ISM Im Zeichen der Krise

Die Vorbereitungen für die Internationale Süßwarenmesse in Köln Ende April laufen auf Hochtouren. Der Anmeldestand stimmt die Macher optimistisch, doch die Branche selbst steckt in der Krise.

Dienstag, 21. Februar 2023 - Süßwaren
Manuel Glasfort
Artikelbild Im Zeichen der Krise
Bildquelle: Koelnmesse GmbH; Alita Holzhauer

Wäre die Lage normal, so wäre die Internationale Süßwarenmesse (ISM) dieser Tage bereits über die Bühne gegangen. Doch die Lage ist nicht normal, der russische Überfall auf die Ukraine hat die Energie- und Rohstoffpreise explodieren lassen, und so wurde der internationale Branchentreff auf Betreiben der Trägerverbände einmalig auf Ende April verschoben. Dann werden die Hersteller in den Hallen der Koelnmesse wieder ihre Neuheiten präsentieren.

Der aktuelle Anmeldestand lässt erahnen, dass die erste ISM nach Corona ein voller Erfolg werden dürfte. Dichtes Gedränge statt leerer Gänge, darauf hofft Oliver Frese, Geschäftsführer der Koelnmesse. Er verbreitet Optimismus. Man habe Ende Januar bereits mehr als 1.200 Anmeldungen aus 72 Ländern auf allen Kontinenten. „Damit verzeichnen wir gegenüber der Veranstaltung im vergangenen Jahr jetzt schon einen Flächenzuwachs von über 50 Prozent“, sagt Frese. Und auch im Vergleich zur letzten ISM vor der Corona-Krise im Januar 2020 habe man bereits mehr als 80 Prozent der damaligen Fläche vermarktet. „Das sind wirklich beeindruckende Zahlen“, betont Frese.

Die diesjährige ISM steht unter dem Motto „Encourage, Enable, Excite“, zu Deutsch „Ermutigen, Befähigen, Begeistern“. Dabei ist die internationale Strahlkraft des Branchentreffs auch nach der Corona-Pandemie ungebrochen. Mehr als 30 Gemeinschaftsstände aus 25 Ländern und Regionen hätten ihre Teilnahme bereits bestätigt, sagt Frese. Mit dabei seien europäische Nationen wie Belgien, Frankreich, Dänemark, Großbritannien, Irland, Lettland und Litauen. Aber auch Asien ist mit China und Taiwan vertreten. Besonders freut Frese sich allerdings über ein Gastspiel aus Südamerika. „In diesem Jahr werden wir zum ersten Mal seit langer, langer Zeit wieder einen Länderpavillon aus Peru haben“, sagt Frese. „Das zeigt, dass wir uns auf eine starke Rückkehr der ISM freuen können.“

Parallel zur ISM erwartet die Messegäste in Köln die Pro Sweets Cologne, auf der sich die Zulieferindustrie der Süßwarenhersteller präsentiert. Hersteller von Rohstoffen, Verpackungen, Maschinen und Anlagen werden ihre Produkte vorstellen. Der Fokus der Pro Sweets Cologne liegt in diesem Jahr auf dem Thema Networking. „Wir werden die Industrie zusammenbringen“, verspricht Frese. Die Pro Sweets werde ein Matchmaking-Breakfast organisieren am 25. April zwischen den Ausstellern der ISM und den Ausstellern der Zulieferindustrie. „Damit stärken wir die ohnehin schon starke Verzahnung beider Veranstaltungen.“ Er ist überzeugt: „Dieses Messe-Doppel bietet eine optimale Austauschplattform.“ Frese freut sich auch über die hohe Internationalität der Pro Sweets Cologne. Der Anteil ausländischer Aussteller liege aktuell bei über 60 Prozent.

Die Süßwarenbranche trifft sich zu einer Zeit, in der sie enormen Herausforderungen gegenübersteht. Bereits bei der letzten Ausgabe 2022 waren die infolge der Corona-Krise angespannten Lieferketten das Dauerthema an den Messeständen, seither hat der Ukraine-Krieg für weitere Verwerfungen gesorgt. Bastian Fassin, Vorsitzender des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), blickt daher auf ein schwieriges Jahr zurück – trotz gewachsener Produktion. Nach ersten Schätzungen des BDSI legte die Produktionsmenge 2022 um 2,8 Prozent auf 4 Millionen Tonnen zu, während der Umsatz um 6,5 Prozent auf rund 14 Milliarden Euro stieg. Das Wachstum verdankt die Branche im Wesentlichen dem Export, denn im Inland ging der Konsum sogar leicht zurück um 1,8 Prozent. Fassin hält fest, dass das Wachstum bei Produktion und Umsatz nicht die Folgen des Krieges und der Corona-Krise sowie der damit entstandenen Mehrkosten abdeckt. Vielmehr erlebe die mittelständisch geprägte Branche ihre schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. „Das eine sind natürlich die Kostensteigerungen. Auf der anderen Seite gab es immense Probleme bei den Lieferketten. Viele Unternehmen haben im letzten Jahr vielfach entweder nicht produziert oder ihre Produktionspläne regelmäßig umwerfen müssen, weil Rohstoffe nicht geliefert werden konnten.“

Arbeitskräftemangel bleibt ein Thema
Der BDSI-Vorsitzende und Katjes-Chef Fassin wirft der Politik auf nationaler und europäischer Ebene eine „mittelstandsfeindliche Politik“ vor und fordert bessere Rahmenbedingungen: „Dazu gehört, dass wir Energie zu vernünftigen Preisen haben. Dazu gehört, dass wir Arbeitskräfte haben. Dazu gehört, dass wir eine vernünftige Infrastruktur haben. Wir müssen unsere Produkte durch ganz Deutschland transportieren.“ Stattdessen gebe es eine Flut an Regelungen, die bei einem „Weiter so“ zu einer Bereinigung des Mittelstandes führe. „Die enormen Kostensteigerungen führen dazu, dass immer mehr Standortentscheidungen gegen Deutschland gefällt werden“, warnt Fassin. Der Mangel an Arbeitskräften selbst für einfache Tätigkeiten beschäftige 84 Prozent der Unternehmen.

Beobachtungen aus dem Handel steuerte Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des Mittelstandsverbunds, bei: „Insgesamt ist bemerkenswert, dass das Süßwarengeschäft 2022 so stabil verlaufen ist.“ Allerdings habe sich das Kaufverhalten der Konsumenten geändert. „Dabei stieg das Interesse für vegane, nachhaltige und bewusste Ernährung. Gerade in der Weihnachtszeit ist uns das aufgefallen“, so Veltmann. Dagegen sei die Kaufbereitschaft für Premiumprodukte deutlich gesunken, während es eine Verschiebung hin zu Handelsmarken und zum mittleren Preissegment gegeben habe.

Und wie steht es um Produktinnovationen in diesen krisenhaften Zeiten? Fassin ist sich sicher, dass aufgrund der gestörten Lieferketten in der Corona-Zeit der Handel weniger Interesse an Innovationen hatte und auch die Industrie andere Prioritäten setzen musste, als Neuheiten zu entwickeln. Fassin ist sicher, dass es zuletzt weniger Innovationen gab, kann aber keine Zahlen nennen. Ungeachtet dessen dürften die Produzenten für die ISM Ende April wieder manche Neuheiten im Gepäck haben. ◾
Maskottchen wie diese dürften den Messegästen in Köln wieder begegnen.

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