Baumärkte unter Zugzwang So sehr mischen Discounter und Supermärkte im DIY-Geschäft mit

Hintergrund

Baumärkte stehen im harten Wettbewerb: Umsatzrückgänge, Online- und Lebensmittelhandel machen Druck. Besonders die Lidl-Eigenmarke Parkside greift Kunden ab.

Mittwoch, 26. März 2025, 06:40 Uhr
Rolf Schlipköter
Emotionalisiert: Schwarzenegger lädt die Eigenmarke Parkside kraftvoll auf. Bildquelle: Parkside

Beim Kongress des Handelsverbandes Heimwerken, Bauen, Garten legten rund 500 Top-Entscheider der Branche aus Deutschland, Österreich und der Schweiz die Finger in ihre Wunden. Die Themen Marktentwicklung, Zukunftsperspektiven und die wachsende Konkurrenz auch durch den Lebensmittelhandel beschäftigen die Manager.

Die 20 größten deutschen Baumarktbe­trei­ber setzten 2023 zusammen 25,5 Milliarden Euro um. Das entspricht einem Rückgang von 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch die Zahl der Standorte sank leicht auf 3.378. Der Onlinehandel bleibt mit rund 1,2 Milliarden Euro Umsatz in den klassischen Baumarkt-Sortimenten eine Randerscheinung. Die Prognosen für 2025 lassen kaum Hoffnung auf Besserung zu. Die anhaltende Baukrise, restriktive Regulierung und eine schwache Konsumlaune belasten die Branche weiter. Hinzu kommt eine immer höhere Preissensibilität der Verbraucher, die sich verstärkt nach günstigeren Alternativen umsehen.

Lebensmittelhandel gewinnt Marktanteile

Besonders brisant für die Baumärkte: Der Lebensmitteleinzelhandel mischt zunehmend im DIY-Geschäft mit und gewinnt Marktanteile. Mit 2,9 Milliarden Euro Umsatz im Heimwerker- und Gartenbereich wuchs der Lebensmittelhandel in den vergangenen fünf Jahren um 13 Prozent, während Baumärkte in diesen Kategorien nur um 9 Prozent zulegten. Besonders Discounter wie Lidl, Aldi und Norma setzen mit Eigenmarken wie Lidls Parkside bei Elektrowerkzeugen oder saisonalen Gartenaktionen gezielte Nadelstiche. Selbst Supermarktketten wie Rewe und Edeka nehmen vermehrt Do-it-yourself-Produkte – auch DIY-Produkte genannt – ins Sortiment auf. Allerdings: Auch im Nonfood-Segment verschiebt sich der Wettbewerb. Neben Werkzeugen und Gartengeräten erobern Lebensmittelhändler zunehmend Umsatzanteile bei Leuchten, Lampen und Leuchtmitteln.

Indoor-Gartenprodukte wie Schnittblumen profitieren von der höheren Besuchsfrequenz im Lebensmitteleinzelhandel und setzen die Baumärkte deutlich unter Druck. Eine starke Kategorie, in der sich Bau- und Gartenmärkte klar behaupten können, bleibt das Grillseg­ment. Hier punkten sie mit Fläche, Fachberatung und exklusiven Markenangeboten. Gerade hochpreisige Gas- und Pelletgrills sowie smarte Grillzubehör-Technologien treiben den Umsatz.

Baumärkte punkten mit Haushaltswaren

Doch auch Baumärkte haben Wachstumsfelder. In den sogenannten Erweiterungssor­ti­menten wie Haushaltswaren, Elektroklein­gerä­te, Freizeit-, Spielwaren-, Bastel- und Campingan­ge­bote erzielten sie zuletzt 3,4 Milliarden Euro Jahresumsatz. Hier ist die Dynamik sogar höher als im Lebensmittelhandel. Dennoch: Neue Konkurrenten wie Action, Woolworth und die chinesische Plattform Temu erzeugen starken Wettbewerbsdruck. Auch Temu verändert das Konsumverhalten von Kunden, die früher verstärkt in Baumärkten einkauften. Sie bestellen zunehmend preiswertes DIY-Zubehör direkt aus China.

Problematisch bleibt der Onlinehandel für Baumärkte. Mit erwarteten 1,2 Milliarden Euro Umsatz für 2024 liegt der DIY-E-Commerce weit unter Plan. Herstellermarken weichen verstärkt auf Plattformen wie Amazon oder spezialisierte Shops aus. Auch Kaufland und Lidl mischen digital mit und gewinnen Kunden für sich. Die Baumärkte haben es bisher versäumt, in diesem Bereich eine tragfähige Strategie zu entwickeln. Ihr Onlineangebot ist oft unübersichtlich und die Preise wenig konkurrenzfähig. Zudem fehlt es an nahtlosen Cross-Channel-Services, die den Kunden zwischen Online- und Offline-Kauf flexibel wechseln lassen.

Hinzu kommt, dass Verbraucher durch inflationäre Tendenzen preissensibler geworden sind. Viele vergleichen intensiver, suchen gezielt nach Rabatten und nutzen Cashback- oder Bonusprogramme. Hier hat der Lebensmitteleinzelhandel die Nase vorn: Kundenkarten wie Payback binden Verbraucher stärker an Supermärkte, als Baumärkte es derzeit schaffen.

Die Bau- und Gartenmärkte stehen an einem Wendepunkt. Um ihre Position zu sichern, müssen sie ihre E-Commerce-Strategie deutlich verbessern, Sortimente gezielter steuern und neue Konzepte gegen die Expansion des Lebensmitteleinzelhandels entwickeln. Wer diese Herausforderungen nicht ernst nimmt, bleibt im harten Wettbewerb des Einzelhandels sonst auf der Strecke.

3 Fragen an

Klaus Peter Teipel, Strategieberater in der Bau- und Gartenmarkt-Branche, 
Research & Consulting

Welche Wachstumspotenziale und Trendthemen machen Sie für Bau- und Gartenmärkte aus?
Klaus Peter Teipel: Ganz klar in den Bereichen Outdoor und Living. Hier haben die Märkte aufgrund ihrer Flächenvorteile erstklassige Chancen zur Profilierung und für Sortimentsin­sze­nierungen. Außerdem geht noch sehr viel bei Freizeitangeboten rund um Camping, und im wenig preissensiblen Ergänzungssortiment Heimtier liegt noch reichlich Ertragspotenzial.

Gibt es Zielgruppen, die stärker fokussiert werden sollten?
Künftig werden Angebote für kaufkräf­tige Endkunden-Zielgruppen immer zentraler. Nicht nur im Sortiment, sondern auch bei der Verlängerung hin zum Einbau der Warenangebote – etwa in den Bereichen Küche oder Garten. Die Vermittlung von Handwerkerdienstleistungen als qualifiziertem Service der Märkte, der auch auf die Kundenbindung einzahlt, bietet der Branche langfristig echte Perspektiven.

Die Erfolge der Lidl-Eigenmarke Parkside bereiten der DIY-Branche wenig Freude. Wie sehen Sie das?
Der DIY-Handel sollte seine Eigen­mar­kenangebote bei Preiseinstiegsthemen weiter schärfen und qualitativ verbessern. Noch wichtiger erscheint mir aber die Angebotsprofilierung über hochwer­tige Qualitätswerkzeuge der großen und bekannten Marken, die insbe­son­dere bei kaufkräftigen Endverbraucher-Zielgrup­pen aufgrund ihrer Produktleistungen, Haltbarkeit und Innovationen sehr begehrt und stark nachgefragt sind.