Süßwaren Markentreue Verbraucher

Eigentlich sind Krisenzeiten Süßwarenzeiten. Doch aktuell gilt: Der Umsatz legt zwar zu, doch der Absatz sinkt leicht. Dabei bleiben die Verbraucher den Marken weitgehend treu.

Sonntag, 23. Juli 2023 - Süßwaren
Manuel Glasfort
Artikelbild Markentreue Verbraucher
Bildquelle: Adobe Stock

Im englischsprachigen Raum gibt es einen schönen Spruch, den in der Süßwarenbranche wohl jeder schon einmal gehört hat: „Sweets to celebrate, sweets to compensate.“ Soll heißen: Egal wie die wirtschaftliche und gesellschaftliche Situation ist, Süßigkeiten sind stets gefragt. Und sei es, um sich über die trübe Lage hinwegzutrösten. Tatsächlich zeigen die neuesten Marktdaten von NielsenIQ aber: Die Verbraucher zügeln ihren Appetit auf Süßes und Snacks angesichts der hohen Inflation, wenn auch nur geringfügig. So sank der Absatz über alle Produktsegmente hinweg in den ersten Monaten bis Mai 2023 um 2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 610,6 Millionen Tonnen. Klarer Verlierer war hier die Kategorie Gebäck mit einem Absatzminus von 6 Prozent. Dabei verzeichnet Nielsen beim Gebäck auch das stärkste Umsatzplus mit 14,6 Prozent, während es über alle Kategorien hinweg 10,2 Prozent waren. „Der größte Trend ist die gegensätzliche Entwicklung zwischen Umsatz und Absatz. Das wird getrieben über die höheren Preise und ist etwas, das wir in allen Kategorien sehen, wenn auch etwas weniger ausgeprägt bei den Schokoladenwaren“, sagt Konstantin Lehr, Süßwarenexperte bei NielsenIQ.

Noch einen weiteren Schluss lassen die Daten zu: Das Minus in der Absatzmenge geht vor allem auf verkleinerte Packungsgrößen zurück. Denn der Absatz in Packungen ist mit 0,7 Prozent über alle Kategorien sogar leicht gewachsen. Doch enthalten diese Packungen heute eben weniger Ware als noch vor einem Jahr, als der Ukraine-Krieg gerade erst begonnen hatte. „Vor allem bei den Chips war es im letzten Jahr sehr offensichtlich, dass viele Hersteller die Verpackungen verkleinert haben. Das schlägt sich in geringeren Absatzmengen nieder.“ Mit anderen Worten: Wer früher Chips in der 175-Gramm-Packung gekauft hat, gibt sich heute eben mit 150 Gramm zufrieden.
Was die Zahlen der Konsumforscher nahelegen, bestätigt der Handel. „Wir hatten viele Grammatur-Anpassungen, zuletzt beispielsweise auch im Bereich Fruchtgummis. Diese indirekten Preiserhöhungen trägt der Verbraucher“, sagt Benjamin Löding, stellvertretender Einkaufsleiter bei der Lüning-Gruppe, die 36 Märkte betreibt. Löding gibt zu bedenken: „Die Süßware ist eine Kategorie, die sehr stark an Preisschwellen orientiert ist. Wenn diese überschritten werden, wirkt sich das auf den Absatz aus. Mit der Zeit nivelliert sich das aber. Der Verbraucher reagiert auch, indem er noch stärker bei Aktionsware zugreift.“ Zuletzt sei die Ausgabefreude im Bereich Süßware wieder etwas gestiegen.

Hersteller werden wieder innovativer
Dabei verteidigt die Süßware auch in Zeiten hoher Inflation ihren Ruf als eine von Marken dominierte Warenkategorie. Nachdem der Umsatzanteil der Marken am Geschäft im vergangenen Herbst und zu Jahresbeginn kurzzeitig unter die 70-Prozent-Schwelle fiel, hält er sich jetzt stabil darüber. Anders als bei anderen Warengruppen, wie etwa Molkereiprodukten, weichen die Verbraucher bei Naschereien relativ widerwillig auf günstigere Eigenmarken aus. Allerdings kann sich auch die Süßware dem Trend zur Eigenmarke nicht vollständig entziehen, wie Nielsen-Experte Lehr sagt. Einkäufer Löding bestätigt: „Der Eigenmarkenbereich entwickelt sich bei uns etwas stärker als die Marke. Letztere legen über die Promotion zu. Wir haben zu Jahresbeginn festgestellt, dass Multibuy-Aktionen sehr gut funktionieren und auch Überfüller.“ Grundsätzlich freue er sich darüber, dass gerade mittelständische Hersteller sich im Bereich Innovationen wieder mehr zutrauten. „In den Corona-Jahren wurden Randsortimente teilweise nicht produziert, um die Produktion auf den Top-Sellern auszulasten“, sagt Löding.

Und wie entwickeln sich die diversen Vertriebskanäle? Hier gibt der Süßwarenmonitor Aufschluss: Der Löwenanteil des Umsatzwachstums in den ersten Monaten des Jahres geht auf das Konto der Discounter. Mit 257,6 Millionen Euro verbuchten sie in absoluten Zahlen das größte Plus. Keine Überraschung, denn auf die Billigheimer entfällt mit 44,9 Prozent auch ein großer Teil des Gesamtumsatzes. Prozentual am stärksten zulegen konnte dagegen eine Vertriebsschiene, die die wenigsten mit Süßwaren assoziieren: Die Drogeriemärkte legten beim Umsatz um 17,3 Prozent zu, stärker als etwa kleine Supermärkte (16,9 Prozent), große Verbrauchermärkte (plus 8,8 Prozent), große Supermärkte (7,5 Prozent) und Discounter (10,8 Prozent). Woran liegt’s? Marktforscher Lehr erklärt: „Was bei den Drogeriemärkten aktuell stark wächst im Bereich salzige Snacks sind Produkte für Kinder aus Mais und Dinkel. Auch Produkte aus Linsen laufen weiterhin sehr gut.“ Hinzu komme, dass die Preissteigerungen in den Drogeriemärkten nicht so hoch seien wie bei Supermärkten.

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