Ausblick 2022 Mopro unter Druck

Corona, eine neue Arbeitswelt, Umwelt- und Klimaschutz sowie ein extrem dynamisches Verbraucherverhalten haben 2021 die Molkereibranche geprägt. Was bringt nun 2022?

Dienstag, 18. Januar 2022 - Molkereiprodukte
Wibke Niemeyer, Dr. Friederike Stahmann und Elke Häberle
Artikelbild Mopro unter Druck
Bildquelle: Getty Images

Den Blick nach vorne gerichtet stehen auch dieses Jahr bei den Molkereien wieder viele Themen auf der Agenda. Das zeigen Einschätzungen und Meinungen von Vertretern aus den Chefetagen namhafter Unternehmen. Die größte Herausforderung sei „eine nie da gewesene Kostenexplosion bei Rohstoffen, Verpackung, Energie und Logistik“, meint Bernhard Pointner, Geschäftsführer der Milchwerke Berchtesgadener Land (BGL). Strom und Gas, Kunststoffe, Papier, Aluminium, Weißblech und Glas – all das werde teurer. Auch die CO2-Steuer trage zur weiteren Kostensteigerung in den Molkereien bei.

Sowohl die verarbeitende Industrie als auch die Höfe müssen die Kostenseite im neuen Jahr weiter im Blick haben. Denn von Kostenerhöhungen sind gleichermaßen auch die landwirtschaftlichen Erzeugerbetriebe betroffen: „Die Preise für Düngemittel haben sich verdreifacht, viele Futtermittel für die Milchproduktion haben sich verdoppelt, Diesel- und Energiepreise steigen“, sagt Werner Giselbrecht, Bereichsleiter Finanzen und Strategisches Rohstoffmanagement bei Hochland Deutschland.

Preise müssen steigen
Die Folge: Die Landwirte werden unzufriedener und fordern dringend Milchpreiserhöhungen. „Diesen Forderungen können wir nur dann entsprechen, wenn in den laufenden Jahresgesprächen mit dem Handel entsprechende Preiserhöhungen erreicht werden“, sagt BGL-Chef Pointner. Doch der LEH möchte die Einkaufspreise möglichst stabil halten. Martin Schygulla, Geschäftsführer von Lactalis, sieht Preiserhöhungen und damit angepasste unverbindliche Verkaufspreise für Molkereien als „unumgänglich“ an. Man werde das Gespräch mit den Handelspartnern über notwendige Verhandlungen zwar suchen, „aber danach sollten wir uns gemeinsam wieder vorrangig auf das Warengeschäft und dessen Entwicklung fokussieren, um auf beiden Seiten Umsatzpotenziale heben zu können“.

Klimaschutz und damit auch Emissionsreduzierung zählen 2022 zu den weiter vorherrschenden Themen. „Die CO2-Besteuerung scheint hier ein wirkungsvoller Weg zu sein“, findet Giselbrecht. Energie ist für viele Vorprodukte der Milchwirtschaft ein sehr großer Kostenbestandteil.

Die Molkereiunternehmen haben sich Klimaschutz auf die Fahnen geschrieben, bauen den Bereich Nachhaltigkeit sukzessive in ihren Strategien aus und konkretisieren die Ziele, um effizienter zu arbeiten, Neues zu entwickeln und Trends zu erkennen. „Es gibt in unseren Märkten kaum einen gesellschaftlichen Bereich, der nicht Teil dieser Debatten ist. Gerade auch die Produktion von Lebensmitteln ist mitten im Diskurs angekommen“, meint Ingo Müller, Geschäftsführer der DMK Group. Das ambitionierte Ziel der DMK ist es, „die CO2-Emissionen bis 2030 um 25 Prozent gegenüber 2017 entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu reduzieren“, so Müller. Eine Maßnahme sei das Einsparen von energetischen Ressourcen in den Werken. „Im Werk Edewecht realisieren wir eine standortweite Abwärmenutzung und eine intelligente Verknüpfung von Wärmequellen und Wärmesenken, was etwa 4.250 Tonnen CO2 jährlich einsparen wird“, nennt der DMK-CEO ein Beispiel. Das Werk konnte seit 2011 den Energieverbrauch um mehr als 15 Prozent senken. Seit 2015 verringerte sich auch der Wasserverbrauch um 5 Prozent.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und eines zunehmenden Fachkräftemangels wird es 2022 für die Branche herausfordernd bleiben, passende Mitarbeitende zu finden. „Dem müssen wir uns als moderner Arbeitgeber mit zukunftsorientierten Konzepten stellen“, sagt DMK-Chef Müller. Heißt: individuelle Weiterbildungsprogramme, eine Ausbildung auf Augenhöhe, flache Hierarchien und attraktive Arbeitsmodelle.

Nach Aussage von Evelyn Koch, Bereichsleiterin Human Resources bei Hochland Deutschland, gelingt Mitarbeiter-Recruiting bei der Allgäuer Molkerei „mit Ausnahme weniger Fachdisziplinen wie IT-Spezialisten aktuell noch verhältnismäßig gut“. So konnten in den vergangenen fünf Jahren allein 699 neue Mitarbeiter für Hochland Deutschland und insgesamt 965 neue Mitarbeiter in Deutschland für alle Hochland-Gesellschaften gewonnen werden. Man erwarte zukünftig, „dass Bewerber bei der Auswahl ihres Arbeitgebers noch kritischer die Werte des Unternehmens und den Sinn ihrer Arbeit hinterfragen werden“.

Der persönliche Erstkontakt zu Bewerbern sowie das Umsetzen von Vorstellungsgesprächen in der ersten Bewerberrunde gestaltete sich hingegen beispielsweise bei Ehrmann schwierig. Die Lösung: Videocalls. Für dieses Jahr setzt die Familienmolkerei laut Marketingleiter Jürgen Taubert auf virtuelle Berufsorientierungsformate und möchte das Arbeitgebermarketing über berufliche Netzwerke wie Xing und Linked-in sowie über Social Media verstärken. Bei den Milchwerken Berchtesgadener Land werde unter den 500 Mitarbeitenden über die neuen, oft digitalen Formen der Zusammenarbeit kontrovers diskutiert, so BGL-Geschäftsführer Pointner. „Informationen werden immer mehr online aufgenommen, das befeuert die Gefahr der gesteuerten Informationen, und so lassen wir als Gesellschaft zu, dass Algorithmen letztendlich die Meinungsbildung beeinflussen.“

Gekommen, um zu bleiben
Pflanzliche Ersatzprodukte sind nicht mehr wegzudenken. Gerade bei den jungen Zielgruppen steht das Segment für Genuss, Abwechslung, Gesundheit und Nachhaltigkeit. Es gibt also gute Gründe für die Molkereien, daran zu glauben, dass pflanzliche Milch noch mehr an Popularität gewinnt. „Derzeit sehen wir starke Entwicklung bei Produkten mit erhöhtem Tierwohl und Klimaschutz. Hierfür werden wir dem Handel und den Verbrauchern innovative Produktkonzepte vorstellen“, sagt Volker Brütting, Sprecher der Geschäftsführung von Hochland Deutschland. Die DMK greift das Thema nun in nahezu jedem Geschäftsfeld auf. „Auch wenn unser Kerngeschäft die Kuhmilch ist, dürfen wir uns diesem Trend nicht verschließen. 2022 werden wir unser Angebot entsprechend weiter ausbauen“, sagt DMK-CEO Müller.

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