Molkereien Masse bringt weniger Geld

Der Handelsumsatz mit der weißen Linie stieg 2020 kräftig. Für die Milcherzeuger lief es dagegen eher schlecht: Landwirte erhielten knapp drei Prozentweniger für ihre Milch. Einmal mehr zeigt sich, dass Molkereien mit deutlichem Qualitätsversprechen in Nischen oft besser bezahlen als solche mit Massenprodukten.

Freitag, 30. April 2021 - Molkereiprodukte
Elke Häberle, Wibke Niemeyer und Dr. Friederike Stahmann
Artikelbild Masse bringt weniger Geld
Bildquelle: Getty Images

Die lebende Milchlieferantin Kuh lässt sich von außen nur schwer steuern. Hat sie gekalbt, gibt sie täglich Milch - wochen-, monatelang. In der Menge maximal abhängig vom Wohlbefinden und von der Fütterung. Eine Pandemie, vor allem eine, die den Menschen betrifft, ist ihr schnuppe. Auch die damit verbundenen Konsumveränderungen durch Homeoffice und -schooling. Daher verwundert es auch nicht, dass die Aufrufe einiger Molkereien, die verstärkt den Außer-Haus-Verzehr bedienen, doch bitte weniger Milch zu liefern, ungehört verhallten. Das Resultat am Jahresende war dementsprechend ein Milchaufkommen in Deutschland, das ähnlich hoch lag wie im Jahr zuvor. Laut Zentrale Milchmarkt Berichterstattung wurden 2020 rund 32,57 Millionen Tonnen angeliefert.

Die Kühe in Deutschland gaben also 2020 nicht mehr Milch als im Jahr zuvor. Und obwohl es nicht mehr Menge im Markt gab, sanken die Milchauszahlungspreise. Denn die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Vorgaben wirbelten erst die Vertriebswege – weg von Kantine und Export hin zum heimischen Kühlschrank – und mittelfristig auch die Verarbeitung – weg vom Großgebinde hin zum 150-Gramm-Joghurt – kräftig durcheinander. Milch- und Handelsströme veränderten sich und zogen den Milcherzeugerpreis dabei nach unten. Der Preis lag im Jahresdurchschnitt bei 32,84 Cent je Kilogramm konventioneller Milch mit 4,0 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß ab Hof ohne Mehrwertsteuer. Das bedeutet im Vergleich zu 2019 einen Rückgang um etwa einen Cent je Kilogramm. Kein gutes Jahr für Milcherzeuger.

Veränderte Handelsströme
Und dabei war das Jahr für die Milchbauern gut gestartet. Die Preise waren fest. Doch dann brachte der Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 den deutschen Milchmarkt durcheinander. „Die Corona-Pandemie und die entsprechenden Pandemievorgaben haben in der Gesellschaft und folglich auch in der Wirtschaft einschneidende Spuren hinterlassen“, fasst es Dr. Hans-Jürgen Seufferlein, Geschäftsführer vom Verband der Milcherzeuger Bayern, zusammen. Die Milchwirtschaft kämpfte und kämpft auch noch aktuell mit Veränderungen der Milch- und Handelsströme.

Während der verschiedenen Lockdowns erzielte auf der einen Seite der Milchproduktabsatz im Lebensmitteleinzelhandel traumhafte Zuwächse. Unterm Strich legte die weiße Linie über LEH und die Drogeriemärkte im gesamten Jahr 2020 laut Nielsen 6 Prozent zu. Wertmäßig lag das Plus gar bei 7,2 Prozent. Auf der anderen Seite musste die Milchwirtschaft mit den Schließungen der heimischen Hotels und Gaststätten einen deutlichen Rückgang der Verkaufszahlen in diesem Bereich hinnehmen. Auch die zeitweiligen Transferbeschränkungen während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 hatten Auswirkungen auf den EU-Binnenmarkt sowie auf den globalen Handel. Schließlich bremsten Corona-Auflagen auch noch die „Reisefreudigkeit“ der Deutschen. Das führte zu einem Rückgang des Exports in Deutschlands Top-Reisedestinationen, wie Italien, Spanien und Griechenland. In der Folge kam „es bis zur Jahresmitte über die gesamte Wertschöpfungskette zu Verwerfungen, die auch die Markterholung in der zweiten Hälfte nicht aufholen konnte“, weiß der AMI-Experte Andreas Gorn. Da halfen auch Hamsterkäufe und der verstärkte Inhouse-Konsum über den Lebensmittel-Einzelhandel, wo deutlich mehr Milcherzeugnisse abgesetzt wurden, nicht.

Premiumsortiment gewinnt
Trotz des bundesweit niedrigeren Milchauszahlungspreises gibt es auch 2020 Molkereien, die als Top-Auszahler in der Milcherzeugergunst ganz oben stehen. Teilweise schon seit Jahren. So wie die Milchwerke Berchtesgadener Land, die mit 38 Cent je Kilogramm Milch auch in diesem Jahr die Liste anführen. Auf die Frage, wie so ein hoher Milchpreis auch im Krisenjahr 2020 möglich gewesen sei, antwortet Barbara Steiner-Hainz für ihre Molkerei: „Einen fairen, überdurchschnittlichen Milchpreis zu zahlen ist nur möglich, solange entlang der Lieferkette bis zum Endverbraucher die besondere Qualität mit etwas höheren Preisen für die Bergbauern-Milch honoriert wird.“ Und das tun die Verbraucher. Die Nachfrage nach dem Premiumsortiment der südlichsten Molkerei Deutschlands ist auch 2020 gestiegen.
Die Schwarzwaldmilch aus Freiburg platziert sich mit einem Milchauszahlungspreis von über 35 Cent je Kilogramm Milch im Top-Bereich. Und das, obwohl man auch hier die negativen Auswirkungen des Großverbraucher- und Exportgeschäfts deutlich spürte. Die starke Nachfrage aus dem Lebensmittel-Einzelhandel konnte dies jedoch überkompensieren. „Diese Entwicklung ist – unabhängig von etwaigen Pandemie-Effekten – der starken Marktentwicklung unseres Markengeschäftes und unserer hochwertigen Ingredients-Spezialitäten zu verdanken“, so Geschäftsführer Andreas Schneider. Auch die Landwirte von Friesland Campina durften sich 2020 über einen überdurchschnittlichen Milchpreis freuen. Jan Kruise, Managing Director, begründet das folgendermaßen: „Die Landwirte stehen bei Friesland Campina an erster Stelle, und es ist darum Teil unserer Verantwortung und unseres Selbstverständnisses, ihnen stets Milchpreise oberhalb des Branchendurchschnitts zu zahlen.“

Ähnlich begründet auch Arla ihren ausgezahlten Milchpreis. Im Ranking – Arla liegt im Mittelfeld – wird man sogar noch ein bisschen höher rutschen, denn „in diesem Jahr hat die Vertreterversammlung der Landwirte entschieden, dass die Nachzahlung höher ausfällt, da Arla das vergangene Jahr mit einer starken Position abgeschlossen hat“. Zu den bisher ausgezahlten 32,7 Cent je Kilogramm Milch kommt damit mehr als 1 Cent on top. Die Arla zahlt damit überdurchschnittlich aus.

Die größte deutsche Molkerei, das Deutsche Milchkontor, hat das Ende der Tabelle verlassen und rangiert in diesem Jahr mit einem Preis von 31,9 Cent je Kilogramm knapp 1 Cent unter dem Durchschnittswert. Stolz ist man, dass die „DMK zu den wenigen Molkereien gehört, die den Auszahlungspreis im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr erhöhen konnten“.

Bio-Milchprodukte bleiben stark
Die Erzeuger für Biomilch konnten sich im Pandemie-Jahr vom sonstigen Trend abkoppeln. Es gab ein Mehr von 0,6 Cent je Kilogramm. Somit lag der Durchschnittspreis für Biomilch bei 48,2 Cent je Kilogramm. Ganz oben mit spielt die Andechser Molkerei. Dort begründet man die gute Situation für Biomilch so: „Es war insgesamt eher weniger Angebot am Bio-Milchmarkt da als Nachfrage. Dazu hat sich der Absatz der Bio-Milchprodukte insgesamt sehr positiv entwickelt.“

Wie auch schon in den letzten Jahren bietet der Auszahlungsvergleich deutscher Molkereien – jeglicher Größenordnung und mit unterschiedlichsten Sortimenten – ein transparentes Bild der Entlohnung der Landwirte. Fazit: Wer die meiste Milch annimmt und verarbeitet, ist nicht unbedingt auch Tabellenführer beim Erzeugermilchpreis. Einmal mehr zeigt sich, dass Innovationsfreude sowie Nähe zu Verbraucherwünschen einen im Erzeugerpreis-Ranking nach oben bringen – unabhängig von der Molkereigröße. Die Produktion austauschbarer Massenprodukte dagegen ist wettbewerbsintensiv und im Endeffekt für Landwirte wenig gewinnbringend. Für das laufende Jahr sehen die Molkereien einen leichten Silberstreif am Horizont. Die Preise für Molkereiprodukte steigen, und daher gehen auch die Molkereien von besseren Milcherzeugerpreisen aus. Die Pandemie wird es zeigen.

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