Das Unternehmen Campofrio Food Group ist mit einem Umsatz von zwei Milliarden Euro ein großer Player im Fleisch- und Wurstbereich. Warum ist das Unternehmen in Deutschland dennoch so wenig bekannt?
In Deutschland haben wir den Fokus in der Kommunikation immer auf unsere Marken Aoste und Campofrio gelegt. Die Campofrio Food Group Deutschland reiht sich damit in eine Reihe von Konzernen ein, denen die Marke und die vermarkteten Konzepte in der Kommunikation wichtiger sind als das Unternehmen selbst.
Wann und mit welchem Geschäftszweck wurde die Campofrio Food Group Deutschland gegründet?
Die Campofrio Food Group Deutschland GmbH in der jetzigen Form existiert seit 2008. Das Unternehmen fungiert in Deutschland primär als Marketing- und Vertriebsgesellschaft und beschäftigt einen eigenen Außendienst für den deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Die Produkte für den deutschen Markt kommen hauptsächlich aus Frankreich und Spanien. Für unser Unternehmen in Ratingen sind 42 Mitarbeiter tätig, davon 15 im Außendienst. Der Umsatz in diesem Jahr wird ca. 57 Millionen Euro betragen.
Können Sie wirtschaftliche Zahlen nennen?
Die Campofrio Food Group hat mit Marken wie Navidul, Campofrio, Aoste oder Stegeman in europäischen Nachbarländern überall führende Marktpositionen inne. In Deutschland zählen wir mit einem Absatz von rund 6.000 Tonnen eher zu den Spezialitäten-Anbietern. Die Marken Aoste – vor allem mit luftgetrockneter Salami – und Campofrio – mit Serrano-Schinken oder Chorizo – sind in auch für den Handel profitablen Nischen positioniert. Insgesamt sind unsere Produkte in über 25.000 Verkaufsstellen in Deutschland erhältlich.
Welche Marken werden von der Campofrio Food Group in Deutschland vertrieben?
Die Campofrio Food Group Deutschland GmbH verantwortet zum einen den Vertrieb des SB-Sortiments der französischen Marke Aoste, also im Wesentlichen Snack, Dauerwurst und die Aufschnitt-Linie. Im Snackbereich gehören wir mit den Aoste Stickado zu den führenden Marktanbietern. In einem durch die Corona-Pandemie geprägten Jahr konnten wir mit der Marke Aoste bis August ein Umsatzwachstum von 10 Prozent verzeichnen, bei der Aoste Dauerwurst sogar von über 32 Prozent. Die Bedienungsware von Aoste wird nicht von uns vertrieben. SB- und Snackprodukte sowie Thekenware sind zwei sehr unterschiedliche Segmente, die jeweils eine spezialisierte Expertise und Zusammenarbeit mit dem Handel erfordern.
Zum anderen verantworten wir den Vertrieb der spanischen Produkte von Campofrio in Deutschland. Campofrio ist im Heimatland Spanien Marktführer und einer der Top-Hersteller für Wurstwaren. Auch in Deutschland sind die Produkte erfolgreich etabliert: Mit einem Marktanteil von 14 Prozent ist Campofrio die größte original spanische Marke hierzulande. Das SB-Sortiment umfasst Aufschnitt und Dauerwurst sowie Spezialitäten für die Bedientheke. Mit einem Umsatz-Wachstum von knapp 24 Prozent in diesem Jahr sind die Chorizo Griller und der Serrano-Schinken weiterhin die erfolgreichsten Campofrio-Produkte.
Wie zufrieden sind Sie mit der Auslastung Ihrer Werke?
Ich kenne die Auslastung unserer 25 Werke nicht. Unsere Supply Chain ist aber gut organisiert und hat die Lieferquote immer im Blick. Entsprechend erfolgt die Waren- und Produktionsplanung.
Wird der Konzern aus der Krise gestärkt hervorgehen?
Die Pandemie fordert alle Bereiche des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens fast überall auf der Welt. Da ging es uns nicht anders. In dieser schwierigen Zeit haben wir viel gelernt und gemerkt, was wirklich zählt. Als Nahrungsmittelproduzent standen wir, neben dem Handel, natürlich im Fokus. Insbesondere weil es darum ging, die Lieferkette aufrecht zu erhalten. Das ist uns sehr gut gelungen.
Wird sich die Fleischbranche durch Corona verändern?
Corona ist ein Beschleuniger für existierende Entwicklungen in Bereichen wie Regionalität, Nachhaltigkeit oder Transparenz. Das wird sicherlich auch die Fleischbranche nachhaltig verändern. Effekte werden zum Beispiel in den Konsumgewohnheiten – Stichwort vegetarische und vegane Produkte – und in den Warenströmen sichtbar werden. Außerdem werden zumindest mittelfristig die Konsumenten zu mehr SB-Produkten greifen.
Wird sich das Kerngeschäft von der Campofrio Food Group in Zukunft ändern?
Wurst- und Schinkenspezialitäten werden sicherlich unser Kerngeschäft bleiben. Mit den Aoste Gemüse-Sticks und dem Käse von Campofrio beginnen wir allerdings mit neuen Kategorien und werden auch zukünftig nach weiteren Standbeinen suchen.
Können Sie sich vorstellen, dass die Campofrio Food Group eines Tages auch In-vitro-Würstchen anbietet?
Für uns alle als Anbieter von authentischen Spezialitäten sehe ich das, Stand heute, noch nicht. Gleichzeitig bin ich neugierig darauf, wie der deutsche Konsument darauf reagieren wird, wenn in absehbarer Zeit die ersten bezahlbaren Angebote in den Regalen liegen.
Der Fleischbranche setzen demografische Veränderungen und geänderte Ernährungsgewohnheiten zu. Wie denken Sie über die Zukunft?
Der Fleisch- und Wurstmarkt steht vor Veränderungen, die vor allem von der jüngeren Generation geprägt werden. Der Anteil an Flexitariern und Vegetariern steigt. Für diese Konsumenten stehen Umweltbewusstsein und Tierwohl stärker im Fokus. Wir sehen, dass durch die demografische Entwicklung die Warengruppe Fleisch besonders unter Druck steht. Darauf müssen wir uns einstellen.
Wie preissensibel sind die Verbraucher?
Die Verbraucher in Deutschland sind nach wie vor besonders preissensibel. Aber wir beobachten auch den Trend, dass mehr Menschen weniger, dafür oft aber auch hochwertigeres Fleisch essen möchten. Dieser Trend wird sich auch zukünftig verstärken.
Ministerin Julia Klöckner lässt Lockangebote für Fleisch prüfen. Was halten Sie davon?
Lockangebote sind für mich generell ein Tabu – unabhängig von der Kategorie. Eine Wertschätzung für Lebensmittel kann nicht entstehen, wenn Dumpingpreise an der Tagesordnung sind.
Unter den Herstellern von Wurst gibt es in Deutschland viele Wettbewerber. Wie kann man da bestehen, wenn es nicht auf einen Preiskampf hinauslaufen soll?
Ich persönlich glaube, dass eine weitere Konsolidierung stattfindet und nicht alle Anbieter in diesem schwierigen Wettbewerbsumfeld überleben werden. Wir fokussieren uns auf Spezialitäten. Dabei bieten wir dem Handel, aber auch dem Konsumenten ein passendes Produkt-Angebot, welches zum Beispiel durch wertige Promotions oder ausgefallene Zweitplatzierungen unterstützt wird und einen Mehrwert darstellt. Das funktioniert in Zusammenarbeit mit dem Handel sehr gut.
Welche Trends können Sie im Fleisch- und Wurstsegment ausmachen?
Ich sehe einen Trend zu kleineren Verpackungen, was die demografische Entwicklung in Deutschland widerspiegelt. Wir beobachten ebenfalls, dass Snacking- und Convenience-Produkte weiterhin im Fokus stehen werden.
Wie wichtig ist der Snackbereich?
Mit ca. 45.000 Tonnen pro Jahr sind die Wurstsnacks in Deutschland ein verhältnismäßig kleines Segment. Für die Campofrio Food Group Deutschland ist der Snackbereich jedoch von großer Bedeutung, denn auf das Segment entfällt ein signifikanter Teil des Marken-Volumens und Umsatzes unserer Aoste-SB-Produkte.
Welche Produkte haben Sie und was entwickelt sich überragend?
Unsere bedeutendste Range seit langem sind die Aoste Stickado. Hier können wir ein Absatz-Wachstum von über 50 Prozent innerhalb der vergangenen vier Jahre verzeichnen. Besonders positiv entwickelt sich zum Beispiel unser relativ neues Produkt Aoste Stickado Hot Chili, welches 2017 lanciert wurde. In diesem Jahr haben wir zwei neue Produktlinien auf dem deutschen Markt eingeführt: Die Aoste Rustikado und die Aoste Gemüse-Sticks. Die Rustikado-Range in den Sorten Klassik, Chili und Hähnchen überzeugt durch die Räucherung über Buchenholz, bevor sie luftgetrocknet wird. Die Aoste Gemüse-Sticks in den Sorten Tomate-Paprika, Rote Beete und Karotte sind ein gebackener Snack aus frischem Gemüse, angereichert mit Olivenöl und ausgewählten Gewürzen. Sie bieten damit eine Alternative zu beispielsweise Chips.
Welches sind für die Campofrio Food Group die wichtigsten Innovationen für den deutschen Markt?
Die wichtigsten Innovationen sind die neuen Aoste Gemüse-Sticks. Nicht nur, dass wir damit eine stark wachsende Nachfrage nach alternativen Snack-Produkten bedienen. Für unser Unternehmen stellt es außerdem auch das erste Produkt dar, welches nicht unter die Kategorie „Fleisch und Wurst“ fällt.
Gibt es weitere Neuerungen?
Auch einige Aoste-Klassiker werden wir überarbeiten: Acht SB-Aufschnitt-Produkte, darunter Koch- und Rohschinken sowie Salami- und Hähnchen-Aufschnitt bekommen ein überarbeitetes Design und eine runderneuerte Verpackung mit 75 Prozent weniger Plastik als die Vorgängerprodukte. Damit wollen wir das Sortiment nach einer längeren Phase des Stillstands deutlich weiterentwickeln.
Welche Neuheiten haben Sie außerhalb des WFG-Bereichs?
Ganz neu ist für Campofrio auch der Aufschlag mit Käse auf dem deutschen Markt. Bisher steht die Marke in Deutschland ausschließlich für Fleisch – vor allem Serrano-Schinken. Neben einem anhaltenden Trend zu alternativen Proteinen reiht sich der Käse hervorragend in das sortimentsübergreifende Tapas-Konzept ein.
Welche verkaufsunterstützenden Informationen und Materialien stellen Sie den Händlern zur Verfügung?
Für eine optimale Warenpräsentation im Markt stellen wir ein umfangreiches und aufmerksamkeitsstarkes Display-Sortiment zur Verfügung. Neu ist in diesem Jahr zum Beispiel der Aoste LKW, auf dem das gesamte Snack-Sortiment der Marke vereint ist. Auch zu unseren neuen Konzepten Aoste Rustikado und Aoste Gemüse-Sticks gibt es spezielle Materialien wie gesonderte Zweitplatzierungsdisplays. Zusätzlich gab es zur Einführung der Aoste Gemüse-Sticks ein großes Unterstützungspaket, um mehr als 50 Millionen Kontakte über POS-Plakate, Coupons, Sampling etc. zu erreichen.
Was bringt die Zukunft?
Wir werden weiter auf Innovationen und ganzheitliche Produkt- und Vermarktungskonzepte setzen, ohne unsere Kernkompetenzen zu vernachlässigen. Hier haben wir auch andere Produktkategorien im Visier.