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Hamburg gilt als das Trend-Barometer für alkoholfreie Getränke (AfG). Egal wo in Deutschland gerade die nächste AfG-Revolution gestartet wird: Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz, dass Newcomer ihre Feuertaufe bei Hamburger Gastronomen und Händlern bestehen müssen, um nationalen Erfolg zu haben. Die in Unterfranken von Brauer Dieter Leipold erfundene Bio-Limo Bionade beispielsweise konnte 1999 ohne finanzielles Polster nur durchstarten, weil sich das innovative Getränk schnell bei den Bewohnern an der Elbe rumgesprochen hatte. (Auch wenn der Mythos besagt, dass die erste Bionade-Lieferung nach Hamburg ein Versehen war.)
„Es gibt eine wachsende Gruppe, die auf Zucker verzichtenmöchten.“
Roland Bittermann, Drinkstar
Eine gute Gelegenheit, um sich also einen Überblick über die Trends im AfG-Markt zu verschaffen, ist die jährliche Gastronomie-Messe Internorga in Hamburg. Ein Allround-Paket des guten Gewissens beispielsweise präsentierte das Unternehmen Ferdinant Kreutzer Sabamühle mit der Marke Guampa. Nach Angaben von Vertrieblerin Gertrud Kreutzer „der erste Energy Drink mit Real-Stevia aus Paraguay“, ohne Zucker und Süßstoffe chemischen Ursprungs. Mit je 1 Cent pro verkaufter Dose sollen paraguayische Kleinbauern unterstützt werden. Listungserfolge erzielte die in Nürnberg ansässige GmbH schon bei Marktkauf, Rewe Süd, Edeka Südbayern, Globus sowie Getränke Hofmann in Berlin.
Auch das junge Unternehmen Acáo aus dem hessischen Taunusstein war bei der Hamburger Messe vertreten, um den eigenen Wachmacher (O-Ton Brandmanager Ivo Cosic: „erfrischend wie eine Limonade und belebend wie eine Tasse Kaffee“) vorzustellen: Hergestellt auf Basis von Quitten- und Zitronensaft mit Sanddornpulver und Guarana, stellen die Macher vor allem die geringe Kalorienzahl von 17 Kalorien je 100 ml in den Vordergrund. Ermöglicht wird dies u. a. mit Agavendicksaft als alternatives Süßungsmittel.
„Bei Stevia ist die totale Ernüchterung eingetreten.“
Ullrich Schweitzer, Hassia
Kommt jetzt Das Ende der Zuckerbombe?
Was auffällt: Industriezucker scheint bei den Newcomern im Markt verpönt. Zwar gibt es Light-Varianten mit künstlichen Alternativen wie beispielsweise Aspartam schon seit Jahrzehnten. Sie bewegen sich aber seit Jahren deutlich aus der Nische in den Mainstream und sind für den Handel eine unverzichtbare Größe in der Getränke-Abteilung geworden. Aktuelle Zahlen der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke belegen einen Rückgang beim Konsum von klassisch zuckerhaltigen Limonaden: Lag deren Pro-Kopf-Verbrauch 2012 noch bei 68,1 l, so liegt er 2016 nur noch bei 63,2 l (2015: 65,7 l). Dies entspricht einem Rückgang von 3,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert.
Allerdings glaubt nicht jeder an das baldige Ende der Zuckerbombe: „Der in den Medien erzeugte inhaltliche Resonanzboden stimmt nicht mit dem tatsächlichen Kaufverhalten überein“, sagt beispielsweise Ullrich Schweitzer, Geschäftsführer Marketing bei der Hassia-Gruppe. Kalorienarme und kalorienfreie Limonaden könnten sich nach Überzeugung des Marketing-Chefs noch nicht in dem prognostiziertem Maße durchsetzen und eine positive Entwicklung deutlich über den zuckergesüßten Limonaden generieren. Schweitzer muss es wissen, denn mit Bizzl mischt die Gruppe kräftig im Markt der leichten Limonaden mit. So verschafften auch neue zuckerfreie Varianten der Marke 2016 ein zweistelliges Wachstum. Zudem habe man mit der Dose als auch mit dem 0,75-l-Glas-MW-Gebinde der starken Nachfrageentwicklung nach kleinen Gebinden erfolgreich Rechnung getragen und die Käuferreichweite deutlich verbessern können. Positive Zahlen also, die nach Auffassung von Schweitzer aber nicht den Markt repräsentieren.