Fleischbranche Imagewandel erforderlich

Die Corona-Pandemie wirft ein Schlaglicht auf die großen Problemstellungen in der Fleischbranche, wie Management-Berater Otto Strecker im Interview erläutert.

Sonntag, 09. August 2020 - Fleisch
Jens Hertling
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Bildquelle: Getty Images

Welchen Herausforderungen muss sich die Fleischwirtschaft stellen?
Otto Strecker: Die Covid-19 Pandemie lenkt die Aufmerksamkeit auf bereits lange bestehende Herausforderungen in der Fleischbranche. Neben wiederkehrenden Themen wie LEH-Marktmacht, Preisvolatilität, Tierwohl und Regionalität, rücken momentan die Arbeitsbedingungen und der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter bedingt durch Corona-Hotspots in den Fokus der Öffentlichkeit. Insofern wird künftig die allgemeine arbeitsrechtliche Compliance von großer Bedeutung sein. Jedoch darf auch die Weiterentwicklung bestehender Hygienemaßnahmen sowie die Entwicklung von Pandemieplänen nicht vernachlässigt werden. Ebenso werden sich viele Betriebe in Bezug auf Beschaffungskanäle, Produktion und Vertriebswege neu positionieren müssen.

Wie denken Sie über eine Konsolidierung innerhalb der Fleischbranche?
Mehr als zehn Prozent der Übernahmen innerhalb der deutschen Ernährungsindustrie entfallen auf den Bereich der Fleisch- und Wurstwarenhersteller. Die meisten Übernahmen erfolgen dabei durch strategische Investoren, also Unternehmen der gleichen Branche.

Wie kann die Fleischbranche in Zukunft Personal rekrutieren?
Die stärker werdende Konkurrenz um den Produktionsfaktor Arbeit wird die Personalgewinnung deutlich erschweren. Bereits heute konkurriert die Agrar- und Ernährungsindustrie mit anderen Wirtschaftszweigen wie dem Baugewerbe um Arbeitskräfte. Speziell Unternehmen der Fleischwirtschaft haben an dieser Stelle aufgrund ihres oftmals schlechten Images einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Arbeitgebern. Langfristig ist zudem ein steigendes Angebot an Arbeitsplätzen in den heutigen Herkunftsländern der osteuropäischen Arbeiter zu erwarten.

Wie kann man die Abhängigkeit von ausländischen Arbeitern verringern?
Vor allem durch Mechanisierung und Digitalisierung kann die Abhängigkeit von osteuropäischen Arbeitskräften mittel- und langfristig reduziert werden. Kurzfristig muss der Umgang mit den Mitarbeitern in allen operativen Geschäftsbereichen stark verbessert werden - und zwar unabhängig von der exakten Ausgestaltung der umstrittenen Vertragsmodelle. Dies dient nicht nur den Mitarbeitern, sondern verbessert auch das stark geschädigte Image der deutschen Fleischbranche.

In welche Richtung wird die Entwicklung verlaufen?
Die Erzeugung von Fleisch- und Wurstwaren wird zunächst weiterhin das Kerngeschäft der meisten fleischverarbeitenden Unternehmen darstellen. Parallel muss jedoch auch die wachsende Nachfrage nach Fleischersatzprodukten bedient werden. Schlussendlich muss ein grundsätzliches Umdenken in der Fleischbranche stattfinden.

Wie wichtig ist ein Imagewandel?
Ein nachhaltiger Imagewandel ist unerlässlich und wird nur im Rahmen einer vollständigen Transformation der Fleischbranche gelingen können. In der langfristigen Perspektive könnte ein Imagewandel auch mit einer grundsätzlich anderen Bezeichnung der Branche und ihrer Erzeugnisse einhergehen. Möglicherweise sprechen wir künftig nicht mehr von „Fleisch“, sondern von „Hightech Proteinen“.

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