Hilcona Frischer Wind für den Markt

Martin Henck (Foto), CEO von Hilcona, im Gespräch zum Ausbau des Start-ups The Green Mountain, das Veggie-Produkte auch für den deutschen Markt produziert.

Dienstag, 28. Juni 2022 - Fleisch
Jens Hertling
Artikelbild Frischer Wind für den Markt
Bildquelle: Hilcona

Hilcona ist als Hersteller von Convenience-Produkten bekannt. Warum geht Hilcona jetzt auch noch in den Veggie-Bereich?
Convenience schliesst Veggie grundsätzlich ja nicht aus. Veggie ist für uns eine logische Sortimentsergänzung, da Hilcona sich als zukunftsorientierter Lebensmittelproduzent versteht. Das Unternehmen hat im Jahre 1935 als Produzent von Gemüseprodukten begonnen und auch heute ist die Mehrheit unserer Produkte vegetarisch oder vegan. Nachhaltige Konzepte sind uns besonders wichtig. Unsere Produkte sind im Handel etabliert und werden immer stärker nachgefragt. Alleine im Food Service bieten wir über 100 vegetarische und vegane Produkte an, im Retail sind es noch einmal deutlich mehr. Die Hilcona Gruppe möchte dem Ernährungsanspruch der zukünftigen Generationen mit geeigneten Produktkonzepten gerecht werden, dabei spielen plant based Produkte eine wichtige Rolle. 

Wie lautet Ihre Strategie bezüglich Veggie?
Die Nachfrage nach den verschiedenen plant based Produkten wächst sehr erfreulich. Unsere Zielgruppe sind Verbraucher, die gerne kochen und die eine Wertschätzung für Qualität haben. Die steigende Nachfrage nach dem Fleischersatz ist auch die Folge eines bewussteren Konsumverhaltens. Dies hat sich nun noch einmal beschleunigt.  Im Geschäftsjahr 2021 konnten wir im Bereich der vegetarischen und veganen Produkte ein zweistelliges Wachstum zum Vorjahr verzeichnen. Die Menschen kochten in der Pandemie verstärkt selbst und beschäftigten sich dadurch sehr viel mehr mit dem Thema Ernährung. Sie wollten sich sehr gut, aber auch bewusster ernähren. Dieser Trend setzt sich fort. Unsere Strategie ist deshalb klar ausgelegt: Stabilisierung und moderater Ausbau der Schweizer Marktanteile, sukzessiver Ausbau des Veggie Geschäftes in Österreich und Deutschland sowie im Food Service Bereich durch qualitativ hochwertige Produkte zu angemessenen Preisen. Natürlich arbeiten wir auch an pflanzenbasierten Produkten in unseren Kernsortimenten wie Pasta oder Mahlzeiten. So haben wir beispielsweise gerade vegane Gnocchi und Ravioli Bolognese unter der Marke Hilcona lanciert.

Warum haben Sie die Marke „The Green Mountain“ genannt, ein Start Up gegründet und was haben Sie mit der Marke vor?
Viele Startups haben frische Ideen und Dynamik gepaart mit Authentizität und Glaubwürdigkeit in etablierte Kategorien gebracht. Dank hoher Agilität, Fokus, unternehmerischem Denken, Story Telling und dem Einsatz neuer Technologien konnten sie Marktanteile gewinnen. Die Kategorie der Fleischalternativen ist sehr dynamisch, Technologie orientiert und passt nicht ins Territorium der Marke Hilcona. Deshalb haben wir ein internes Startup gegründet, welches nach Bedarf auch auf die Ressourcen der Hilcona Gruppe zugreifen kann. Wir konnten ein dynamisches, motiviertes Team aufbauen, welches die Marke The Green Mountain vorantreibt und Synergien der Hilcona Gruppe nutzen kann. So erfolgt beispielsweise der Vertrieb über die bestehenden Hilcona Kanäle im Retail und Foodservice. Der Erfolg gibt uns bisher Recht uns spornt uns weiter an. Mit dem Ausbau der Hilcona Taste Factory zu unserem vegetarischen Kompetenzzentrum haben wir mit Landquart auch einen Standort für unser internes Startup. Gelegen im Herzen der Schweizer Alpen, steht die Marke für hohe Qualität, Genuss und handwerkliche Tradition. Neue Ideen und Technologien gepaart mit unseren Schweizer Wurzeln und etwas Bodenständigkeit. Die grünen Berge der Region waren die Quelle der Inspiration für die Marke und das Logo. Das Startup The Green Mountain fokussiert auf Fleischalternativen, welche sowohl in der Anwendung als auch im Geschmack Fleisch sehr nahekommt.

Welche Produkte haben Sie im Veggie-Bereich?
Unser Produktsortiment ist sehr vielfältig und wir teilen die Freude und den Genuss am veganen Kochen und Essen. Wir achten sehr genau auf die Veränderungen bei den Verbraucherbedürfnissen und möchten dem Umdenken in der Gesellschaft Rechnung tragen. Unser Sortiment reicht deshalb von traditionellen Veggie Produkten von Gemüsebeilagen bis zu Fleischalternativen wie veganen Burgern oder pflanzenbasierten Steaks und Hühnerbrust. Besonders die größeren Fleischstücke stehen sehr positiv im Verbraucherfokus und werden sich in Zukunft überdurchschnittlich ausdehnen. Einzelne Produkte wie Falafel bieten wird auch in Bioqualität und verschiedenen Geschmacksrichtungen an.

Wen definieren Sie als Zielgruppe für Ihre Veggie-Produkte?
Wir fokussieren uns auf Flexitarier, also Konsumenten, welche ihren Fleischkonsum etwas reduzieren möchten. Mit dieser Zielgruppe werden deutlich mehr Verbraucher angesprochen als mit Konsumenten einer rein vegetarischen oder veganen Ernährung. Diese Zielgruppe ist offen für neue kulinarische Entdeckungen, sucht geschmackvolle Produkte und achtet auf eine gesunde Ernährung. Mit der raschen technologischen Entwicklung sind große Fortschritte im Bereich Produktqualität in den letzten Jahren möglich geworden. Der Konsument sucht geschmackvolle Produkte, welche sich leicht zubereiten lassen. Mit neuen Verfahren und Technologien werden auch weiterhin große Fortschritte im Bereich Qualität zu erwarten sein. Die Gesundheit ist ein weiteres wichtiges Kriterium beim Kaufentscheid. Wir haben beispielsweise bereits erste Produkte im Bereich Beilagen in Bioqualität entwickelt. Zudem spielen Nachhaltigkeit wie der CO2 Footprint und ethische Fragen wie das Tierwohl eine große Bedeutung. Eine aktuelle Studie der Universität St. Gallen hat auch aufgezeigt, dass mit sinkenden Preisen neue Käufergruppen in die Kategorie einsteigen werden. Die pflanzenbasierte Ernährung wird immer mehr auch Teil eines persönlichen Lifestyles.

Der deutsche Verbraucher gilt als äußerst preissensibel. Wie wollen sie bei den Veggie-Produkten vorgehen?
Deutschland ist in der Tat anders (schmunzelt). Das Preisniveau auf deutschen Märkten ist nicht nur für uns eine echte Herausforderung. Wir können aber durch unsere bewährte kulinarische Produktkompetenz und unser professionelles Rohstoffmanagement hochwertige Produkte auf einem akzeptablen Kostenniveau anbieten. Grundsätzlich kosten die Produkte bei uns immer das, was sie wert sind. Ich gehe davon aus, dass sich auch in diesem Markt verschiedene Preisstufen etablieren werden. Im Moment sind die Volumen noch relativ klein und verschiedene Technologien sind noch in Entwicklung. Mit zunehmenden Volumen und Optimierung der Prozesse wird aber auch die Effizienz in der Produktion steigen. Bereits heute haben wir die Kapazitätsgrenzen für verschiedene Produkte in der Schweiz erreicht und wir planen die interne Verlagerung auf neue, optimierte und leistungsfähigere Linien im angrenzenden EU-Raum. Für den Schweizer Markt werden wir weiterhin in der Schweiz produzieren.

Wo stellen sie die Veggie-Produkte her und wie erfolgt die Distribution? Was wurde vorher investiert?
Wir haben verschiedene Produktionsstandorte in der Schweiz, Liechtenstein, Österreich und Deutschland. Von hier aus werden die jeweiligen Märkte mit unseren Produkten versorgt. Um den deutschen Markt noch besser zu erschliessen, haben wir das Werk im nordrhein-westfälischen Bad Wünnenberg von unserem Mutterkonzern Bell Food Group übernommen und es zu einem modernen Werk für Frischprodukte umgebaut. Wir produzieren dort Feinkostsalate, Bowls, frische Mahlzeiten für den Warm- und Kaltverzehr als auch Komponenten für die Thekenauslage. In der Gruppe verfügen wir jetzt über verschiedene modernste Betriebe in der Schweiz, Liechtenstein, Österreich und Deutschland, welche die ganze Palette an Frischprodukten herstellen.

Welche Inhaltsstoffe haben die Produkte von The Green Mountain?
Pflanzliche Proteine und andere vegane textur- und geschmacksgebende Komponenten. Die The Green Mountain Produkte erfüllen übrigens auch eine wahnsinnig wichtige Aufgabe, die einen Wandel schaffen kann: Sie bereichern den Speiseplan, statt ein Mangel-Gefühl entstehen zu lassen – und führen so selbst hartgesottene Fleisch-Freunde an ein „Weniger ist mehr“ heran. Mit Erfolg!

Werden die Rohstoffe regional bezogen?
Wo immer möglich, werden von uns bewusst regionale Rohstoffe verwendet. Leider reicht aufgrund der grossen Nachfragen das Angebot nicht immer aus, so dass dann ggf. auf das internationale Angebot ausgewichen werden muss. Klar spüren wir auch den internationalen Rohstoffmangel und die damit verbundene Verteuerung. Im Falle der Schweiz haben wir den Vorteil, dass wir durch die Hilcona Agrar ein eigenes, enges Netzwerk an 500 landwirtschaftlichen Betrieben haben und so einen Teil der Entwicklung abfedern können.

Hilcona ist im vergangenen Jahr im Bereich vegetarischer Produkte um 25 Prozent gewachsen. Rechnen Sie auch mit so einem Wachstum bei The Green Mountain?
Die Nachfrage nach den „The Green Mountain“ Produkten wächst sehr erfreulich. Gegründet im Jahre 2019 wurden das erste Produkt während der Pandemie lanciert, was sich im Nachhinein als Glücksfall erwiesen hat. Heute vertreiben wir ein breiteres Sortiment im Retail in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Auch im Foodservice haben wir die Marke erfolgreich lanciert. Die Produkte werden durch unseren Außendienst neben D-A-CH zusätzlich auch in Frankreich und Spanien angeboten.

Hilcona ist seit 2017 zu 100 Prozent ein Teil der Bell Food Group. Wie passt vor allem die The Green Mountain-Strecke in die Strategie der Bell-Group?
Sehr gut. Als Unternehmen ist es uns wichtig, uns auf die Konsumentenbedürfnisse auszurichten.  Die Bell Food Group ist breit aufgestellt und bietet bereits heute ein vielfältiges Convenience-Sortiment an. Dies geht von geschnittenen Salaten und Früchten bis zu Menükomponenten und Gewürzmischungen. Der Anteil vegetarischer Produkte macht insgesamt 22 % vom Umsatz aus, also über 900 MillionenCHF. Die Bell Food Group ist auch beteiligt am clean meat Unternehmen Mosa Meat und verfolgt somit aufmerksam die Entwicklung im Bereich kultiviertes Fleisch.

Wie unterstützten Sie den Handel bezüglich der Veggie-Produkte?
Wir bieten unser breites Knowhow und unsere langjährige Expertise an, sowohl im Bereich Marke als auch Handelsmarke. Für unser Markengeschäft erarbeiten wir auch Shopper- und Consumerinsights, welche die Basis für unsere Produktentwicklung sind. Dank unserer Foodserviceorganisation sind wir auch gut über die neusten Trends in der Gastronomie informiert, welche viele Impulse für das Retailsortiment liefern. Wir sehen uns als Innovationspartner des Handels, um die Kategorie gemeinsam zu entwickeln.  

Ukraine-Krieg: Was sind die größten Herausforderungen für Sie? (Preise, Rohstoffverfügbarkeit)?
Bereits vor dem Ukraine Krieg waren punktuell große Preiserhöhungen im Bereich einzelner Rohstoffe spürbar. Für uns von großer Bedeutung sind die dramatischen Preiserhöhungen im Bereich Hartweizengriess. Durch die Pandemie und die Öffnung kam und kommt es zu großen Verschiebungen in der Nachfrage, was bei einzelnen Kategorien dazu führt, dass wir an die Kapazitätsgrenze gelangen und wir punktuell mit Out of Stock Situationen konfrontiert sind. Mit dem Angriff der Ukraine kommt es zu starken Verwerfungen und zu Preisexplosionen am Rohstoffmarkt, in einer mir noch nicht bekannten Dimension. Unser Fokus richtet sich auf die Sicherung der Verfügbarkeit unserer Rohstoffe, Anlagen und Ersatzteile. Wir setzen auf eine Weiterführung der langjährigen Partnerschaften mit unseren Lieferanten.  Wir sind mit massiven Preiserhöhungen konfrontiert. Verschiedene Lieferanten sehen sich nicht mehr in der Lage, abgeschlossene Verträge einzuhalten. In Folge, haben auch wir die Situation, dass wir mit dem Handel nach partnerschaftlichen Lösungen suchen müssen, um dieser außergewöhnlichen Situation gerecht zu werden.  

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