Kelloggs „Wir erleben eine Snackification in Deutschland“

Oliver Bruns (Foto), Kellogg-Geschäftsführer für Deutschland, Österreich und die Schweiz, über stille Zuckersenkungen, die der Verbraucher kaum schmeckt, die Bedeutung des Pringles-Geschäfts und Verpackungen mit Mehrwert.

Freitag, 15. Juli 2022, 15:34 Uhr
Markus Heine
Artikelbild „Wir erleben eine Snackification in Deutschland“
Bildquelle: Kellogg

Herr Bruns, in der Pandemie waren die Menschen vermehrt zu Hause. Wie haben sich die Segmente Müsli, Cerealien und Snacks in dieser Zeit bei Kellogg entwickelt?
Oliver Bruns: Die Kategorie der Ready-to-eat-Cerealien wächst weiter. Den großen Boom haben wir in den vergangenen Monaten allerdings vor allem bei den Chips und Snacks gesehen. Wir erleben eine regelrechte Snackification in Deutschland. Unsere Pringles waren gerade in den letzten Monate so nachgefragt wie noch nie. Wir erwarten, dass die Nachfrage durch Ereignisse wie die Fußball-Weltmeisterschaft weiterhin hoch bleibt und weitersteigt.

Entsprechend gut verlief auch das erste Quartal im Jahr 2022?
Grundsätzlich sind wir mit der Entwicklung sehr zufrieden, wobei sich gerade das Pringles-Geschäft weiterhin sehr positiv entwickelt. Es macht inzwischen in Deutschland etwa zwei Drittel unseres Gesamtgeschäfts aus.

Inzwischen gibt es kaum noch Homeschooling und auch viel weniger Homeoffice: Wie wollen Sie zukünftig hierzulande Impulse setzen?
Ob im Homeoffice, im Büro oder bei den verschiedenen Freizeitaktivitäten: Wir bieten Produkte für nahezu jeden Geschmack und Anlass. Dazu gehören Klassiker wie Kellogg’s Choco Krispies Chocos oder Trésor ebenso wie Corn Flakes, Special K oder eben unsere Pringles. Neben dem Geschmack haben wir dabei auch die Entwicklung der passenden Formate im Blick, damit unsere Konsumenten unsere Produkte in der gewünschten Art und Weise einkaufen und genießen können.

Haben die Rohstoffengpässe Einfluss auf die Qualität Ihrer Produkte?
Bei manchen unserer Zutaten setzen wir auf Lieferungen aus der Ukraine – das gilt für Sonnenblumenöl oder Weizenstärke. Ein unmittelbares Versorgungsrisiko für unser gesamtes Produktportfolio sehen wir derzeit allerdings nicht, auch weil wir umfassende Beschaffungspläne entwickelt haben und gemeinsam mit unseren Zulieferern daran arbeiten, mögliche verbleibende Risiken zu minimieren.

Müssen womöglich Rezepturen verändert werden?
Im Fall von Pringles greifen wir ab Juli dieses Jahres auf eine Mischung aus verschiedenen Ölen zurück. Die Zutatenliste passen wir entsprechend der jeweiligen europäischen Vorgaben und nationalen Regeln an. Unser Ziel ist es bei alldem, unseren Konsumenten ihre Lieblingsprodukte in der gewohnten, hohen Qualität und mit dem gewohnten Geschmack bieten zu können.

Auch Verpackungsmaterial wird immer teurer. Was haben Sie in diesem Bereich geplant?
Wir arbeiten fortwährend daran, unsere Verpackungen nachhaltiger zu gestalten. Dazu gehört, höhere Recycling-Quoten zu erzielen und auch Kunststoffe einzusparen, wo immer uns das möglich ist. Unser Ziel ist es, dass bis 2025 alle Verpackungen zu 100 Prozent recycel- oder kompostierbar sind. Und das ist nicht alles: Kellogg Europa hat eine Cerealien-Verpackung entwickelt, die weniger Luft enthält, platzsparend ist und damit einen geringeren CO2-Fußabdruck besitzt. Bis Ende 2022 sollen in Europa insgesamt über 1.000 Tonnen Verpackungen eingespart werden.

Ab 2022 versieht Kellogg Europe alle Produktverpackungen mit NaviLens-Codes. Worum handelt es sich dabei?
NaviLens-Codes erleichtern blinden und sehbehinderten Menschen den Einkauf und machen ihnen Produkte zugänglicher. Mithilfe der NaviLens-App auf dem Smart-phone lassen sich die NaviLens-Codes auf den Verpackungen bereits aus großer Entfernung scannen. Die App navigiert sehbehinderte und blinde Menschen daraufhin sicher zu ihrem Lieblingsprodukt. Zusätzlich werden sie über das Scannen des Codes mit wichtigen Informationen versorgt, zum Beispiel mit Angaben zu Allergenen. Kellogg ist das erste Unternehmen, das diese Technologie für Produktverpackungen nutzt.

Gesundheit steht beim Verbraucher hoch im Kurs – was bedeutet das für Ihre Markenstrategie?
Wir bieten Produkte für vielerlei Konsumentenbedürfnisse an. Daher finden sich in unserem Angebot auch Produkte wie Kellogg’s Special K und Special K Crunchy Oat Granola, die ab Sommer unser Portfolio erweitern. Mit diesen Produkten adressieren wir vor allem gesundheitsbewusste Konsumenten.

In diesem Zusammenhang: Was planen Sie bei Ihren Produkten hinsichtlich der Reduzierung von Zucker, Fetten und Salz?
Wir haben in den vergangenen Jahren daran gearbeitet, den Zuckergehalt unserer Produkte zu reduzieren und gleichzeitig die Menge der Ballaststoffe zu erhöhen. Bis 2024 werden alle künstlichen Aromen, Farb- und Zusatzstoffe von der Zutatenliste der Frühstückscerealien gestrichen. So haben wir den Salzgehalt unserer Special-K-Classic- Cerealien zuletzt bereits um 16 Prozent und im gesamten Special-K-Sortiment um durchschnittlich 20 Prozent gesenkt – das entspricht insgesamt 60 Tonnen Salz, die im Jahr 2022 in ganz Europa nicht mehr auf dem Speiseplan stehen.

Und wie süß werden die Produkte denn künftig sein?
Den Zuckergehalt haben wir schon in den vergangenen Jahrzehnten stufenweise um 40 Prozent reduziert, und zwar so behutsam, dass der Konsument es schwerlich merkt und sich daran gewöhnen kann. Allein 2015 haben wir in Europa die Menge des Zuckers in Special K um 30 Prozent reduziert. In unseren Honey Bsss Pops, Honey Bsss Loops und Choco Krispies Chocos haben wir den Zuckergehalt europaweit 2011 um 15 Prozent gesenkt. 2017 und 2018 ging der Zuckergehalt der Choco Krispies Chocos zunächst um 14 Prozent und später um weitere 43 Prozent nach unten.

Wie weit soll diese Zuckerreduktion noch gehen?
Eine endgültige Zielvorgabe haben wir uns nicht gesetzt, da Rezepturveränderungen auch immer wieder neue Ansatzpunkte zur Zuckerreduktion mit sich bringen. Wir wissen, dass sich unsere Kunden vor allem Produkte wünschen, die lecker sind und ihnen gleichzeitig dabei helfen, sich gesund und ausgewogen zu ernähren. Auch Produkte mit klaren Produkt-Benefits sind ihnen wichtig, wozu beispielsweise weniger Zucker oder der komplette Verzicht auf zugesetzten Zucker zählen.

Warum verwenden Sie den Nutri-Score nicht?
Zwar haben einige Länder inzwischen einen Nutri-Score eingeführt, doch es handelt sich dabei stets um nationale Lösungen. Bei einem internationalen Unternehmen wie Kellogg werden Produkte oftmals in unterschiedlichen Ländern und mehrsprachigen Verpackungen in den Handel gebracht. Die Umsetzung einer nationalen Nutri-Score-Regelung gestaltet sich für uns somit schwierig. Von daher wünschen wir uns ein EU-weites Kennzeichnungssystem, das die Nährwertangaben eines Produktes für alle Verbraucher in der EU auf leichte und verständliche Weise wiedergibt.

Was sind Ihre neuen Top-Produkte, und welche Innovationen hat Kellogg dieses Jahr zu verkünden?
In diesem Jahr haben wir verschiedene neue Produkte eingeführt. Bei den Kellogg’s Crunchy Nut Bites handelt es sich um knusprige Kissen mit einer cremigen Füllung und Honig-Nuss-Geschmack. Die Special K Crunchy Oat Granola sind eine knusprige Frühstücksvariante, reich an Hafer, gepufften Körnern und Ballaststoffen – gut für eine gesunde Verdauung. Zudem enthalten sie durchschnittlich 30 Prozent weniger Zucker im Vergleich zu anderen ballaststoffreichen Granolas mit Fruchtanteil.

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