: Seit vier Generationen gibt die Familie Caramaschi Tag für Tag ihre Erfahrung und Leidenschaft für diese Käseherstellung weiter, die aus einigen grundlegenden Regeln, aber auch aus großer Liebe zum Produkt besteht.
Ein Käse, der den Namen und das vom Consorzio del Parmigiano Reggiano vergebene Siegel trägt, muss unter bestimmten Bedingungen hergestellt werden. So ist das Produktionsgebiet stark lokalisiert. Parmigiano Reggiano wird in einem Gebiet in Norditalien, das die Provinzen Parma, Reggio Emilia und Modena sowie Teile von Mantua und Bologna umfasst, hergestellt – auf einer Fläche von etwa 10.000 Quadratkilometern, inmitten von Hügeln, Bergen sowie den Flüssen Reno und Po. Die Milcherzeugung, Verarbeitung der Milch zu Käse, Reifung, Verpackung und das Reiben müssen im Ursprungsgebiet stattfinden.
„Ich wurde in Parma geboren und bin verliebt in diesen Landstrich."
Auch die Viehzuchtbetriebe, in denen die Kühe mit regional angebautem Futtermittel gefüttert werden, befinden sich dort. Die Fütterung erfolgt gemäß einer Verordnung: Heu und Gras, teilweise auch Mais, Getreide und Luzerne stehen auf dem Speiseplan. Fermentiertes Futtermittel und Silage sind verboten. „Für die Käserei San Bernadino produzieren 200 Kühe Milch. Sie stehen 30 Kilometer von der Käserei entfernt im Stall. Zweimal täglich werden sie gemolken – morgens und abends“, erklärt Gästeführerin Francesca Celato bei einem Rundgang.
Die frische Milch kommt per Milchwagen und fließt in die 1.100 Liter fassenden Kupferkessel, die wie umgekehrte Glocken aussehen. In der Käserei San Bernadino sind es 20 Stück. „Für 1 Kilo Käse werden 16 Liter Milch benötigt. Für einen Laib werden gut 550 Liter gebraucht“, erklärt Celato. Die Mitarbeiter sind in ihr Tun vertieft. Geredet wird nicht. Sie lassen sich auch nicht von Besuchern stören. Die Arbeitsschritte sind Routine.
Von der Milch zum Käse
Die Kupferkessel sind schon zur Hälfte mit der teilentrahmten Abendmilch vom Vortag gefüllt. Ebenfalls vom Vortag ist die Molke. Sie wird der frischen Milch zugefügt. Zusammen mit Milchkalbs-Lab und der durch Dampf erzeugten Hitze fördert sie die Milchgerinnung. Währenddessen zerkleinert ein Käsemeister die geronnene Milch mit einer „Spino“ genannten Käseharfe in kleine, kugelförmige Teile.
Der Parmigiano Reggiano ist ein reines Naturprodukt, dem keine Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Antifermentierungsmittel oder anderen chemischen Zusätze zugefügt werden. Das unterscheidet ihn vom Grana Padano, dem das Protein Lysozym, das aus Hühnereiweiß gewonnen wird, bei der Herstellung zugeführt wird, um unerwünschte Gärungen zu kontrollieren.
Nach und nach wird die Milchmasse fester, die Oberfläche kräuselt sich und schäumt ein wenig. Mit der Hand prüft der Käser immer wieder die Konsistenz des Bruchs. Parmesanherstellung ist größtenteils Handarbeit. Nur die Rührmaschinen und Thermometer sind technische Hilfen.
Ist der Käser mit der Konsistenz zufrieden, wird der Kochvorgang beendet. Das Käsegranulat sinkt auf den Kesselboden. Nach etwa 50 Minuten hebt er dieses mit großen Leinentüchern heraus. Dabei ist Muskelkraft gefragt. Überschüssige Molke tropft ab. Sie wird abgepumpt und später zu Ricotta oder Butter weiterverarbeitet. Die Käsemasse wird in zwei Teile geschnitten und in die sogenannte Fascera gelegt, die dem Käse seine endgültige Form gibt.
Jeder Laib erhält eine eigene Plakette aus Casein mit einem spezifischen Code. Darüber kann seine Herkunft identifiziert werden. Nur wenige Stunden danach wird der gesamte Umfang des Laibs mithilfe einer speziellen Prägung markiert: Monat und Jahr der Produktion, Matrikelnummer der Käserei – „2131“ ist es für die Käserei San Bernadino – und der unverkennbare punktförmige Schriftzug. Drei Wochen lang baden die Laibe in einer gesättigten Lösung aus Wasser und Salz. Mit dem Salzen schließt sich der Produktionszyklus. Die Reifezeit beginnt.
Das Reifelager gleicht einer Schatzkammer. 24 Regale mit jeweils 18 Reihen finden ihren Platz. Parmesan-Laibe unterschiedlicher Reifegrade reihen sich auf Holzbrettern nebeneinander in die Höhe – von zwölf über 24 Monate bis zu 60 Monate und darüber hinaus. Während der Reifung werden die Laibe regelmäßig gedreht, gewendet und gesäubert. Das soll Schimmelbildung vermeiden. Die Mindestreifezeit beträgt zwölf Monate, doch entfaltet der Käse seine charakteristischen Eigenschaften in der Regel erst nach 24 Monaten, dem Alter, mit dem er in vielen Supermärkten häufig zu finden ist.
Geschützte Ursprungsbezeichnung
Seit 1996 ist Parmigiano Reggiano EU-weit mit dem D.O.P.-Siegel zertifiziert. D.O.P. bedeutet „Denominazione di origine protetta“ und entspricht der deutschen geschützten Ursprungsbezeichnung (g.U.). Diese Kennzeichnung sollte garantieren, dass der Käse in seinem Ursprungsgebiet nach traditionellen Methoden hergestellt wurde. 2008 hat der Europäische Gerichtshof rechtskräftig festgestellt, dass der Name „Parmesan“ als Übersetzung der oder Anspielung auf die italienische Ursprungsbezeichnung „Parmigiano“ zu verstehen und daher dem italienischen Original vorbehalten ist.
Inhaber der geschützten Marke und des Namens Parmesan ist das 1934 gegründete Consorzio del Parmigiano Reggiano. Nach zwölf Monaten prüfen Experten des Konsortiums die Qualität aller Käselaibe bei der sogenannten Espertizzazione. Die Prüfung erfolgt auf sensorische Weise. Der Fachmann klopft mit dem Hammer auf den Käselaib. Mögliche Qualitätsfehler im Käse wie Luftblasen erkennt er am Klang. Besteht der Käse die Prüfung, werden die geeigneten Laibe mit einem Brandzeichen markiert. Bei Laiben, die die Anforderungen nicht erfüllen, werden die Kennzeichnungen wieder entfernt. Der Käseausschuss wird als namenloser Reibekäse im LEH verkauft.