Braugerste Heftiger Widerstand

NGOs laufen Sturm gegen den neuen Versuch von Konzernen, Patente auf Braugerste zu erlangen.

Freitag, 25. März 2022 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Heftiger Widerstand
Bildquelle: Getty Images

Die Nichtregierungsorganisation „No patents on seeds!“, zu der auch der deutsche Verbund „Die Freien Brauer“ (unter anderem Störtebeker, Schneider Weisse, Lammsbräu) gehört, will die Aufmerksamkeit auf aktuelle Anträge beim Europäischen Patentamt (EPA) lenken. Dabei geht es um den Schutz auf Züchtungen von Braugerste, die der dänische Konzern Carlsberg eingereicht hat. Kleine und mittelständische Brauereien fürchten dadurch Nachteile. „Wir konnten bis jetzt über 120.000 Unterschriften sammeln und sind mit der Resonanz in ganz Europa sehr zufrieden“, erklärt Johanna Eckhardt von „No patents on seeds!“ gegenüber der Lebensmittel Praxis. Ein Ziel sei es, die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken und politischen Druck aufzubauen. Die Zeit drängt. Am 10. Mai findet beim EPA in München die nächste Verhandlungsrunde zu einem Antrag von Carlsberg statt.

Die Brauereikonzerne Carlsberg und Heineken hatten bereits 2016 Patente angemeldet, die auch erteilt wurden. Sie umfassen Gerstenpflanzen aus konventioneller Züchtung, deren Verwendung im Brauverfahren sowie das daraus gebraute Bier. Die Unternehmen erhoffen sich von diesen speziellen Gerstensorten eine leichtere Bierproduktion, da bestimmte unerwünschte Geschmacksnoten einfacher vermieden werden können.

Unklarheit herrscht seit Jahren in der Frage nach der erfinderischen Leistung des Antragstellers. „Europäische Richtlinien sehen vor, dass niemand konventionell gezüchtete Pflanzen patentieren lassen kann. Leider sind die Texte so vage formuliert, dass es den Herstellern immer wieder gelingt, Schlupflöcher zu finden“, erklärt Eckhardt.

Eine große Sorge der Kritiker ist, dass sich ein Patent bald auf Hunderte Gerstensorten ausweiten könnte, denn der Schutz gilt auch für alle weiteren Stämme und Züchtungen. Will eine Brauerei eine bestimmte Gerste verwenden, könnten Lizenzgebühren fällig werden.

Schlimmer noch: Der Rechteinhaber kann, muss aber keine Lizenz verkaufen. Auch Gerstenzüchter sind demnach betroffen. In der Branche herrscht entsprechend Aufruhr. Die Antragsteller argumentieren, dass sie Bier noch innovativer machen wollen. Ein Punkt, den die Kritiker nicht gelten lassen wollen. Ökonomische Absichten stünden hier im Vordergrund. Carlsberg ließ eine Anfrage zu dem Thema unbeantwortet.

„No patents on seeds!“ kritisiert auch das EU-Patentamt: Es folge stärker den Industrieinteressen als denen der Gesamtgesellschaft. Mit dem Hinweis darauf, dass das Amt an jedem Patent Geld verdient, steht der Vorwurf der Käuflichkeit im Raum.

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