Nachhaltig Mehrweg für Wein kommt

Die neu gegründete Genossenschaft Wein-Mehrweg eG aus Baden-Württemberg stellte auf der Fachmesse Prowein eine Mehrwegflasche für Wein vor. Ein Projekt mit Zukunft.

Dienstag, 11. April 2023 - Getränke
Elena Kuss
Artikelbild Mehrweg für Wein kommt
Bildquelle: Wein-Mehrweg eG

Mehr als eine Milliarde Weinflaschen werden pro Jahr in Deutschland gekauft, wie das Deutsche Weininstitut schätzt. Allerdings landen die allermeisten leeren Flaschen in der Altglastonne. Ein Grund dafür soll die große Vielfalt der Flaschen sein: „Derzeit sind allein in Deutschland weit über 100 verschiedene Weinflaschentypen im Einsatz“, sagt Institutssprecher Ernst Büscher der Deutschen Presse-Agentur. Das Argument fällt oft. Tobias Bielenstein, Sprecher der Genossenschaft Deutscher Brunnen, hält das für ein schwaches Argument. „Auch bei den Mineral‧wässern gab es vor der Mehrwegflasche eine große Vielfalt“, so Bielenstein. Seit über 50 Jahren vereint die Perlenflasche rund 200 Mineralbrunnen und mehr als 500 Marken.

Weshalb tut sich die Weinbranche also so schwer? Erstens: Die Produktionsbedingungen von Wein unterscheiden sich sehr stark von denen anderer Mehrweggetränke wie Bier oder Mineralwasser. Wein wird jährlich produziert und abgefüllt, während das bei Bier oder Mineralwasser laufend passiert.

Zweitens: Die Weinproduktion erstreckt sich engmaschig über die 13 Weinbaugebiete. Auch das macht ein Poolsystem weniger interessant. Denn: „Je verteilter die Produktionsstätten, desto wichtiger ist ein Poolsystem“, erklärt Bielenstein. Leertransporte werden beim Wein also kaum vermeidbar sein. „Trotzdem: Glas-Mehrweg hat immer einen kleineren Fußabdruck als Glas-Einweg. Daran ändert der Transport innerhalb Deutschlands nichts“, betont Bielenstein. Das heißt aber auch: Europaweit macht Mehrweg nur bedingt Sinn und kann nur ein Teil der Nachhaltigkeitsstrategie sein. Andere Systeme könnten sinnvoller sein: Leichtglas-Weinflaschen, Kartons oder Papierflaschen. Aktuell überwiegen die Weinimporte, die zum Großteil in abgefüllten Flaschen nach Deutschland kommen. Der Transport per Tank nach Deutschland könnte eine ökologischere Lösung sein. Die Flaschen könnten dann in Deutschland abgefüllt werden.

Drittens: Ein weiterer Grund ist die lange Lagerung von vor allem hochwertigen Weinen. „Wenn ich mir einen guten Bordeaux zehn Jahre in den Keller legen will, macht Mehrweg keinen Sinn“, bringt es Bielenstein auf den Punkt. Für eine Mehrweg-Glasflasche sei eine schnelle Rotation wesentlich, um wirklich nachhaltig zu sein. Hier sieht auch Jan Rock, Henkell Freixenet Holding Communication & Hospitality, den Knackpunkt: „Grundsätzlich ist die Idee, mehr Mehrweg im Weinbereich zu wagen, gut.“ Für eine deutschlandweite Skalierung hat der Wein jedoch aus seiner Sicht eine zu kleine Größenordnung, um einen regelmäßigen Kreislauf hinzubekom‧men. „Selbst wenn alle Weine in einer Formflasche kämen, wäre es von der Grundmenge immer noch wenig.“

Und dann gibt es natürlich weitere Hürden wie das fehlende Rücknahmenetz: Ein Mehrwegsystem muss nicht nur von der deutschen Weinbranche, sondern auch vom Lebensmitteleinzelhandel angenom-men werden. Das setze voraus, dass sich die Weinerzeuger auf wenige Flaschenformen verständigen. Tobias Bielenstein ist an dieser Stelle optimistisch: „Die Händler haben Mehrweg als Teil ihrer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie längst anerkannt.“

Das bestätigt auch Marian Kopp, Geschäftsführer, Lauffener Weingärtner. Er ist Mitglied der neuen Poolgenossenschaft, welche die Pfandflasche an ihre Mitglieder lizenziert. Bereits im Herbst will er einen nationalen Mehrweg-Rollout auf die Beine stellen. „Wenn die Edeka in Hamburg dann bei mir bestellt, weiß sie, dass es sich um eine Mehrwegflasche handelt, und sie muss mir auch eine Rückführmöglichkeit garantieren.“ Kopp räumt gleichzeitig ein, dass das Mehrwegsystem erst mal wohl regional laufen wird. „Wir haben in Baden-Würt‧temberg ja schon länger mit beispielsweise unserer roten Zwölfer-Kiste für die Ein-Liter-Flasche ein funktionierendes Mehrwegsystem. Durch unsere Vorarbeit wird die Einführung unserer neuen Mehrwegflasche kein Problem.“

Bielenstein kann an dieser Stelle nur zustimmen: „Mehrwegsysteme sind nicht einfach gut oder schlecht. Die werden gut, wenn du sie gut managst.“ Deshalb lohne es sich auch, von den bereits erfolgreichen Mehrwegsystemen zu lernen.

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