Mehrwegflaschen Hickhack um die Individualflasche

Etappensieg für die Brauer und Schlappe für die Einweg-Lobby: Im Markt befinden sich weit weniger individuelle Gebinde als gedacht.

Sonntag, 23. April 2023 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Hickhack um die Individualflasche
Bildquelle: Warsteiner

Individualflaschen wie Reliefgebinde mit eingeprägtem Markennamen gehören nicht zu einem offenen Pool. Sie können also nicht überall zurückgegeben und neu genutzt, sondern müssen zur jeweiligen Brauerei transportiert werden. Ein ökologischer Irrsinn, der schon lange Wasser auf die Mühlen der Einweg-Industrie ist, die großes Interesse daran hat, das eigene Geschäftsmodell in ein gutes Licht zu rücken und Mehrweg den Nimbus als die beste aller Lösungen zu nehmen.

Jetzt allerdings hat die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) aus Mainz frühere Angaben zum Anteil dieser Flaschen korrigieren müssen. Eine Studie des „Bund Getränkeverpackungen der Zukunft“ (Mitglieder sind unter anderem Aldi, der Dosenhersteller Ardagh Group sowie Red Bull) kam 2019 zu der Schätzung, dass 2017 rund 42 Prozent aller Bierflaschen Individualgebinde waren. Die Prognose für das Jahr 2022 lag bei knapp 50 Prozent.
Ein vernichtendes Urteil für ein Mehrwegsystem, das in aller Welt wegen seiner ökologischen Vorteile als einzigartig gilt. Bemühungen der Branche, wieder mehr auf einheitliche Pool-Flaschen zu setzen – beispielsweise durch die Gründung der Gesellschaft für Mehrweg-Management durch unter anderem die Braugruppen Bitburger und Krombacher –, konnten das angeschlagene Image nicht nachhaltig verbessern.

Der Brauer-Bund als Interessensvertreter der Branche wies immer wieder darauf hin, dass die Schätzungen der GVM nicht seriös sein könnten. Die Hersteller kämen in eigenen Berechnungen auf einen Individualflaschen-Anteil von 22 bis 23 Prozent – was gerade einmal der Hälfte der jahrelang verbreiteten Schätzungen entspricht.

Pool-Flaschen-Anteil 80 Prozent
In einem Schreiben an das Umweltbundesamt geben die Mainzer zu, mächtig danebengelegen zu haben: Im Rahmen einer Überprüfung sei aufgefallen, „dass der Anteil der Individualflaschen am Bierverbrauch bereits 2019 unter 30 Prozent gelegen haben muss“. Die GVM rechnet jetzt mit 20 bis 25 Prozent Individualgebinden. Laut Brauer-Bund sind hierzulande bis zu 4 Milliarden wiederbefüllbare Glasflaschen der Brauereien im Umlauf, davon rund 80 Prozent Poolflaschen, die von jeder Brauerei genutzt werden können.

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