Interview mit Christian Wirtz Mit dem Handel wachsen

Wie tickt der Kosmetik-Kunde im Lebensmittel-Einzelhandel? Was braucht er? Wie sucht er? L‘Oréal Deutschland kennt die Antworten und unterstützt den Handel, mehr aus der Beauty-Kategorie herauszuholen, sagt Christian Wirtz, Customer Director LEH Deutschland.

Donnerstag, 09. August 2018 - Drogerieartikel
Bettina Röttig
Artikelbild Mit dem Handel wachsen
Bildquelle: Peter Eilers

Herr Wirtz, Sie sind seit einem guten halben Jahr Vertriebsleiter der Sparte LEH. Welche konkreten Ziele haben Sie sich für Ihre neue Aufgabe gesteckt, und welche ersten Maßnahmen haben Sie umgesetzt?
Christian Wirtz: Übergeordnet ist es natürlich mein Ziel, mehr Produkte unserer Marken L’Oréal Paris, Maybelline und Garnier in deutsche Badezimmer zu bringen. Ich setzte stark auf eine vertrauensvolle Partnerschaft mit dem Handel, und glaube daran, dass wir gemeinsam dauerhaft Wachstum generieren können – ohne jetzt eine Prozentzahl nennen zu wollen. Basis dessen ist ein enger Austausch. Konkret hatte ich mir hierfür das Ziel gesetzt, in den ersten 100 Tagen mindestens 50 intensive Kundenkontakte selbst zu realisieren – sowohl in den Handelszentralen, als auch in den Supermärkten, um zuzuhören und zu vermitteln, dass wir den Vertriebskanal der Super- und Verbrauchermärkte ernst nehmen. Am Ende waren es sogar deutlich mehr Kundentermine.

Zur Person

Christian Wirtz ist seit November 2017 Verkaufsleiter für den Vertriebskanal Food des Geschäftsbereichs Consumer Products von L’Oréal Deutschland und verantwortet die Kunden aus dem Lebensmittel- Einzelhandel, inklusive der Discounter. Wirtz startete seine Karriere als Berater bei McKinsey und war anschließend in den vergangenen zehn Jahren in verschiedenen Positionen bei Unilever tätig, unter anderem als Category Manager und Group Account Manager für Kaufland, Metro und andere Mitglieder der Markant- Gruppe. Zuletzt hat er die Marketingabteilung von Knorr in der Schweiz geleitet.

Welche Erkenntnisse haben Sie aus Ihren Gesprächen gewonnen?
Die Gespräche haben bestätigt, dass wir im Lebensmittelhandel noch enorme Potenziale haben. Das ist für mich ein sehr positives Signal, zeigt aber auch, dass wir in der Vergangenheit unsere Möglichkeiten noch nicht zu 100 Prozent ausgeschöpft haben und uns besser aufstellen müssen.

Wie wollen Sie dies erreichen?
Wir haben sehr viel Zeit investiert, um die Verbraucher besser zu verstehen, insbesondere den LEH-Shopper, dessen Motivation, Erwartungen und Zahlungsbereitschaft zu ergründen. Wir haben uns angeschaut, wie der Kunde die Produkte speziell im Super- und Verbrauchermarkt sucht und all diese Erkenntnisse abgeglichen mit der Realität am PoS. Den Händlern stellen wir die wichtigsten Daten zu ihren Zielgruppen und deren Wünschen zur Verfügung, bieten ihnen also nicht nur gute Produkte, sondern zudem Expertise und Beratung, um gemeinsam möglichst alle Potenziale ausschöpfen zu können.

Der Handel verfügt doch selbst über jede Menge Daten.
Stimmt, er verfügt über einige Daten. In meinen Gesprächen habe ich jedoch festgestellt, dass meist die Zeit fehlt, die vorhandenen Daten in der Form auszuwerten, wie wir dies getan haben. Den Mehrwert, den wir durch unsere Analysen bieten, weiß der Handel daher durchaus zu schätzen.


Sie haben Ihren Außendienst auf einen externen Kooperationspartner umgestellt. Warum dieser Schritt?
Wir haben eine schlankere interne Struktur geschaffen, um schneller Trends erfassen und Innovationen entwickeln zu können. Die externen Außendienstler unterstützen die Händler intensiv am Point of Sale, beraten sie im Bereich Category Management, während sich unsere eigenen Key Accounter stärker auf die Zusammenarbeit mit den Einkäufern in den Zentralen fokussieren können.

Bitte geben Sie Beispiele dafür, welche Informationen Händlern dabei helfen, mehr aus den Kosmetik-Sortimenten herauszuholen.
Die Plätze im Regal sind begrenzt, daher ist es wichtig, seine Kunden genau zu kennen, auf die richtigen Produktbereiche zu setzen und die richtigen Schnelldreher im Sortiment zu führen. Wachstumssegmente im LEH sind vor allem Männerpflege und Shampoo. Wenn ich als Händler zwei der fünf meist verkauften Shampoo-Marken nicht im Angebot habe, verschenke ich Umsätze. Bei Männerpflege ist es besonders wichtig, dass das Regal dem Suchverhalten entsprechend aufgebaut ist und die Produkte schnell gefunden werden. Das sind nur zwei Beispiele, zu denen wir unsere Erkenntnisse weitergeben.

Wie sieht der Kunde von Körperpflege und Kosmetik im LEH aus?
Im Vergleich zu Drogeriemärkten ist der Anteil männlicher Shopper für Schönheitspflege im Lebensmittelhandel deutlich höher. Die Supermarktkunden verfügen zudem über mehr Geld. 53 Prozent der Kosmetik-Käufer im LEH haben ein Haushaltseinkommen von mehr als 1.500 Euro. Interessant sind Shopper-Wanderungen zwischen den Kanälen. Einige Händler haben in den vergangenen Jahren ihr Angebot an Kosmetik zurückgefahren. Bei nicht dekorativer Kosmetik hat die Reduktion des Angebots stärker zu einer Abwanderung in die Drogeriemärkte geführt, bei dekorativer Kosmetik hingegen führte es dazu, dass die Kunden einfach weniger Produkte gekauft haben, nicht jedoch zu einer Abwanderung in Drogeriemärkte. Das heißt diese Umsätze können leicht zurückgewonnen werden.

Welche Erklärung haben Sie hierfür?
Die Kunden gehen nicht in den Supermarkt, um primär Kosmetikprodukte einzukaufen. Sie decken hier ihren Grundbedarf und greifen zusätzlich gerne zu Kosmetik, wenn die wichtigsten Produkte zur Verfügung stehen. Hier besteht also Wachstumspotenzial.

In den vergangenen Jahren haben sich die Drogisten immer stärker mit dekorativer Kosmetik profiliert. Wie unterstützen Sie den LEH, damit dieser dagegen halten kann?
Wichtig ist, zu wissen: Dekorative Kosmetik lohnt sich für jede Supermarkt-Größe. Wir haben daher vor einigen Jahren einen Regal-Aufleger mit den 20 Topsellern aus unserem Sortiment entwickelt, vom Mascara bis zum Make-up-Entferner, den wir aktuell wieder modernisiert und an die neuesten Shopperbedürfnisse angepasst haben. Diesen stellen wir dem Handel derzeit vor. Insgesamt ist es wichtig, Shopper anzuziehen, die wertig kaufen. Dies ist bei Käufern von dekorativer Kosmetik der Fall.

In Drogerien konkurrieren Sie mit einer wachsenden Zahl an jungen Start-up-Marken, im LEH ist es gefühlt im Drogeriesegment noch nicht so. Wie können Sie dies für sich nutzen?
Kosmetik-Start-ups spielen tatsächlich im Supermarkt eine deutlich geringere Rolle. Es geht den Verbrauchern weniger um Inspiration bei Körperpflege und Kosmetik als in den Food-Sortimenten. Das wird sich auch in absehbarer Zeit nicht ändern. L’Oréal schaut stets, was draußen passiert, greift neue Trends auf und legt eine große Geschwindigkeit an den Tag, um Innovationen auf den Markt zu bringen. Wir schauen: Was braucht der Konsument? Was braucht der Händler?

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