Der Eistee-Markt in Deutschland wird derzeit angetrieben von der sogenannten Creator Economy. Frustriert es Sie, dass Rapper und Tiktok-Influencer auf einmal die Stars im Getränkeregal sein sollen?
Weiwei Yao: Nein. Wir beobachten mit Freude, dass der Markt wächst und neue Konsumenten hinzukommen. Der FMCG-Markt in Europa ist doch in der Regel sehr statisch und nicht von Wachstum geprägt. Wenn Musiker oder Influencer dazu beitragen, junge Menschen für die Kategorie Eistee zu begeistern, kann das für das Geschäft nur gut sein.
Die Firmen hinter Namen wie „4Bro“ oder „Bratee“ sind bisher keine Schwergewichte in der Getränkeindustrie und waren bis vor einem Jahr kaum bekannt. Dass gerade Newcomer die besten Platzierungen bekommen, muss Pepsico doch ärgern.
Es ist fraglich, wie nachhaltig dieser Trend wirklich ist. Schaffen es diese Produkte für die jungen Konsumenten, über eine längere Zeit relevant zu bleiben? Die Jugendlichen identifizieren sich mit ihren Stars und deren neuen Marken. Welche Firma dahintersteht, ist nicht sonderlich relevant. Genau das unterscheidet aber eine international führende Marke wie Lipton von diesem neuen Phänomen. Wir sehen das als Herausforderung und fragen uns, wie wir als Lipton für die junge Zielgruppe relevant und interessant bleiben können.
Und wie wird das funktionieren?
Jedenfalls nicht, indem wir jetzt andere kopieren. Lipton ist in 19 Ländern die führende Marke im Bereich Ready-to-Drink-Eistee. Der Name Lipton steht aber für viel mehr: für eine lange Tradition als Unternehmen mit Tee-Expertise. Wir trauen uns also selbstbewusst zu, Produkte auf den Markt zu bringen, die besser schmecken als die des Wettbewerbs. Der zweite wichtige Aspekt ist das, was wir den „Goodness Faktor“ nennen. Dazu zählen ökologisch nachhaltige Aspekte genauso wie Maßnahmen, die unsere Produkte ernährungsphysiologisch besser machen. Als Beispiele seien hier nur genannt, dass wir schon jetzt in Deutschland für Lipton RTD auf 100 Prozent recycelbares PET setzen, dass Pepsico weltweit das Erreichen von Netto-Null-Emissionen bis 2040 anstrebt sowie einen positiven Netto-Wasserverbrauch bis 2030 erreichen will. Mit dem „Positive Choice“-Ansatz ermöglichen wir schon jetzt, dass 70 Prozent unseres Lipton-RTD-Portfolios weniger als 5 Gramm zugesetzten Zucker je 100 Milliliter hat. Viele Wettbewerber liegen bei 9 bis 10 Gramm. Wir glauben, solche Themen sind für die Zielgruppe sehr relevant, und wir wollen hier die sichtbare Führung übernehmen.
Letzte Frage zum Thema Rapper-Eistee: Ihre neuen Wettbewerber können deutlich höhere Preise durchsetzen als die etablierten Marken. Neid?
Nein. Es ist doch schön zu sehen, dass es auch anders geht. Die Konsumenten zahlen mehr, weil die Marke sie anspricht. Die Deutschen galten ja lange als sehr „rationale“ Käufer. Wenn sich jetzt zeigt, dass es auch anders geht: umso besser. Wir werden beobachten, ob der Markt offen ist für Veränderung.
Da muss auch der Handel mitspielen. Die Edeka führt derzeit wieder Jahresgespräche und setzt bei den Preisverhandlungen auch auf die Ultima Ratio der Auslistung.
Der Handel wird kein Interesse daran haben, das Geschäft seiner Partner aus der Industrie unprofitabel zu machen.
Die allgemeinen Steigerungen bei Preisen für Rohstoffe dürften aber auch Sie treffen. Wo hakt es gerade besonders?
Es gibt eine allgemeine Kosteninflation. Das betrifft Rohstoffe, aber auch insbesondere die Logistik. Ein Beispiel: Hat es vor ein paar Jahren rund 4.000 US-Dollar gekostet, einen Container über den Schiffsweg nach Asien zu transportieren, liegt der Preis heute bei rund 20.000 US-Dollar. Die Erhöhung der Transportkosten, auch auf dem Land, haben teilweise etwas mit den Folgen der Covid-Pandemie zu tun und gehen auf einen Arbeitskräftemangel zurück. Hinzu kommt, dass so ziemlich jeder Rohstoff im Preis steigt. Früher gab es das auch, aber es ist ungewöhnlich, dass es keine Schwankungen im Rohstoff-Mix gibt, sondern alle Waren nur eine Richtung kennen: nach oben.
Kommen wir noch einmal auf das dominierende Thema Nachhaltigkeit zurück. Pepsico setzt in Deutschland auch für Lipton auf Einweg, also PET und Dose. Glauben Sie, dass die Umstellung auf 100 Prozent rPET dieses Geschäftsmodell wirklich für die Zukunft aufstellen kann?
Zunächst möchte ich Plastik nicht total diskreditieren. Es ist eine große Erfindung des letzten Jahrhunderts, die vielen Menschen einen großen Nutzen gebracht hat. Das Problem ist, wenn Plastik zu Abfall wird. Das muss vermieden werden. Wir haben eine Verpflichtung und wollen nicht nur die Flaschen zu 100 Prozent wiederverwertbar machen, sondern beispielsweise auch die Etiketten. Darüber hinaus gibt es in der Industrie enorme Anstrengungen, um Verpackungslösungen zu finden, die nachhaltiger sind. Papier oder pflanzenbasierte Verpackungsstoffe seien hier nur als zwei Beispiele genannt. Besonders positiv ist, dass die großen Unternehmen hier gemeinsam, Seite an Seite, forschen und entwickeln (Pepsico forscht und entwickelt unter anderem mit Nestlé an biobasierten Kunststoffen sowie Papierflaschen. Anm. d. Redaktion). Ich kann nicht im nächsten Jahr den großen Durchbruch versprechen, aber es passiert gerade sehr viel.
Im Moment ist der rPET-Markt hart umkämpft, und kurioserweise ist der bereits genutzte Stoff teurer als eine Flasche aus Rohöl. Wie wollen Sie das in Zukunft mit Ihrem 100-Prozent-Ziel stemmen?
Es gibt gerade eine große Nachfrage, und der Markt ist angespannt. rPET sollte nicht teurer sein als Virgin-PET. Aber auch hier bin ich zuversichtlich. Wenn die dominierenden Player im Markt sich engagieren und eine entsprechende Infrastruktur aufbauen, wird sich die Kostensituation entspannen. Wir haben etwas Ähnliches in unserer Snack-Sparte erlebt, als wir beispielsweise die gesättigten Fettsäuren in unseren Produkten verringert haben, indem wir höherwertige Öle eingekauft haben.
In Deutschland sind wir ja stolz auf unser Mehrwegsystem und den Verpackungsmix mit Glas sowie Mehrweg-PET. Kein Weg für Pepsico?
Glas hat seine eigenen Probleme. Im Zuge einer drohenden Wasserknappheit muss man sich die Frage stellen, ob es sinnvoll ist, Mehrwegglas aufwendig und ressourcenverschwendend in mehreren Durchläufen zu waschen. Aber wir verweigern uns kategorisch erst einmal keiner Lösung, sondern wollen das Verpackungsproblem ganzheitlich betrachten.
Können Sie das konkretisieren?
Es geht darum, über die Flasche oder die Dose hinauszudenken. Wir erleben doch gerade, dass sich im Zuge der Pandemie die Konsumgewohnheiten stark verändert haben. Durch Arbeiten im Homeoffice wird mehr Zeit zu Hause verbracht, öfter zu Hause gegessen. Wie wird sich das auf unser Geschäft auswirken? Wir haben da gerade mit unserer Tochterfirma Sodastream gute Antworten parat. Die kohlensäurehaltigen Softdrinkmarken von Pepsi gibt es bereits seit über einem Jahr auch als Sirup zum Selbstmischen. Ein toller Erfolg. Ganz neu gibt es jetzt auch die Möglichkeit für Lipton Eistee mit einer eigenen Sirup‧range. Ein Sirup ersetzt dabei sechs 1,5-Liter-Plastikflaschen.